Kritische Medienkompetenz: Vernetzung und Info-Plattformen für Erwachsenenbildner*innen
Wo finden Erwachsenenbildner*innen Informationen, Vernetzungsmöglichkeiten und Weiterbildungen zur Kritischen Medienkompetenz für ihre Bildungsarbeit? Verschiedene Bildungsanbieter und Informationsplattformen in Österreich und auf europäischer Ebene haben dazu Angebote.
Wir stellen einige Akteure ausführlich vor und präsentieren eine Liste von relevanten Informationsplattformen.
Das hohe Tempo, mit dem die Mediatisierung voranschreitet, stellt die Gesellschaft vor eine Reihe von Fragen: Wie sollen wir damit umgehen, dass politische und ökonomische Machtzentren ihren Einfluss auf moderne Kommunikationsmittel stetig ausweiten? Wie wappnen wir uns als Gesellschaft vor antidemokratischen Angriffen? Und wie gelingt es, ein kritisches Bewusstsein für die kommerzielle Verwertung persönlicher Daten zu schaffen? Um diese Fragen fundiert zu bearbeiten, braucht es viele Impulse aus unterschiedlichen Fachbereichen und von verschiedenen (Bildungs-)Akteur*innen. Das gesamte Bildungssystem ist gefordert, die Kritische Medienkompetenz als entscheidenden Faktor für den Fortbestand der demokratischen Öffentlichkeit zu begreifen – so auch die Erwachsenenbildung. Vernetzungsmöglichkeiten, Weiterbildungen und Infoplattformen unterstützen dabei, Kritische Medienkompetenz Erwachsener zu fördern.
Vernetzung und Weiterbildung zur Kritischen Medienkompetenz für Erwachsenenbildner*innen
Bundesinstitut für Erwachsenenbildung (bifeb)
Das bifeb bietet in seinem Programmbereich "Digitalisierung und Media Information Literacy" sowohl Angebote an, die die praktische Nutzungskompetenz adressieren als auch solche, die sich dezidiert mit Aspekten der Kritischen Medienkompetenz befassen. Seit 2019 gibt es am bifeb die Arbeitsgruppe dig.lab. Sie greift Digitalisierung in der Erwachsenenbildung auf, bündelt aus unterschiedlichen Perspektiven aktuelle Entwicklungen zur Digitalisierung und gibt Impulse für digitale Bildungsformate.
Für das bifeb ist es eine wichtige Aufgabe, Bewusstsein und Interesse für Kritische Medienkompetenz zu schaffen, denn häufig würde es (erst) nach einer Phase der Bewusstseinsschaffung gelingen, Menschen für ein entsprechendes Bildungsangebot zu gewinnen, meint Jeremias Stadlmair vom bifeb. Es brauche Kritische Medienkompetenz, um informierte Entscheidungen treffen und um die Qualität einer Information beurteilen zu können. Außerdem müssen all jene gut und differenziert mit Medien umgehen können, die sich selbst politisch engagieren möchten. Diese Empowerment-Perspektive sei lebensnotwendig für eine partizipative Demokratie.
Außerdem gehe es dem bifeb darum, nicht beim kritischen Verständnis Halt zu machen, sondern einen Schritt weiterzugehen und Handlungsansätze anzubieten: Wie kommuniziert man als Bildungseinrichtung mit einer interessierten Öffentlichkeit, ohne sich den medienökonomischen Rahmenbedingungen von Facebook, Twitter & Co. auszuliefern? Entscheidend sei es Anhaltspunkte zu vermitteln, damit jede*r für sich differenziert entscheiden kann: Worauf lasse ich mich ein und worauf nicht?
Neben aller Kritik sieht das bifeb auch die Möglichkeiten, die sich durch die Digitalisierung für die Erwachsenenbildung bieten. Reiseaufwand, Betreuungspflichten und beschränkte Zeitressourcen würden insbesondere bei Online-Formaten an Bedeutung verlieren, was wiederum die Chancen erhöht, eine größere Anzahl an Menschen zu erreichen.
Gesellschaft für Politische Bildung (ÖGPB)
Seit 2018 erreicht die ÖGPB mit dem zweitägigen Workshop Kritische Medienkompetenz. Politische Erwachsenenbildung im digitalen Zeitalter (entstanden in Kooperation mit dem Community Medien Institut COMMIT) mehrmals pro Jahr Erwachsenenbildner*innen, Trainer*innen und Multiplikator*innen.
Die ÖGPB sieht durch Phänomene wie Fake News und Hate Speech, Filterblasen und Echoräume verdeutlicht, dass ein kritischer Blick auf Funktionsweisen von Medien sowie die Stärkung der Kompetenz im medialen Umgang (auch) für Erwachsene notwendig und hilfreich ist (Luksik 2022). Durch den Erwerb von Kritischer Medienkompetenz sollten die Bewertungs-, Reflexions- und Handlungskompetenzen der Individuen gestärkt sowie das Demokratiebewusstsein und die gesellschaftliche Teilhabe gefördert werden, so der Ansatz der ÖGPB.
Aus Sicht der ÖGPB greift es allerdings zu kurz, die Herausforderungen im Kontext von Medien und Demokratie lediglich auf das Verhalten Einzelner zu reduzieren und auf einer individuellen Ebene lösen zu wollen. Vielmehr gilt es, die strukturellen Ursachen und Mechanismen in den Blick zu nehmen sowie politische Bildung als langfristigen Prozess zu betrachten und nicht als unmittelbare Intervention. Relevante Fragen sind: Wie hängen gesellschaftliche Strukturen mit Medienkompetenz zusammen? Wo liegen die Handlungsmöglichkeiten, aber auch die Grenzen von Medienkompetenz und wie kann Medienkompetenz ansprechend und adäquat vermittelt werden?
CONEDU – Verein für Bildungsforschung und -medien
Das Team von CONEDU befasst sich seit 2004 mit der Schnittstelle von Online-Medien und Erwachsenenbildung und steht seither als Bildungsredaktion hinter dem Portal https://erwachsenenbildung.at – seit 2017 auch als Weiterbildungsanbieter. Fragen der kritischen Medienkompetenz werden in allen Arbeitsbereichen von CONEDU untersucht und bearbeitet.
Der Arbeitsbereich "DigiProf" verfolgt das Ziel, die digitale Professionalisierung in der Erwachsenenbildung voranzutreiben. Dazu gehört nach dem Verständnis des Arbeitsbereichs eine kritische Auswahl von Lehr-Lernmedien: Was drückt eine Lernressource (Illustration, Aufgabenstellung etc.) im Subtext aus? Was wird dadurch gefördert, was behindert? Wie steht es um Lizenzrechte und Datenschutz? Die Auswahl geeigneter Mittel für technologiegestütztes Lernen verlangt von Erwachsenenbildner*innen und Institutionen informierte Entscheidungen, die durch einschlägige Artikel, MOOCs, Webinare und einen Veranstaltungskalender unterstützt werden. Kritische Medienkompetenz wird in Veranstaltungen und spezifischen Video-Lernbausteinen thematisiert. Darüber hinaus sensibilisiert CONEDU/DigiProf die breite Bevölkerung mit Artikeln über Themen wie IT-Sicherheit auf der Plattform fit4internet.at.
Im Arbeitsbereich "Redaktion" ist kritische Medienkompetenz ein aktueller Inhalt von Publikationen und von Netzwerkaktivitäten. Ein Kristallisationspunkt ist hier das Dossier Kritische Medienkompetenz – zu dem auch diese Seite gehört. Eine begleitende Artikelserie umfasst dutzende Beiträge und wird laufend ergänzt. Relevante Fachbeiträge Dritter finden sich in Ausgaben des Online-Fachjournals "Magazin erwachsenenbildung.at", etwa über Digitalisierung und Erwachsenenbildung (2022, 2017) sowie in der Aufzeichnung einer Onlinediskussion "Wenn’s kritisch wird mit der Medienkompetenz – Was tun, wenn in der Arbeit mit erwachsenen Lernenden Fake News, Hate Speech oder Onlinesucht auftreten?".
Community Medien Institut (COMMIT)
COMMIT, das Community Medien Institut für Weiterbildung, Forschung und Beratung, arbeitet an der Schnittstelle zwischen nichtkommerziellem Rundfunk, Erwachsenenbildung und Forschung in Österreich. Ein Ziel des Instituts ist es, Kritische Medienkompetenz in Schule und Erwachsenenbildung voranzutreiben. COMMIT ist in verschiedenen Projekten zu Kritischer Medienkompetenz und Erwachsenenbildung beteiligt. Im Projekt "Media and Information Literacy - Evaluation and Strategies (MILES)" bspw. geht es um den Austausch von Konzepten, Ideen und Erfahrungen zur Vermittlung von Media and Information Literacy (MIL). Im Projekt Digi-Fit gestaltet COMMIT mit der VHS-Mariahilf einen Kurzlehrgang für Trainer*innen und Programmverantwortliche in der Erwachsenenbildung über Medienkompetenz und Kritische Medienkompetenz.
Medien- und Informationskompetenznetzwerk Österreich
Die Vernetzungsinitiative Medienbildung Jetzt! und ihr Bundesverband Medienbildung bilden das Medien- und Informationskompetenznetzwerk in Österreich. In diesem Rahmen tauschen sich die österreichischen Medienbildner*innen regelmäßig zur Kritischen Medienkompetenz aus. Einmal im Monat gibt es aus dem Netzwerk einen "MIL-Newsletter" zur Kritischen Medienkompetenz in Österreich und Europa.
Österreichisches Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT)
Das ÖIAT fördert den Umgang mit digitalen Medien. Es bietet neben verschiedenen Informationsplattformen zur Kritischen Medienkompetenz auch Trainings für Lehrende an. Zum Beispiel veranstaltet das ÖIAT den Online-Kurs "simooc" zum Thema: "Safer Internet – das Internet in meinem Unterricht? Aber sicher!" und den Lehrgang "Senior:innen-Trainer:in für digitale Alltagskompetenzen".
European Digital Media Observatory (EDMO)
Die Europäische Beobachtungsstelle für digitale Medien (EDMO) will Faktenprüfer*innen, Expert*innen für Medienkompetenz und Forscher*innen zusammenbringen, um Desinformationen zu verstehen und zu analysieren. Neben einer Info-Plattform bietet EDMO Weiterbildungen rund um das Verständnis und zum Umgang mit Online-Desinformation an.
Für die Beschreibung wurden Statements von Organisationsvertreter*innen eingeholt, von: Sonja Luksik (ÖGPB) und Jeremias Stadlmair (bifeb).
Online-Training für Erwachsenenbildner*innen
Sie möchten sich selbst zur Kritischen Medienkompetenz weiterbilden? Die Initiator*innen des Erasmus+-Projekts "Media Education - a Challenge to Overcome" haben ein Online-Trainingsprogramm für Erwachsenenbildner*innen entwickelt. Es steht nach Anmeldung kostenfrei in englischer Sprache zur Verfügung.
Informationsplattformen zur Kritischen Medienkompetenz für Erwachsenenbildner*innen
erwachsenenbildung.at
Das Online-Portal erwachsenenbildung.at informiert Erwachsenenbildner*innen über Bildungsinformationssysteme, Grundlagen und aktuelle Themen der Erwachsenenbildung in Österreich und der EU. Darunter befindet sich auch das Thema Kritische Medienkompetenz. Das Dossier versammelt vielfältige Aspekte Kritischer Medienkompetenz in der Erwachsenenbildung, von den Grundlagen über die Praxis bis hin zu aktuellen Fragen. Auch eine Nachrichten-Serie zum Thema informiert über gegenwärtigen Entwicklungen und Veranstaltungen. Die Rubrik "DigiProf - Digitale Professionalisierung in der Erwachsenenbildung" stellt Informationen zur Kritischen Medienkompetenz an der Schnittstelle zur digitalen Professionalisierung bereit. Der Verein CONEDU betreibt erwachsenenbildung.at redaktionell, Herausgeber des Portals ist das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) in Kooperation mit dem Bundesinstitut für Erwachsenenbildung (bifeb).
Der MIL-Newsletter ("MIL" steht für Media and Information Literacy) ist der Informationskanal des Netzwerks Medien- und Informationskompetenz in Österreich. Der Newsletter wird monatlich – jeweils am ersten Montag – verschickt und beinhaltet kurze Meldungen und Hinweise aus unterschiedlichen praktischen und theoretischen Perspektiven zur Kritischen Medienkompetenz in Österreich und Europa. Anlass für die Einrichtung des Newsletters war der Wunsch nach mehr interdisziplinärem Austausch im Rahmen des Think-Tanks kritische Medienkompetenz in der Erwachsenenbildung sowie die Auseinandersetzung mit MIL-Netzwerken in anderen Ländern. In diesem Sinne bündelt der MIL-Newsletter Information aus verschiedenen Fachkreisen für ein breiteres Fachpublikum. Interessierte können den MIL-Newsletter online abonnieren und themenspezifische Inhalte für eine Aufnahme im MIL-Newsletter vorschlagen.
Saferinternet.at
Saferinternet.at unterstützt Kinder, Jugendliche und Eltern beim Umgang mit digitalen Medien und bietet Materialien und Tipps für Lehrende an. Zwar richtet sich die Plattform vorrangig an Lehrende von Kindern und Jugendlichen, einige Leitfäden und Tools können aber für die Erwachsenenbildung adaptiert werden.
digitaleSenior:innen
Die Initiative digitaleSenior:innen versteht sich als Servicestelle, die die Relevanz der digitalen Senior*innenbildung in der Öffentlichkeit aufzeigen und einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Erwachsenenbildung in Österreich leisten will. Erwachsenenbildner*innen finden auf der Plattform Infoblätter, Leitfäden, Erklärvideos und weitere Materialien für den Einsatz in der Lehre zur (Kritischen) Medienkompetenz älterer Menschen.
Die Europäische Beobachtungsstelle für digitale Medien (EDMO) bietet neben Weiterbildungen rund um das Thema Desinformation auch Fachinformationen auf deren Online-Plattform an. So gibt es etwa Länderprofile im Kontext Kritischer Medienkompetenz sowie Publikationen.
Plattform "Media and Information Literacy" der UNESCO
Die UNESCO versammelt auf der Plattform "Media and Information Literacy" eigene Publikationen zum Thema, MOOCs, Veranstaltungen und Neuigkeiten. Unter "Our Challenges" stellt sie vor, welche Initiativen und Projekte die UNESCO zum Thema Medien- und Informationskompetenz umsetzt bzw. bearbeitet.
Quellen und weitere Informationen
- Bundesinstitut für Erwachsenenbildung (bifeb)
- Österreichische Gesellschaft für Politische Bildung (ÖGPB)
- CONEDU – Verein für Bildungsforschung und -medien
- Community Medien Institut (COMMIT)
- erwachsenenbildung.at
- Saferinternet.at
- digitaleSenior:innen
- Europäische Beobachtungsstelle für digitale Medien (EDMO)
- UNESCO-Plattform Media and Information Literacy
- Kritische Medienkompetenz