Ein gesunder Umgang mit digitalen Medien
Die gute Nachricht vorweg: Es gibt viele Möglichkeiten, die eigene Mediennutzung bewusst wahrzunehmen und aktiv zu gestalten.
Das Gefühl der Erschöpfung durch zu lange Bildschirmzeiten, das Festhängen in endlosen Video-Schleifen, eine Reizüberflutung aufgrund zu vieler Informationen oder manipulative Inszenierungen in den sozialen Medien: All das sind Herausforderungen, denen wir in der täglichen Praxis ausgesetzt sein können. Die Aufklärung darüber und gezielte Gegenmaßnahmen können zu einem gesunden Umgang mit digitalen Medien beitragen. Erwachsenenbildner*innen können in diesem Zusammenhang gut für sich selbst sorgen, aber auch viel für ihre Teilnehmenden tun.
Die Fallstricke des digitalen Alltags
„Zoom-Fatigue“ (dt. Zoom-Müdigkeit) heißt der Erschöpfungszustand, der durch zu lange oder zu viele Videokonferenzen ausgelöst wird. Für einige wurde diese Form der Erschöpfung vor allem zur Zeit der Lockdowns während der Corona-Pandemie zur Herausforderung. Sie tritt plattformunabhängig auf, die Software „Zoom“ ist lediglich Namensgeberin. Um dem Phänomen vorzubeugen, ist es ratsam, Online-Zeiten nicht länger als nötig ausfallen zu lassen. Das Flipped-Learning-Design kann dabei Abhilfe schaffen, indem Lernende die Inhalte vor dem Online-Treffen eigenständig erarbeiten. Lehrende können dann die Online-Zeit kürzer halten.
Eine Studie des Forschungsprojekts „PräDiTec“ identifizierte Belastungsfaktoren der digitalen Arbeit. Fühlen sich Personen bspw. überwacht oder bewertet, sehen ihre Privatsphäre verletzt oder sind verunsichert in Bezug auf die eigenen Kompetenzen, so kann das den digitalen Stress im Arbeitsalltag verstärken.
Eine Präventionsmaßnahme gegen digitalen Stress sieht das Projekt im gezielten Kompetenzaufbau. Wichtig seien hier Meta-Kompetenzen, die u. a. die Wahl passender Kommunikationsmittel oder Selbstreflexion betreffen.
Welchen weiteren Belastungen Erwachsene durch Online-Meetings ausgesetzt sein können und was der Entlastung dient, verrät die Aufzeichnung des DigiTalk „Die Psychologie des Online-Raumes“. So wird etwa der eigene Körper während Online-Zeiten tendenziell eher vernachlässigt. Es ist empfehlenswert ihn immer wieder bewusst wahrzunehmen, bspw. durch Bildschirm-Pausen oder kurzen Aufmerksamkeits-Übungen.
Wie (un)soziale Medien auf uns wirken
Auch soziale Medien bringen einige Herausforderungen mit sich. Algorithmen, die die angezeigten Inhalte an die eigenen Vorlieben anpassen, bewirken damit nicht selten ein stundenlanges „Festhängen“ auf der jeweiligen Plattform. Insbesondere TikTok ist mit seinen individuell abgestimmten Videos bekannt dafür. Nutzer*innen laufen dann Gefahr, andere Bedürfnisse, etwa nach Bewegung und Schlaf, zu vernachlässigen.
Eine weitere Schattenseite sozialer Medien betrifft den oftmals unbewussten Vergleich mit gewissen Idealen. Derartige Vergleiche mit bestimmten Lebensstilen oder Schönheitsbildern, die zum Teil von Influencern vermittelt werden, können frustrieren und das eigene Selbstwertgefühl negativ beeinflussen. Darum ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass soziale Medien ein verzerrtes Bild der Realität liefern. Darüber hinaus sollte auch auf die eigene Stimmung beim Surfen im Internet oder in sozialen Medien geachtet werden.
Social Media-Unternehmen möchten Nutzer*innen typischerweise dazu bewegen, möglichst viele Likes zu generieren und Inhalte zu teilen. Likes und positive Reaktionen auf den eigenen Content zu erhalten, kann Glücksgefühle auslösen, birgt aber gerade deshalb ein Suchtpotenzial.
Das Wissen um die ökonomischen Strukturen, die den Plattformen zugrunde liegen, hilft dabei, einen realistischen Blick auf die personalisierten Inhalte zu bewahren. Ein alternatives Angebot stellen dezentrale Netzwerke wie Mastodon dar.
Lösungen für eine ausgewogene Mediennutzung
Regelmäßig Pausen einzulegen und einfach mal abzuschalten ist besonders wichtig.
Um die eigene Mediennutzung im Blick zu behalten, kann es hilfreich sein, sich selbst tägliche Zeitlimits zu setzen. Manche Apps, wie TikTok und Instagram bieten eine entsprechende Funktion, um die tägliche Nutzungszeit festzulegen. Nutzer*innen werden benachrichtigt, wenn sie die Zeit überschritten haben. Auch Smartphone-Betriebssysteme bieten Möglichkeiten, die eigene tägliche Bildschirmzeit zu erfassen.
Zudem ist es ratsam, Benachrichtigungen einzelner Apps möglichst auf ein Minimum zu reduzieren.
Gezielt für Entspannung sorgen können Erwachsene auch, indem sie eine Smartphone-freie-Zone einrichten, etwa einen eigenen Raum, wie das Schlafzimmer, oder einen Zeitraum wählen, in dem auf die Benutzung digitaler Endgeräte verzichtet wird.
Regelmäßige Augen-Entspannungsübungen steigern das Wohlbefinden beim Arbeiten mit dem PC.
Weitere Tipps zur Stressreduktion im digitalen Arbeitsalltag, liefern Heide Hüttner und Franziska Seidel von extrazwei in einem Video.
Was Erwachsenenbildner*innen für Lernende tun können
Um Online-Teilnehmende von Webinaren oder Workshops vor Zoom-Fatigue zu schützen, ist es ratsam, genügend Pausen einzuplanen. Eine Faustregel besagt: nach etwa 50 Minuten sollte 10 Minuten pausiert werden.
Auch ein Wechsel der Sozialformen kann der Online-Müdigkeit entgegenwirken. So macht es Sinn zwischen Gruppen-, Einzel und Partnerarbeiten zu variieren. Damit Teilnehmende nicht durch zu viele Informationen überfordert werden, können Erwachsenenbildner*innen asynchrone Selbstlernphasen in Online-Weiterbildungen einplanen.
Der Einsatz unterschiedlicher Methoden kann für zusätzliche Abwechslung sorgen. Teilnehmer*innen können bspw. in Unterräume wechseln, Themen in Kleingruppen erarbeiten, Interviews führen oder in einem Live-Test oder einer Experimentier-Werkstatt die Inhalte praktisch erproben. Auflockerungsübungen vor dem PC oder ganz kurze Spiele zwischendurch können für den nötigen Schub an Energie bei längeren Online-Treffen sorgen.
Generell ist es wichtig in Online-Veranstaltungen für eine vertrauensvolle Umgebung zu sorgen und eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich Teilnehmende wohlfühlen.
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