Weitere Lernformen

Neben den bisher erwähnten Lernformen gibt es noch zahlreiche weitere. Sie überschneiden sich oft in manchen Punkten. Auch sind sie eher Ansätze als fundierte Theorien. Und das "Lernfeld in der Berufsbildung" ist als fächerübergreifender Ansatz keine Lernform, es wurde jedoch als interessantes Konzept noch angehängt.

Weitere Lernformen

Offenes Lernen

"Offenes" Lernen klingt angenehm in den meisten pädagogischen Ohren. Als Konzept oder gar Theorie ist es jedoch nach wie vor nur mangelhaft entwickelt. Auch wird in verschiedenen Lernfeldern nicht immer das Gleiche darunter verstanden. In der Weiterbildung hat offenes Lernen vorwiegend mit dem Zugang zu Bildungsmöglichkeiten zu tun, mit einer gewissen Wahlfreiheit des Orts und der Zeit des Lernens sowie mit einem Paket von Unterlagen. In der Schule bedeutet offenes Lernen vorwiegend ein gegenüber dem traditionellen Unterricht freieres didaktisches Setting. Aus diesem Grund unterscheidet sich beispielsweise das ‚open learning’ in der englischen Weiterbildung in manchen Punkten vom offenen Lernen in einer österreichischen Schule.

Der Begriff der ‚Offenheit’ erhält eigentlich erst dann einen Sinn, wenn dazu gesagt wird, in Bezug worauf etwas offen ist. Ein Kurs in einer Bildungseinrichtung kann offen sein für alle oder nur für eine eingegrenzte Gruppe. Der Kurs hat beispielsweise Individualphasen, die selbständig organisiert werden. Für die Erlangung eines Zertifikats kann man sich eine von drei Prüfungsformen aussuchen. Oder in einer Schule kann eine festgelegte Zahl von Lernstationen und ihre Abfolge frei gewählt werden. Für das Ausmaß, in dem diese Kriterien offen sind, gibt es keine verbindliche Regelung.

 

Fernlernen

Präsenzunterricht hat den Nachteil, dass man zu bestimmten Zeiten jeweils an einem bestimmten Ort sein muss. Diese Bedingungen fallen beim Fernunterricht weg. Ein Kurs kann meist zu einem beliebigen Termin gestartet werden. Man erhält Lernunterlagen zugesandt und lernt an selbst festgelegten Zeiten zu Hause oder im Kaffeehaus. Nur in größeren Abständen fährt man zu Gruppentreffen oder Prüfungen in die Zentrale des Fernlern-Instituts. Manchmal ist auch dies nicht mehr erforderlich, da Prüfungen zunehmend über eingesandte Aufgaben bzw. online abgewickelt werden.
Beim Lernen ist man nicht allein gelassen. Es gibt eine Kursbetreuung (TutorIn, MentorIn), es gibt fallweise regionale Lerngruppen und es gibt eine Lernplattform im Internet, über die Informationen und Inhalte ausgetauscht werden können. Gegenwärtig werden multimediale Lektionen entwickelt und neue Formen mobilen Lernens (z.B. mp3-Hörbücher oder Podcasts) erprobt. Fernlernen geht zunehmend in eLearning über.

In vielen österreichischen Fernlehr-Instituten sieht die Realität jedoch noch etwas anders aus: Der Großteil des Fernstudiums wird nach wie vor über schriftliche Unterlagen, Lernbriefe und Einsendeaufgaben abgewickelt. Der Einzug der neuen Medien geht nur langsam vor sich, auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Förderung und Anerkennung ‚auf Distanz' gelernten Wissens ist noch ausbaufähig.

 

Erfahrungslernen

Die Konzeption des Erfahrungslernens lässt sich auf drei Wurzeln zurückführen. In der Progressiven Tradition (Dewey, Knowles) steht die Verantwortung des Individuums gegenüber der Gesellschaft im Zentrum. Bildung und Erziehung sind ein Instrument der Problemlösung und der sozialen/politischen Reform. In der Humanistischen Tradition (Rogers, Maslow) fungiert das Individuum als Zentrum von Entdeckungen und der Selbstverwirklichung, auf dem Weg zur persönlichen Integration und psychologischen Entwicklung. Die Radikale Tradition (Illich, Freire) zielt auf individuelle und gesellschaftliche Befreiung durch kritische Analyse der kulturellen Bedingungen.

Erfahrungslernen charakterisiert eine Übergangsform zwischen formalem, informellem und beiläufigem Lernen. Es ist für die schulische Aus- und Weiterbildung, für die Erwachsenenbildung (z.B. der biographische Ansatz) und für das Lernen am Arbeitsplatz von zentraler Bedeutung.

 

Kompetenzorientiertes Lernen

Die Orientierung an Kompetenzen war in der Vergangenheit vorwiegend ein Thema des Lernens am Arbeitsplatz und der betrieblichen Weiterbildung. Allmählich zieht - als neues Schlagwort gegenüber der früheren Orientierung an Lernzielen - das kompetenzorientierte Lernen auch in den Schulbereich ein. Für das Problem, wie man sich zielgerichtet komplexere Kompetenzen aneignet, gibt es jedoch bislang keine einfachen Lösungen.

Didaktisch gesehen erfordert kompetenzbasiertes Lernen ein verändertes Rollenverständnis von Lehrenden und Lernenden, indem den Lernenden mehr Eigenverantwortlichkeit übertragen wird und die Lehrenden eine unterstützende Funktion einnehmen. Um den Kompetenzaufbau zu fördern, werden praktische Probleme in realen Handlungskontexten mit unterschiedlichen Methoden bearbeitet und Projekte durchgeführt.

 

Problemorientiertes/Problembasiertes Lernen

Problemorientiertes Lernen ist keine Lernmethode im engeren Sinn, sondern ein allgemeiner Ansatz, der betreutes, selbstgesteuertes Lernen an möglichst realitätsnahe Probleme koppelt. Diese können auf wenige Minuten hin geplant sein oder einen ganzen Lehrgang ausmachen, und sie können sowohl individuell als auch in der Gruppe gelöst werden. Im Hintergrund steht die Absicht, die Problemlösungskompetenz, kritisches Denken und selbständiges Arbeiten zu fördern und damit ein Rüstzeug für lebenslanges Lernen zu liefern.

 

Erforschendes/Entdeckendes Lernen

Erforschendes/Entdeckendes Lernen (inquiry based learning) ist in jedem Alter möglich. In der Didaktik wurde dieser Ansatz, der manchmal exploratives Lernen genannt wird, durch Jerome Bruner bekannt. Im Zentrum steht die Aktivität der Lernenden, nicht die Vermittlung der Lehrperson.

Beim entdeckenden Lernen ist die Aufzeichnung des Wegs zur Lösung der Aufgabe wichtiger als die Lösung selbst. Dies geschieht mit Hilfe eines Protokolls oder Tagebuchs ("Denkreisetagebuch"), in das die Lernenden ihre Ideen, Beobachtungen und Fragestellungen eintragen. Auf diese Weise nähern sich die Lernenden an die wissenschaftliche Methode an, weshalb sich das entdeckende Lernen besonders für den naturwissenschaftlichen Unterricht eignet.

 

Situatives/Situiertes Lernen

Nach konstruktivistischer Auffassung entspricht Lernen einem aktiven Konstruktionsprozess der Lernenden. Dabei spielt die Situation, in der die Lernprozesse stattfinden, eine wesentliche Rolle. Die Lernsituation ist beschrieben durch die materielle Lernumgebung und die soziale Umwelt, einschließlich der für das Lernen relevanten Personen.

Lernumgebungen für situiertes Lernen weisen insbesondere folgende Merkmale auf:

  • Sie bauen auf komplexen, motivierenden Ausgangsproblemen auf.
  • Authentische und realistische Probleme erleichtern die spätere Anwendung.
  • Um das Wissen in verschiedene Kontexte übertragen zu können, werden multiple Perspektiven integriert.

 

Kooperatives/Kollaboratives Lernen

Moderne Lernsettings basieren nicht (nur) auf der Vermittlung des Wissens von einer Lehrperson zu Lernenden, sondern nützen das Wissen aller beteiligten Personen. Dies erfordert ein geeignetes Wissensmanagement. Mehrere Lernende arbeiten gemeinsam an einer Aufgabe, die Lehrperson nimmt eine beratende Funktion ein. Das Ziel liegt in der aktiveren Beschäftigung mit dem Inhalt, einer gleichmäßigeren Verteilung der Aktivitäten sowie einer kritischeren Auseinandersetzung mit dem Inhalt auf Grund der verschiedenen Sichtweisen.

Ein anderes Szenario für kooperatives Lernen ist eine geographisch verstreute Gruppe, die aber gemeinsam an einem Fernkurs übers Internet teilnimmt. Wieder eine andere Option stellt eine ‚Lerngemeinschaft' (Community of Practice) dar, die beispielsweise mit Hilfe des Internets an einem kommunalen Projekt arbeitet.

 

Interkulturelles Lernen

Die private und berufliche Mobilität ist im Laufe der letzten Jahrzehnte rasant gestiegen. Dies führt dazu, dass Menschen zunehmend mit fremden Kulturen in Berührung kommen, sei es durch internationale berufliche Arbeit oder durch neue Nachbarn aus anderen Ländern. Der Bildungssektor reagiert darauf mit Kursen, Veranstaltungen und Beratungsangeboten. Und im Schulbereich gibt es seit Anfang der 1990er Jahre das Unterrichtsprinzip "Interkulturelles Lernen".

 

Lernfeld der Berufsausbildung

Ein "Lernfeld" ist ein fächerübergreifender Ansatz für ein neues Curriculum in berufsbildenden Schulen in Deutschland. Die Konzeption der Lernfelder steht in der Tradition der berufspädagogischen Reformbewegung, die durch die Stichworte "Kompetenzorientierung", "situiertes Lernen" und "komplexe Lehr-Lern-Arrangements" angedeutet ist. Die wesentlichste Änderung gegenüber einem fachsystematischen Ansatz für Curricula besteht darin, dass thematische Einheiten konzipiert werden, die sich an beruflichen Aufgabenstellungen und Handlungsabläufen orientieren.