Themen: Kontinuitäten und Konjunkturen

Daniela Holzer (2017)

Die Forschungsthemen in der Erwachsenenbildungsforschung weisen einerseits gewisse Kontinuitäten auf und unterliegen andererseits Konjunkturen, da zu bestimmten Zeiten manche Forschungsschwerpunkte stärker in den Vordergrund treten. Dennoch bleibt insgesamt eine Vielfalt an Forschungsthemen, wenn auch zeitweise eher am Rande, erhalten.

 

Grundthemen

Erwachsenenbildungsforschung lässt sich in gewisse Grundthemen einteilen, die das Forschungsfeld bzw. das beforschte Feld strukturieren. Diese verbleiben notwendigerweise eher allgemein und werden in vielfältige Richtungen bearbeitet.

 

Grundlinien der Erwachsenenbildungsforschung korrespondieren direkt mit Entwicklungen in der Erwachsenenbildung und mit gesellschaftlichen Entwicklungen, bleiben aber in der Grundrichtung weitgehend stabil. Mögliche Grundfragen sind: bildungsphilosophische Überlegungen, Verhältnis von Erwachsenenbildung und Gesellschaft, politische Entwicklungen, Ungleichheit, Arbeit und Beruf, Erwachsenenbildungslandschaft, Lernen und Lehren, Erwachsenenbildungspolitik, Ressourcen etc.

Schwerpunktverlagerungen

In der Erwachsenenbildungsforschung sind über die Jahrzehnte neben den Grundlinien auch bestimmte Themenkonjunkturen und Schwerpunktverlagerungen auszumachen. Die Anfänge der Erwachsenenbildungsforschung liegen beispielsweise in Erhebungen der TeilnehmerInnenstruktur. Mit der Etablierung und Verbreiterung des Forschungsfeldes traten zunehmend neue Themen und Schwerpunkte hinzu, bis das gesamte Feld der Erwachsenenbildung zumindest in Ansätzen forschend in den Blick genommen wurde.

 

Schwerpunktverlagerungen sind unterschiedlichen Ursachen geschuldet. Einfluss nehmen beispielsweise die Interessen von ForscherInnen selbst, die bestimmte Aspekte in den Mittelpunkt rücken, die insbesondere dann schwerpunktrelevant werden, wenn sie besonderes Aufsehen in der Forschungsgemeinschaft erregen. Hierzu zählen beispielsweise die ersten umfassenden bildungssoziologischen Studien von Strzelewicz, Schulenberg und anderen in den 1960er- und 1970er-Jahren (Hildesheimer, Göttinger und Oldenburger Studie). Weiteren Einfluss auf Schwerpunktverlagerungen nehmen Theorie- und Methodenentwicklungen in anderen Disziplinen, die in der Erwachsenenbildungsforschung aufgegriffen werden. Für Themenkonjunkturen relevant werden zudem Entwicklungen in der Erwachsenenbildung, wenn beispielsweise Veränderungen in der Einrichtungslandschaft unter anderem zu Fragen von Qualität und Professionalisierung führen. Ein nächster Einfluss sind gesellschaftliche Entwicklungen, die beispielsweise in den 1970er-Jahren kritisch-emanzipatorische Themen oder in jüngster Zeit Auseinandersetzungen mit der Migrationsgesellschaft hervorriefen. Und nicht zuletzt werden über Förderschwerpunkte bildungspolitisch bestimmte Segmente forciert, beispielsweise Fragen um das lebenslange Lernen oder der Arbeitsmarktqualifizierung.

Aktuelle Forschungsschwerpunkte

Aktuelle Forschungsschwerpunkte konkret zu benennen ist insofern problematisch, als dass Veränderungen zuweilen sehr rasch erfolgen können, wodurch die folgende Darstellung bereits in kürzester Zeit bereits wieder überholt sein könnte. Gesellschaftliche Entwicklungen sind dafür ebenso ausschlaggebend wie politische Steuerungen und unabsehbare Entwicklungen in der Erwachsenenbildung. Zudem schließt jede Aufzählung notwendigerweise vielzählige weitere vorhandene Forschungsthemen aus. Im Bewusstsein dieser Schwierigkeit und damit der Unabgeschlossenheit und Unzulänglichkeit sollen dennoch einige Themen benannt werden, die aktuell besonders stark im Forschungsfokus stehen.

 

In den letzten Jahren relativ stabile Themenschwerpunkte:

  • Basisbildung/Alphabetisierung
  • Beratung (Bildungsberatung, Berufsberatung etc.)
  • Kompetenzentwicklung und -feststellung (Europäischer und nationale Qualifikationsrahmen, Kompetenzorientierung, Kompetenzmessungsverfahren etc.)
  • Lernen (Lerntheorien, Didaktik, außerinstitutionelle Lernformen und -orte etc.)
  • Professionalisierung (Aus- und Weiterbildung von ErwachsenenbildnerInnen, institutionelle Öffnungen und Schließungen hinsichtlich des pädagogischen Personals etc.)
  • Qualifizierung von Arbeitskräften (Qualifizierung von Erwerbsarbeitslosen, Qualifikationsanpassungen an Arbeitsmarktveränderungen etc.)
  • Qualitätsentwicklung (Qualitätsmanagement, Zertifizierungssyteme etc.)
  • Teilnehmende (Weiterbildungsstatistiken, Interessen, Ausschluss und Zugang etc.)
  • Generationen und Alter(n) (Erwachsenenbildung nach der Erwerbsphase, Bildung im hohem Alter etc.)

 

Aktuell neuere Themenschwerpunkte:

  • Erwachsenenbildung in der Migrationsgesellschaft (als Auswirkung der verstärkten Migrationsbewegungen ab 2015)
  • Lernen/Bildung und soziale Bewegungen (v.a. im Anschluss an neue Bewegungen im Zuge der kapitalistischen Krise seit 2008)
  • PIAAC (international vergleichende Kompetenzmessung bei Erwachsenen, „PISA für Erwachsene“)

Weitere Informationen

Links

Literatur

  • Zeuner, Christine / Faulstich, Peter (2009): Erwachsenenbildung – Resultate der Forschung: Entwicklung, Situation und Perspektiven. Weinheim: Beltz.

Zitierhinweis: Dossier "Wissenschaft und Forschung in der Erwachsenenbildung", Text CC BY 4.0 Daniela Holzer, Karin Gugitscher und Christoph Straka (2017), auf www.erwachsenenbildung.at