Kompetenzen von BibliothekarInnen

CC BY Lucia Paar und Wilfried Frei (geb. Hackl) - Redaktion/CONEDU, 2019/2020

Der Beruf des bzw. der BibliothekarIn erfordert heute eine Vielzahl an Kompetenzen.

BibliothekarInnen haben Leitungs-, Management-, Beratungs- und Administrationsaufgaben. Sie benötigen Fachwissen zur Literatur, aber auch zum Bibliothekswesen insgesamt. Sie konzipieren Veranstaltungen, führen diese durch und evaluieren sie auch. Ein wesentlicher Aspekt im Beruf und im beruflichen Selbstverständnis ist die Tatsache, dass die meisten MitarbeiterInnen von öffentlichen Bibliotheken als Ehrenamtliche tätig sind. 2018 arbeiteten zum Beispiel rund 86% der MitarbeiterInnen ehrenamtlich. Dies spiegelt sich auch in Ausbildungen und Kompetenzbeschreibungen des Büchereiverbandes Österreichs - Dachverband der öffentlichen Büchereien Österreichs - wider. So gibt es nicht nur Aus- und Weiterbildungen für hauptberufliche BibliothekarInnen, sondern auch eigens Aus- und Weiterbildungen für ehrenamtliche und nebenberufliche BibliothekarInnen inklusive eines eigenen Curriculums. Das Curriculum beschreibt außerdem explizit als Kompetenz, dass ehrenamtliche BibliothekarInnen ihre eigene ehrenamtliche Tätigkeit in der Bibliothek als relevante gesellschaftspolitische Aufgabe begreifen und die laufende Professionalisierung vorantreiben.

Die Weiterbildungsakademie Österreich (wba) anerkennt Kompetenzen von ErwachsenenbildnerInnen nach definierten Standards. Sie vergibt Abschlüsse im Bereich der Erwachsenenbildung auf zwei Stufen: das wba-Zertifikat und das wba-Diplom. Der Diplomabschluss bietet eine Spezialisierung in Richtung Training/Lehre, Bildungsmanagement, Bildungsberatung oder Bibliothekswesen. In diesem Rahmen hat die wba ein Qualifikationsprofil erstellt, in dem sie Kompetenzen von wba-diplomierten BibliothekarInnen definiert, das sich zusammenfassend wie folgt darstellt:

Kompetenz im Bibliothekswesen

Bibliotheksorganisation und Management

BibliothekarInnen kennen die zentralen Arbeitsabläufe in einer Bibliothek und können je nach Größe der Bibliothek und nach Arbeitsgebiet diese Tätigkeiten selbstständig ausüben. Sie können Budgets verwalten, Drittmittel lukrieren und eine Bibliothek leiten. Sie können Statistiken aus dem Bibliotheksverwaltungsprogramm erstellen, interpretieren, aufbereiten und für die strategische Planung nutzen. Sie können die eigene Bibliothek analysieren und Verbesserungsvorschläge entwickeln.

Digitale Bibliothek

BibliothekarInnen können die IT-Infrastruktur in der Bibliothek nutzen und Lizenzen für die Digitale Bibliothek erwerben sowie statistische Auswertungen durchführen. Sie können Chancen und Risiken von Technologien für das Bibliothekswesen benennen und bewerten, und NutzerInnen dazu beraten. Sie können eigenständig Inhalte für den Onlineauftritt der Bibliothek erstellen und Informationen nach individuellen oder gruppenspezifischen Bedürfnissen aufbereiten und mit vielfältigen Methoden vermitteln.

Literatur und Medien

BibltiohekarInnen können ein Bestands-und Angebotskonzept eigenverantwortlich planen, umsetzen und steuern und dabei die Entwicklungen des Medienmarktes sowie die Bedarfe der NutzerInnen berücksichtigen. Sie können Aufwand und Nutzen von Bestandserhaltungsmaßnahmen beurteilen und über deren Einsatz entscheiden. Sie können zu den verschiedenen Genres zielgruppenorientiert Literatur erwerben und deren Rolle innerhalb der Literaturgeschichte verorten und erklären. Sie können RDA (Resource Description and Access) für die Medienerschließung anwenden und Fremddaten in den eigenen Katalog nutzerInnenfreundlich übernehmen. Sie können anhand von Kennzahlen entscheiden, welche Medien abgeschrieben werden. Sie können Schwerpunkte der Medienpräsentation anhand aktueller Gegebenheiten setzen und basierend auf NutzerInnenfeedback und Kennzahlenauswertung anpassen. Sie können eigenständig entscheiden, welche Systematik für die eigene Bibliothek passt und diese selbstständig anwenden und vermitteln.

Zielgruppenarbeit und Benutzungsdienst

BibltiohekarInnen können bibliothekspädagogische Konzepte und Methoden nutzen und eigenständig Leseförderung betreiben. Sie können selbstständig Bibliotheks-und Katalogeinführungen für verschiedene Zielgruppen planen, bewerben, durchführen und evaluieren. Sie können NutzerInnen bei der Auswahl von Medien unterstützen. Sie können die Bedürfnisse spezifischer Zielgruppen faktenbasiert ermitteln und passende Angebote entwickeln und umsetzen. BibliothekarInnen können NutzerInnen bei Recherchen unterstützen und deren Informationskompetenz stärken. Sie können die Bibliotheksordnung eigenständig umsetzen, einen Plan für den KundInnenservice entwickeln und auf Fehlermeldungen flexibel reagieren. Sie können unter Anwendung komplexer Suchstrategien recherchieren, ihr eigenes Suchverhalten kritisch beschreiben und Recherchegespräche auch in schwierigen Situationen führen. Sie können die Qualität des Auskunftsdienstes erkennen und Lösungen zur Verbesserung ableiten.

Fachkompetenz

BibliothekarInnen haben fundierte fachliche Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen ihres Fachs (je nach Arbeitsbereich). Sie können fachliche Entwicklungen verfolgen und kritisch bewerten.

Bildungstheoretische Kompetenz

BibliothekarInnen können aktuelle Entwicklungen in Gesellschaft und Bildungspolitik analysieren und die Relevanz dieser Entwicklungen für die Erwachsenenbildung und ihre Tätigkeit beurteilen und begründen. Sie können die Wirkung dieser Entwicklungen auf ihre Tätigkeit argumentieren und einen eigenen Standpunkt dazu entwickeln und begründen.

Soziale Kompetenz

BibliothekarInnen können sich klar ausdrücken und Sprache situationsadäquat einsetzen. Sie gestalten Kommunikation und Interaktion sozial und berufsethisch verantwortungsvoll und können sich in die Lage von Anfragenden und Ratsuchenden versetzen. Sie gehen wertschätzend mit KundInnen, MitarbeiterInnen und KollegInnen um und können wertschätzendes und nachvollziehbares Feedback geben. Sie setzen ihr Wissen und Können zur Konfliktprävention und -bewältigung verantwortungsbewusst ein.

Personale Kompetenz

BibliothekarInnen können ihr berufliches Handeln analysieren und reflektieren. Sie ziehen Schlüsse aus ihrer Selbsterkenntnis und erweitern ihr Rollen-und Handlungsrepertoire. Sie engagieren sich für ihre Aufgaben und die Interessen ihrer KundInnen. Sie können mit Stress, neuen Herausforderungen produktiv umgehen, und auch Grenzen setzen. BibliothekarInnen handeln in unterschiedlichen, nichtvorhersehbaren Situationen eigenständig und flexibel. Sie können ein professionelles Selbst-und Zeitmanagement anwenden.

Wissenschaftsorientiertes Arbeiten

BibliothekarInnen können bildungsrelevante wissenschaftliche Befunde rezipieren, interpretieren und in Bezug zu ihrer Tätigkeit setzen. Sie können erwachsenenbildungs- bzw. pädagogisch relevante Texte verfassen und Quellen korrekt zitieren.

Diese Kompetenz-Beschreibung findet sich nur auf Dimplomniveau der Qualifkationsprofile der wba, also auf fortgeschrittener Stufe, nicht auf Basisniveau.

Neben diesen Kompetenzbeschreibungen gibt es im Rahmen des wba-Diploms auch noch verschiedene Wahlmodule, die aber für ein allgemeines Kompetenzprofil nicht relevant sind.

Der Büchereiverband Österreichs – der Dachverband der öffentlichen Büchereien Österreichs - führt kein eigenes Kompetenzprofil für den Beruf, beschreibt aber in den Curricula der Ausbildungslehrgänge Kompetenzen, über die BibliothekarInnen nach dem Bildungsprogramm verfügen. Einige Kompetenzen decken sich mit jenen Beschreibungen der wba (die wba akkreditiert die Ausbildungslehrgänge des Büchereiverbandes Österreichs auch). Augenscheinlich fällt im Vergleich nur auf, dass der BVÖ die Kompetenzen im Bereich Öffentlichkeitsarbeit detaillierter beschreibt als dies bei den Beschreibungen der wba der Fall ist. BibliothekarInnen, die eine Ausbildung des BVÖ absolviert haben, können demnach im Bereich Öffentlichkeitsarbeit:

  • "Alles ist Öffentlichkeitsarbeit" für sich und die Mitarbeitenden umsetzen und selbstständig einfache Medienarbeit durchführen,
  • einfache Kommunikationsstrategien im Umgang mit lokalen und regionalen Medien entwerfen,
  • einen Marketingplan entwickeln, umsetzen und evaluieren sowie Inhalte für eine Social Media-Strategie der Bibliothek entwerfen,
  • Maßnahmen entwickeln und umsetzen, die die Sichtbarkeit der Bibliothek nach innen und außen verbessern und den Nutzen der Bibliothek aufzeigen,
  • selbstständig Veranstaltungen planen, durchführen und evaluieren, auch gemeinsam mit anderen.

Quellen und weitere Informationen