Barrierefreiheit in der Bildungseinrichtung

Beatrix Eder-Gregor, Eva-Maria Speta (2018)

Die Umsetzung der Barrierefreiheit innerhalb einer Bildungseinrichtung umfasst verschiedene (bauliche und/oder organisatorische) Maßnahmen. Es ist nicht möglich, an dieser Stelle alle erforderlichen Maßnahmen im Detail darzustellen, da das den Rahmen bei weitem übersteigen würde. Die Tipps müssen daher als "must haves" verstanden werden, es handelt sich um jene Maßnahmen, die priorisiert umgesetzt werden sollten.


Eine speziell dafür entwickelte Checkliste ermöglicht eine überblicksartige Überprüfung, ob bzw. inwieweit die erforderlichen Maßnahmen in einer Bildungseinrichtung bereits umgesetzt sind. Neben der Abfrage von baulichen Gegebenheiten, können mit dieser Checkliste auch Angebote einer ersten Überprüfung unterzogen werden. Die Maßangaben, die in der Checkliste abgefragt werden, sollten wirklich abgemessen werden, um verlässliche Aussagen machen zu können. Da wo keine Maßangaben zu finden sind, sollten die Vorgaben der ÖNORM B1600ff. so weit als möglich beachtet werden. Diese wurden in Zusammenarbeit mit behinderten Menschen erstellt und sind daher so gut wie möglich an deren Bedarfen ausgerichtet. Leider können sie hier nicht direkt verlinkt werden, da sie kostenpflichtig zu bestellen sind.


Je nachdem, was die Überprüfung mit der Checkliste ergeben hat, sollte die ehrliche Beschreibung der Gegebenheiten vor Ort im Kursprogramm und auf der Webseite zu finden sein (siehe Barrierefreie Öffentlichkeitsarbeit: Präsentation nach außen). Damit wird deutlich, dass das Thema in der Bildungseinrichtung angekommen ist und mitgedacht wird, Menschen mit Behinderungen fühlen sich so wahr- und ernstgenommen.


Die Auseinandersetzung mit der Barrierefreiheit in der eigenen Bildungseinrichtung sollte daher mit der Erhebung des Ist-Zustandes beginnen. Dazu ist es notwendig, die Bedarfe der verschiedenen Behinderungsformen zu kennen.

 

Maßnahmen für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen

Für hörbeeinträchtigte Menschen stellt die induktive Höranlage das Hilfsmittel für eine barrierefreie Kommunikation dar. Sie erleichtert TrägerInnen von Hörgeräten oder Cochlea-Implantaten das Verstehen enorm, besonders bei größeren Gruppen. Vereinfacht erklärt, übertragen solche Anlagen alles, was in ein Mikrofon gesprochen wird, direkt in die Hörgeräte der NutzerInnen. Störende Nebengeräusche werden dadurch ausgeblendet. Solche Anlagen können fix in einen Veranstaltungsraum eingebaut werden, sie können aber auch für einzelne Veranstaltungen ausgeliehen werden. Da die fix installierten Anlagen besser funktionieren, da sie ideal an die Umgebungssituation angepasst und eingestellt werden, ist es empfehlenswert, zumindest einen Raum mit einer solchen fixen Anlage auszustatten. Auch Anmeldebereiche und dgl. sollte mit kleineren Varianten dieser Anlage ausgestattet werden.


Zusätzlich kann für hörbeeinträchtigte Menschen der Einsatz von SchriftdolmetscherInnen hilfreich sein. Diese tippen alles, was im Rahmen der Veranstaltung gesprochen wird, simultan mit. Der Text wird an die Wand projeziert. Der ausschließliche Einsatz von Schriftdolmetschung stellt häufig keine ausreichende Unterstützung dar, weil man nicht so schnell mitlesen kann, wie gesprochen wird. Bei dieser Variante gehen daher zumeist trotzdem Informationen verloren. Der kombinierte Einsatz von induktiver Höranlage und Schriftdolmetsch hat sich als sehr nützlich erwiesen. Kontaktadressen zu Anbietern finden Sie unter Informationsmaterial, Quellen und Kontakte.


Abseits von technischen Hilfsmitteln kann die Raumakustik auch durch eingezogene Akustikdecken, Zimmerpflanzen und/oder Teppiche verbessert werden. Für hörbeeinträchtigte Menschen ist darüber hinaus eine gute - aber nicht blendende - Ausleuchtung des Raumes wesentlich, da sie so bestmöglich von den Lippen des/der Vortragenden ablesen können.

Maßnahmen für gehörlose Menschen

Gehörlose Menschen brauchen fast immer GebärdensprachdolmetscherInnen. Wenn sie mit der Gebärdensprache groß geworden sind, ist das ihre Muttersprache, die österreichische Lautsprache ist dann ihre erste Fremdsprache. Wie alle Menschen, tun sich auch gehörlose Menschen sehr viel leichter, Inhalte in ihrer Muttersprache verstehen. Die Kosten für GebärdensprachdolmetscherInnen fallen oft recht hoch aus, weil diese anstrengende Tätigkeit bereits ab etwa einer Stunde von zwei Personen abwechselnd ausgeführt werden muss, wenn ein hohes Niveau beibehalten werden soll. Informationen zu Anbietern sowie zu Stellen, die GebärdensprachdolmetscherInnen vermitteln, finden Sie unter Informationsmaterial, Quellen und Kontakte.

Maßnahmen für Menschen mit Sehbehinderung und blinde Menschen

Da sich die Bedarfe von sehbeeinträchtigten und blinden Menschen zum Teil überschneiden, werden sie hier gesammelt dargestellt. Es wird darauf geachtet, zu erläutern, welche Maßnahmen für welche Zielgruppe gedacht ist.


Damit sich Menschen mit Sehbehinderungen möglichst gut in der Bildungseinrichtung zurechtfinden, ist es wichtig, alle potenziellen Hindernisse zu entfernen bzw. entsprechend zu markieren. So sollten beispielsweise auf Glastüren kontrastreiche Markierungen angebracht werden, damit diese von sehbeeinträchtigten Menschen entsprechend wahrgenommen werden können. Stiegen können für sehbeeinträchtigte Menschen Gefahrensituationen darstellen. Daher ist dort eine kontrastreiche Markierung der Stufenkanten wesentlich. Kontrastreiche Bodenmarkierungen erleichtern die Orientierung. Für blinde Menschen sollten tastbare Bodenmarkierungen angebracht werden, die sie vom Eingang bis zur ersten Ansprechperson leiten, die weiterhelfen kann.


Gibt es einen Aufzug, sollten dort die Stockwerke sowohl in tastbarer Brailleschrift als auch in tastbarer Schwarzschrift (=Normalschrift) markiert sein, so dass auch sehbeeinträchtigte und blinde Menschen sich gut zurechtfinden. Für beide Zielgruppen ist eine akustische Ansage der Stockwerke von Bedeutung.

Maßnahmen für Menschen mit Lernschwierigkeiten/kognitiver Behinderung

Ein wichtiger Aspekt der Barrierefreiheit ist die Orientierung vor Ort. Für alle Menschen, aber im Besonderen für Menschen mit Lernschwierigkeiten, sind gut lesbare und kontrastreiche Orientierungstafeln, die eine möglichst einfache Orientierung an einem neuen und unbekannten Ort ermöglichen, besonders wesentlich.


Darüber hinaus kann es für Menschen mit Lernschwierigkeiten hilfreich sein, wenn sie für den Kursbesuch Unterstützung durch eine Lernassistenz bekommen. Die Möglichkeiten, LernassistentInnen einzusetzen, sollten bereits im Vorfeld einer Veranstaltung oder eines Kurses abgeklärt werden.

Maßnahmen für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen

Menschen mit Mobilitätseinschränkungen sind in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkt und benötigen zum Ausgleich Hilfsmittel, wie Gehstöcke, Rollatoren oder auch Rollstühle. Für sie ist daher die Umsetzung baulicher Barrierefreiheit besonders wesentlich. Schon eine kleine Stufe kann ein großes Hindernis darstellen. Zur Herstellung der baulichen Barrierefreiheit muss möglicherweise Beratung in Anspruch genommen werden. Die Praxis zeigt, dass immer noch sehr häufig falsche bauliche Maßnahmen gesetzt werden und/oder die getroffenen Maßnahmen nicht korrekt umgesetzt werden. Wenn das passiert, ist es schade um die getätigte Investition und es stellt für alle Beteiligten eine unangenehme Enttäuschung dar.


Es empfiehlt sich daher - so weit möglich - zusätzlich zu einer Beratung selbst die ÖNORMEN B1600ff. zu beziehen und zu studieren. Diese wurden in Zusammenarbeit mit behinderten Menschen erstellt und sind daher so gut als möglich an deren Bedarfen ausgerichtet. Leider können sie hier nicht direkt verlinkt werden, da sie kostenpflichtig zu bestellen sind. AnprechpartnerInnen zur Umsetzung baulicher Barrierefreiheit finden Sie unter Informationsmaterial, Quellen und Kontakte.


Folgende Maßnahmen sind für mobilitätseingeschränkte Personen besonders wichtig:

  • Sofern es einen Parkplatz gibt, sollte es auch eine ausreichende Zahl barrierefreier Stellplätze geben.
  • Der Zugang vom Haupteingang bis zum Kursraum und weiter zur barrierefreien Toilette sollte möglichst schwellenlos sein. Es kommt immer wieder vor, dass zwar der Zugang zu einem Gebäude und vielleicht sogar zum Kursraum entspricht, es dann aber keine barrierefreie Toilette gibt bzw. diese nicht erreichbar ist. Eine gleichberechtigte Teilhabe an der allgemeinen Erwachsenenbildung ist für mobilitätseingeschränkte Personen nur dann möglich, wenn alle notwendigen Bereiche selbstständig erreicht und genutzt werden können.
  • Türbreiten und Gänge sollten einen entsprechende Breite aufweisen (siehe Checkliste).
  • Eine barrierefreie Toilette gemäß ÖNORM B1600.
  • Wenn es keinen Aufzug gibt, dann sollten organisatorische Maßnahmen getroffen werden, so dass es nicht notwendig ist, das Stockwerk zu wechseln. Sollte es einen Aufzug geben, muss überprüft werden, ob dieser ausreichend groß ist (siehe Checkliste). Bei Treppenliften ist Vorsicht geboten. Diese sind nicht das erste Mittel der Wahl, da sie verhältnismäßig teuer in der Herstellung und aufwändig in der Nutzung sind. Falls die Überwindung einer Zugangsbarriere nicht anders erreicht werden kann, sollte in diesem Fall im Besonderen eine umfassende Beratung in Anspruch genommen werden.
  • Eine einfache Maßnahme sind Garderoben in einer Höhe, die auch für kleine Menschen und Menschen im Rollstuhl selbstständig zu erreichen sind.
  • Zumindest ein Seminarraum in entsprechender Lage sollte mit Tischen ausgestattet werden, die unterfahrbar sind. Das erfordert eine bestimmte Höhe und Tiefe.