Cyberpsychologie – Kommunikation und Verhalten in der digitalen Welt

17.01.2024, Text: Marion Kirbis und Gunter Schüßler, Redaktion/CONEDU
Cyberpsychologie widmet sich ganz der Psychologie bei digitalen Prozessen und unterstützt damit auch die Erwachsenenbildung praktisch.
Eine Person hält ein mobiles Endgerät, daneben sind zwei Sprechblasen zu sehen. In einer befinden sich Emojis.
Die Untersuchungen der Cyberpsychologie sind von praktischem Nutzen für die Erwachsenenbildung.
Grafik: Undraw Lizenz, Katerina Limpitsouni, https://undraw.co

Als Teil der Medienpsychologie deckt die Cyberpsychologie ein breites Themenspektrum ab, das sich mit psychologischem Verhalten und Prozessen im digitalen Raum befasst. Auch für die Erwachsenenbildung hält das Forschungsfeld relevante Erkenntnisse bereit.

Zu den Themen und Inhalten der Cyberpsychologie gehören u.a. die Untersuchung von

  • Online-Kommunikations- und Sozialverhalten,
  • Auswirkungen des Internets auf die Persönlichkeitsentwicklung,
  • Nutzungsverhalten von User*innen
  • Wirkung von bzw. Verhalten in virtuellen Räumen

Neben Informationen für die Internetpädagogik, z.B. für die Vermittlung von Medienkompetenz oder IT-Wissen, ergeben sich auch für die didaktische Planung von Lernsettings und für die Praxis der Erwachsenenbildung wertvolle Erkenntnisse.

Wie relevant die Ergebnisse der Cyberpsychologie sein können, zeigt sich mitunter in Situationen, die viele aus dem Alltag kennen. War Ihre Webcam bei der letzten Online-Veranstaltung eingeschaltet? Oder waren Sie hinter einem Profilbild, einem Avatar oder dem Schwarz der ausgeschalteten Webcam verborgen?

Die sinnliche Wahrnehmung in Online-Räumen

Nonverbale Signale stellen einen wichtigen Faktor bei der persönlichen zwischenmenschlichen Interaktion dar - zum Beispiel, wenn Gesprächsteilnehmer*innen Interesse oder Langeweile signalisieren und ihr Gegenüber sich dementsprechend anpassen kann. In Videokonferenzen wird jedoch oft freiwillig auf diese Art des visuellen Feedback-Gebens verzichtet. Vortragende sollten daher für Online-Lernsettings und die Wahl ihrer Methoden berücksichtigen, dass sie ggf. kein visuelles Feedback bekommen.

Ein Forschungsprojekt über virtuelle Treffen in Alltag, Studium und Beruf am Leibnitz-Institut für Wissensmedien untersucht seit 2021 die Auswirkungen und Erfolgsfaktoren virtueller Treffen. Unter anderem wird erforscht, was Menschen dazu bewegt, ihre Webcams in Videokonferenzen einzuschalten, und was das verändert. Bisher zeigte sich in den Untersuchungen, dass Teilnehmende generell Treffen bevorzugen, bei denen andere ihre Kameras einschalten. Die Ergebnisse lassen auf den ersten Blick vermuten, dass die Kameranutzung prosozial motiviert ist und auch so wirkt. Das ist aber bei genauerem Hinsehen nicht unbedingt der Fall. Sichtbare Personen werden nicht als gemeinschaftsfähiger, aber als handlungsfähiger wahrgenommen.

Nonverbale Kommunikation ist dennoch nicht alles, wie ein aktuelles Projekt zur Teilhabe von blinden und sehbehinderten Menschen an barrierefreien Videokonferenzen nahelegt.

Die Wahrnehmung des eigenen Körpers in Online-Räumen ist ein weiterer wichtiger Forschungsgegenstand, dem sich etwa Erwachsenenbildnerin Elisabeth Feigl widmet.

Was bedeutet das für Online-Lehrsettings?

Lehrende sollen in Online-Meetings, wie Workshops oder Webinaren, bewusst für Interaktionen sorgen, um Teilnehmende aktiv in das Geschehen einzubinden. Online-Teilnehmer*innen sollen sich wahrgenommen fühlen – das gelingt u. a. indem Lehrende Online-Treffen interaktiv gestalten. Eine aktive Beteiligung der Teilnehmer*innen kann erreicht werden durch Umfragen, Gruppenarbeiten in Breakout-Rooms, Quizzes, den Einsatz von kollaborativen Online-Tools, Eisbrecher und verschiedene Arten von „Aktivierungen“.

Letztere sind auch eine gute Möglichkeit, der Zoom-Fatigue, also dem Erschöpfungszustand durch zu lange Videokonferenzen, entgegenzuwirken. Auch Pausen dürfen auf keinen Fall fehlen. Generell ist es wichtig, auf einen gesunden Umgang mit digitalen Medien zu achten. Technisches Equipment kann ebenso dazu beitragen, die Kommunikation in Videokonferenzen zu verbessern.

Neue Forschungsbereiche der Cyberpsychologie

Noch gibt es nur wenige deutschsprachige Weiterbildungsangebote für das Gebiet der Cyberpsychologie. Eines davon ist das Masterstudium „Cyber Psychology of Online Communication“ der FH Wien. Innovative Lehransätze, aktuelle Inhalte und neue Forschungsfragen erweitern die thematischen Zugänge der Cyberpsychologie. Das verrät auch ein Blick in das Curriculum des Masterstudiums an der FH Wien: Untersuchungen zur Psychologie des Online-Gaming oder zum Dark-Web und der Cyberkriminalität werden im Studium ebenso vermittelt wie die Kommunikation mit Künstlicher Intelligenz.

Aufgrund der zunehmenden Digitalisierung und der rapide voranschreitenden Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz ergeben sich für die Cyberpsychologie fortlaufend neue Themenbereiche. Eine ganz aktuelle Frage dabei betrifft etwa die Art, wie Menschen ihre Interaktions-Beziehungen mit AI-Chatbots wahrnehmen. Die Ergebnisse solcher Forschungen sind wiederum relevant für die Praxis von Erwachsenenbildner*innen, die etwa Ansätze des Gamification in Lernsettings integrieren oder Lernende im Umgang mit KI-Chatbots bestmöglich unterstützen wollen.

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