Wie sich digitaler Stress am Arbeitsplatz vermeiden lässt

14.01.2022, Text: Martina Lindsberger, Redaktion/CONEDU
Wie entsteht digitaler Stress, wie wirkt er sich auf unsere Gesundheit aus und wie kann er vermieden werden? Antworten liefert eine Studie.
Die Komplexität von digitalen Technologien kann Stress verursachen. Um Bewältigungsstrategien anwenden zu können, braucht es zunächst ein Bewusstsein für das Problem.
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Die technologische Transformation hat großen Einfluss auf den Arbeitsalltag vieler Menschen. Doch welche Auswirkungen hat die steigende Nutzung digitaler Technologien auf unsere Gesundheit? Welche Möglichkeiten gibt es, digitalem Stress vorzubeugen? 

Überforderung mit der Technik und Überflutung als Stressauslöser

In mehreren Workshops und einem Pilotierungsprojekt bei drei Partnerunternehmen aus der Praxis hat das Projekt PräDiTec eine Vielzahl an Präventionsmaßnahmen entwickelt und getestet. Es hat sich gezeigt, dass digitaler Stress durch die Nutzung digitaler Technologien entsteht, und zwar vor allem dann, wenn diese als sehr komplex oder unzuverlässig wahrgenommen werden. Auch das Gefühl mangelnder technischer Kompetenz und die Flut an ständig einlangenden neuen Nachrichten führt bei Erwerbstätigen zu Stressempfinden.

 

In der Studie wurden die wichtigsten Belastungsfaktoren identifiziert, die für digitalen Stress verantwortlich sind, dazu gehören etwa: Leistungsüberwachung, die Verletzung der Privatsphäre ("Gläserne Person"), Omnipräsenz, Überflutung, Komplexität und Unzuverlässigkeit der Technik, Verunsicherung, Jobunsicherheit, Unterbrechung, Nicht-Verfügbarkeit, Unklarheit der Rolle und mangelndes Erfolgserlebnis. 

Digitaler Stress kann zu Burnout oder Schäden am Stütz- und Bewegungsapparat führen

Probanden mit starkem digitalem Stress schätzen ihren Gesundheitszustand und ihre Arbeitsfähigkeit tendenziell schlechter ein, zudem leiden sie eher unter Erschöpfung. Die körperlichen Symptome sind vergleichbar mit jenen, die durch herkömmlichen Stress entstehen: Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, neurologische und sensorische Erkrankungen, psychische Beeinträchtigungen sowie Erkrankungen des Verdauungssystems. Bei den psychischen Erkrankungen finden sich vor allem Belastungsdepressionen, Burn-Out und Erschöpfungszustände. Aus dem Gefühl der ständigen Verfügbarkeit heraus verschwimmen die Grenzen zwischen Beruf und Privatem und die Betroffenen sind kaum mehr in der Lage sich zu erholen. 

IT-Workshops und Monotasking als Präventivmaßnahmen

Die Studie zeigt zwar, dass bei vielen Beschäftigen ein klares Stressempfinden vorhanden ist, aber ohne das nötige Wissen über digitalen Stress nichts dagegen unternommen wird. Es muss daher zunächst ein Bewusstsein für das Problem geschaffen werden um Bewältigungsstrategien anwenden zu können.

 

Maßnahmen zur Prävention von digitalem Stress können auf drei Ebenen erfolgen: auf der technologischen Ebene, der organisatorischen Ebene und der individuellen Ebene. Die technologische Ebene betrifft die Implementierung und Nutzung von gut gestalteten Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT). Auf der organisatorischen Ebene geht es um Organisationsstrukturen und Richtlinien (z. B. Verhaltenskodex, Betriebsanweisungen). Die individuelle Ebene umfasst Präventionsmaßnahmen, die am Verhalten des Individuums ansetzen. Was es konkret braucht um den digitalen Stress zu reduzieren, sind z.B. IT-Schulungen, klare Regeln im Umgang mit digitalen Technologien und sogenanntes Monotasking.

 

Zu den Präventionsmaßnahmen, die im Rahmen des Projekts PräDiTec entwickelt, pilotiert und evaluiert wurden zählt die Förderung gesunder digitaler Führung, der Kompetenzaufbau für Beschäftigte im Umgang mit digitalen Technologien und Medien, die Erstellung eines Leitbildes zur digitalen Kommunikation und Technologienutzung sowie die Etablierung von MultiplikatorInnen für das Thema digitaler Stress in Unternehmen. 

Gezielter Einsatz digitaler Technologien in der Erwachsenenbildung

Im Zuge der Digitalisierung sind oft mehrere Arbeitsvorgänge gleichzeitig zu bewältigen. Kritisch wird es dann, wenn die hohe Komplexität digitaler Technologien die eigenen Fähigkeiten gefühlt übersteigt. Dies betrifft unter anderem Lehr- und Lernumgebungen. Verhaltensänderungen sind eng mit einem erhöhten Bewusstsein über das Problem verbunden. Sofern Lehrende und Lernende verstehen, wie die Digitalisierung den Bildungsbereich verändert, können sie sich bewusst mit digitalen Technologien auseinandersetzen und diese gezielt und effizient in ihre Arbeitsroutinen integrieren.

 

In diesem Zusammenhang ist die Erkenntnis wichtig, dass nicht nur die Zahl der genutzten Technologien Stress verursachen kann, sondern vor allem die Häufigkeit der Nutzung. Auch für ErwachsenenbildnerInnen gilt also: lieber wenige Tools auswählen und diese gezielt nutzen. Das trägt dazu bei, die Kompetenz bei Lehrenden und Lernenden zu steigern und den Stress zu verringern. 

Bewusstsein für Stress fördert Verhaltensänderung

Die wichtigsten Verhaltensänderungen, die sich aus den pilotierten Maßnahmen ergaben, betrafen die Kommunikation und die Arbeitsroutine. In der internen Kommunikation war der Umgang mit dem Thema digitaler Stress offener und bewusster und in täglichen Arbeitsroutinen wurden digitale Technologien bewusster genutzt. Auch gezielte Ruhepausen konnten eingeplant werden.

 

Zudem hat sich gezeigt, dass ein vertrauensvolles Miteinander mit den Vorgesetzten, das Gefühl den Technologien gewachsen zu sein sowie ein unterstützendes und positiv gesinntes Arbeitsklima digitalen Stress reduzieren. 

Zum Forschungsprojekt

Die Studie "Gesund digital arbeiten?!" im Rahmen des Forschungsprojekts "PräDiTec – Prävention für sicheres und gesundes Arbeiten mit digitalen Technologien" bietet Lösungen, wie die Brücke zwischen Digitalisierung, Gesundheit und Produktivität geschlagen werden kann. Das Projekt hat eine Laufzeit von 36 Monaten und wird im Rahmen der Förderinitiative "Gesund – ein Leben lang" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unterstützt. Zentrales Anliegen des Projekts ist die Bereitstellung praxisnaher und hilfreicher Instrumente, die Unternehmen nutzen können, um digitalem Stress am Arbeitsplatz vorzubeugen bzw. diesen zu vermindern.

 

Gimpel, Henner et.al (2021): Prävention für sicheres und gesundes Arbeiten mit digitalen Technologien. Abschlussbericht des Verbundprojekts PräDiTec. Augsburg: Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer FIT. CC BY 4.0 International

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