Blickrichtungen auf lebenslanges Lernen
Forschungsfeld Lebenslanges Lernen
Forschungsausrichtungen
Ausgehend von der bildungspolitischen Programmatik wird der Fokus auf institutionelle Bedingungen und zunehmend auf individuelle Nachfrage nach Bildung und die lernende Auseinandersetzung von Menschen mit ihrer Umwelt gelegt. Gesellschaftliche und soziale Rahmenbedingungen bleiben dabei im Blickfeld. Je nach Perspektive werden sie als normative Begründung für die Notwendigkeit lebenslangen Lernens bestätigt oder kritisiert. Die Beseitigung von sozialen Benachteiligungen wird sowohl anpassungsorientiert als auch kritisch-emanzipatorisch thematisiert. Begrifflich und inhaltlich wird versucht, über ein rein bildungspolitisches Programm hinaus lebenslanges Lernen zu einer umfassenden Perspektive zu erweitern: lebenslanges oder auch lebensbegleitendes oder lebensweites Lernen als Gesamtprozess menschlichen Lernens in zeitlicher, räumlicher und inhaltlicher Hinsicht (vgl. Hof 2009).
Nach Hof (2009) widmet sich Forschung zu lebenslangem Lernen im Wesentlichen drei Dimensionen:
- Dimension der individuellen Lernbiographien
- Dimension der (institutionellen) Lern-/Lehrarrangements
- Dimension der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen
Rothe (2011) unterscheidet vier Rezeptionsweisen lebenslangen Lernens:
- Inhaltliche Darstellungen und Beschreibungen
- Analyse bildungspolitischer Positionen
- Kritik des Konzepts
- Übersetzung zentraler Elemente in Praxiszusammenhänge
Forschungsthemen
Konkrete Forschungsthemen, die unter den Begriff "lebenslanges Lernen" gefasst werden, unterliegen bildungspolitisch beeinflussten Konjunkturen. Strategiedokumente der Europäischen Union legen immer wieder neue Schwerpunkte, die sich in Forschungsarbeiten widerspiegeln. Anknüpfend an jüngere politische Dokumente lassen sich thematische Schwerpunkte identifizieren, z.B.:
Empirische Datenerhebungen
Empirische Daten bilden vielfach die Grundlage für bildungspolitische Entscheidungen und für neue Entwicklungen im Bildungswesen. Statistische Erhebungen zu lebenslangem Lernen und zur Weiterbildung wurden in Österreich in den letzten Jahren aufgebaut, unter anderem die jährliche Erhebung des "Strukturindikators lebenslanges Lernen" als Benchmark im europäischen Kontext oder die alle fünf Jahre durchzuführende "Adult Education Survey (AES)". Darüber hinaus existiert eine große Fülle an qualitativen Untersuchungen.
Anerkennung und Verwertbarkeit von Kompetenzen
In der Forschung werden Kompetenzen zunehmend in den Mittelpunkt gerückt. Die Fragestellungen reichen von begrifflichen Differenzierungen über Fragen der Messbarkeit bis hin zu kritischen Diskursen. Neben der wichtigen wertschätzenden Anerkennung von auch informell erworbenen Kompetenzen steht weiters die Anerkennung und Verwertbarkeit am Arbeitsmarkt im Vordergrund.
AdressatInnen und Teilnehmende, Benachteiligungen
Anknüpfend an bildungspolitische Vorhaben, mehr Erwachsene in Lernprozesse einzubinden, widmet sich Forschung unter anderem Fragen der Teilnahmevoraussetzungen, notwendigen Rahmenbedingungen, Motivationsfaktoren und beratenden Unterstützung. Unter diesem Gesichtspunkt werden aber auch Benachteiligungen, Ausschlussmechanismen und - insbesondere aus kritischer Perspektive - Fragen der subjektiven Sinnhaftigkeit von Weiterbildung aufgeworfen. Unter anderem wird ein Fokus auf Menschen mit Migrationshintergrund oder auf Geringqualifizierte gelegt.
Methodisch-Didaktische Expertisen - Lehren und Lernen
Eine große Zahl an Forschungen widmet sich der Frage nach didaktischen und methodischen Dimensionen des lebenslangen Lernens. In den Blick genommen werden unter anderem biographische Lernverläufe, selbstorganisierte Lernformen oder die Begleitung informellen Lernens. Didaktisch zeichnet sich gegenwärtig eine deutliche Tendenz zu konstruktivistischen Ansätzen des Lehrens und Lernens ab. Aufgegriffen werden aber auch emanzipatorisch orientierte Modelle, z.B. transformatorisches Lernen.
Theoretische Einbettung
Zunehmend wird versucht, lebenslanges Lernen in einen theoretischen Kontext zu stellen. Je nach Disziplin und Forschungsinteresse werden damit die Komplexität und Mehrdimensionalität des Begriffs deutlich. Dadurch entstehen widersprüchliche und konkurrierende Aussagen, die wiederum zu neuen Fragestellungen und Diskussionen anregen.
Kritische Analysen
In kritischen Analysen zu lebenslangem Lernen werden die Verwertungs- und Arbeitsmarktorientierung der bildungspolitischen Konzepte und deren Auswirkungen aufgegriffen. Notwendigkeiten lebenslangen Lernens werden ebenso hinterfragt wie die Ökonomisierung des Bildungswesens oder die Auswirkungen von Lehr-Lern-Arrangements auf Subjekte und soziale Beziehungen.
Weitere Themen
- Entstehung, Geschichte und Entwicklung des Begriffs "lebenslanges Lernen"
- Lernen im Lebenslauf / Biographisierung des Lernens
- Lebenslanges Lernen und Arbeitsmarktentwicklungen
- Qualitätssicherung
- Lernen in sozialen Gemeinschaften ("Community Education")
Weitere Informationen
- Forschungseinrichtungen
- Magazin erwachsenenbildung.at Nr. 0 (2007)
- Magazin erwachsenenbildung.at Nr. 2 (2007)
- Magazin erwachsenenbildung.at Nr. 7/8 (2009)