Hinter dem Begriff des lebenslangen Lernens stehen die verschiedensten Konzepte, die die Interessen, Werte und Normen ihrer unterschiedlichen UrheberInnen widerspiegeln. Diese Situation - ein Begriff für eine Vielzahl an Konzepten - kann immer wieder zu Missverständnissen und Unklarheiten führen.
Begriffliche Unklarheiten bestehen seit dem Aufkommen der Ideen in den 1970er Jahren. Einer der Gründe dafür sind Übersetzungsschwierigkeiten, z.B. von Begriffen wie "education" oder "Bildung". Seit den 1990er Jahren wurde im deutschsprachigen Raum fast ausschließlich der Begriff des lebenslangen Lernens verwendet. Erst in letzter Zeit findet in Österreich auch der Begriff "lebensbegleitendes Lernen" Anwendung. Der Begriff "lebensbegleitendes Lernen" wurde zunächst entwickelt, um dem humankapitalorientierten Modell und der damit verbundenen negativen Assoziationen einer lebenslänglichen Verpflichtung ein emanzipatorischeres Modell entgegenzusetzen. Inzwischen werden die Begriffe meist synonym verwendet.
Lernen in allen Lebensphasen oder Erwachsenenbildung?
In einigen Konzepten aus den 1970er Jahren wurde von einem umfassenden Lernbegriff in allen Lebensaltern ausgegangen. Im Laufe der Jahre wurden dann zunehmend die Erwachsenenbildung und Weiterbildung in den Mittelpunkt gerückt. Erst in letzter Zeit setzte sich wieder eher ein umfassendes Verständnis von lebenslangem Lernen in allen Altersphasen durch. In einigen Aspekten steht dennoch wiederum die Erwachsenenbildung im Vordergrund. Dies zeigt sich unter anderem darin, dass der Strukturindikator "Lebenslanges Lernen" auf die 25-64-jährige Bevölkerung beschränkt ist. Hingegen sind die bildungspolitischen Strategien der EU derzeit eher auf die Ausbildung bezogen. In der Österreichischen Strategie "LLL:2020" ist Erwachsenenbildung ein Teilaspekt unter anderen.
Kohärente Strategie oder Insellösungen?
Die EU forciert seit einiger Zeit die Ausarbeitung und Umsetzung kohärenter Strategien zum lebenslangen Lernen. In Österreich sind einzelne Bildungssegmente nach wie vor sehr stark voneinander abgegrenzt, wie beispielsweise die OECD in ihrer Länderprüfung feststellt. 2011 wurde allerdings die "Strategie zum lebensbegleitenden Lernen in Österreich - LLL:2020" festgelegt, in welcher eine Zusammenführung einzelner Bereiche angestrebt wird.
Emanzipatorische Bildung oder ökonomieorientierte Anpassung?
Die Kritik an Konzepten des lebenslangen Lernens bemängelt, dass Anpassungen an ökonomische Bedingungen im Vordergrund stehen. Emanzipatorische Bildungsideen, allgemeine und politische Erwachsenenbildung werden kaum beachtet. Obwohl diesbezüglich in der EU Bestrebungen bestehen, zeigen konkrete Umsetzungen dennoch eine primäre Orientierung an Beschäftigungsfähigkeit.