Mit generativer KI reden: Tipps für die Erwachsenenbildung

28.08.2023, Text: Sandra Schön, Redaktion: Redaktion/CONEDU
Bei der erfolgreichen Anwendung von KI-Tools kommt es stark auf die Anweisung, also die sogenannten Prompts, an. In diesem Beitrag präsentiert die Bildungsexpertin Sandra Schön ihre Tipps und Erfahrungen für gute Prompts, insbesondere für Sprachmodelle wie ChatGPT. Das Ergebnis resultiert in der „SANDRA-Formel“.
Eine Person starrt auf ein großes Rufzeichen, dahinter befindet sich ein Symbol für KI.
Die Art, wie Erwachsenenbildner*innen mit generativer KI kommunizieren, entscheidet über die Qualität der Ergebnisse.
Grafik: CC BY, Yasmin Dwiputri & Data Hazards Project, https://betterimagesofai.org/images

Mit Prompts Fehlern vorbeugen

Generative KI-Anwendungen sind nicht fehlerfrei. Ohne web-Access haben sie Defizite bei aktuellen Themen oder bei branchen- und länderspezifischen Fragen. ChatGPT 3.5 erklärte mir z. B. im Juli 2023, dass „EBmooc“ für „Entrepreneurship and Business Model MOOC“ steht – das ist für den österreichischen Kontext nicht richtig. Und nicht zuletzt gibt es keine ethische Instanz in der Maschine, die z.B. für diskriminierungsfreie, inklusive oder multiperspektivische Beiträge sorgt – im Gegenteil. Aber auch hier helfen klare Angaben, Malheurs zu begrenzen. Die Beispiele im folgenden Text beziehen sich auf ChatGPT 3.5 und sind grundsätzlich auf andere Sprachmodelle ohne aktuellen Web-Access übertragbar.

Prompts für gute erste Entwürfe

Als Erwachsenenbildnerin greife ich inzwischen regelmäßig zu KI-Tools, wenn ich mit einer Arbeit beginne – weil ich auch mit einem schlechten Entwurf als Start schneller zu einem überzeugenden Ergebnis gelange, als wenn ich bei Null starte. Damit der Entwurf nicht allzu schlecht ausfällt, ist Präzision bei der Anweisung notwendig – so wie es bei einem neuen, motivierten, aber unerfahrenen Kollegen nötig wäre.

Eine „Zusammenfassung“, einen „Überblick“ oder ein „Curriculum“ anzufordern wäre in diesem Fall zu allgemein. Sinnvoller sind genaue Anfragen wie:

  • die Zusammenfassung des Artikels x in max. 100 Worten oder
  • ein Curriculums-Entwurf für eine Präsenzveranstaltung mit sechs Einheiten zu je 45 Minuten, jeweils mit kurzen Titeln und je Einheit in 2 bis 3 Sätzen beschrieben, zum Thema y für die Zielgruppe z.

Präzisieren sollte man dabei eine Reihe von Aspekten:

  • das gewünschte Produkt bzw. die Textsorte, z.B. einen Textvorschlag für Twitter, eine Kurzbeschreibung, eine Zusammenfassung, Website, Präsentation oder ein Quiz mit Multiple-Choice-Fragen
  • die Zielgruppen und deren Bedürfnisse, z.B. Kleinunternehmer*innen in Österreich oder eine einfache Sprache
  • den Stil, z.B. sachlich, unterhaltend oder metaphorisch
  • die Länge und Form, z.B. Zeichen- oder Wortzahl, Stichpunkte, Zwischenüberschriften

Prompts für Verbesserungen und Verständlichkeit

Im Alltag als Erwachsenenbildnerin verwende ich ChatGPT auch für sprachliche Anpassungen. Beispiele dafür sind folgende Prompts:

  • „Schreibe zu folgenden Stichpunkten eine freundliche E-Mail an die Projektpartner in einfacher englischer Sprache, die die nächsten Schritte und Aufgaben sowie Abgabetermine präzise nennt:…“
  • „Paraphrasiere folgenden Text so, dass er auf dem Sprachniveau A des Gemeinsamen Europäischen Sprachrahmens Referenzrahmen zu verstehen ist“ (das Ergebnis wurde im zweiten Schritt noch verfeinert mit dem Prompt: „Bitte formuliere den Text noch einmal mit kurzen Sätzen.“).

Bei der Anforderung „freundlicher“ Texte überrascht ChatGPT mit eloquenten Formulierungen – genauso wie ChatGPT-Texte ohne spezifische Anweisung zu einer Werbesprache neigen. Ich ergänze daher oft „bitte formuliere neu, aber ohne Marketing-Formulierungen“. Wenn das Ergebnis nicht passt, kann man immer wieder neu fragen, kritisieren, neu formulieren, präzisieren – und zum Schluss auch fragen, wie ein zukünftiger Prompt formuliert werden könnte, damit dieses Ergebnis direkt erreicht wird.

Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, dass diese Tipps auch den nächsten Start nicht verbessern. Man spricht mit einer Maschine und kann – und muss – hemmungslos nacharbeiten (lassen)!

Zum „Feinpolieren“ von Texten gefallen mir die folgenden beiden Tools recht gut, das erste davon schon seit vielen Jahren: für Englisch Hemingway App und für Deutsch Wortliga.

Prompts für (eigene) kreative Ideen und Pläne

Am liebsten ist es mir, wenn ich Raum und Zeit habe, mit den Lieblingskolleg*innen neue Konzepte oder Ideen zu entwickeln und aus dem Ping-Pong-Spiel der Ideen etwas Ungewöhnliches oder Neuartiges zu kreieren – nur ist dieser Spielraum oft nicht da. Wenn es Abend wird oder wenn Zeitdruck herrscht, hilft mir die generative KI, anders zu denken oder klarer zu sehen, was zu tun ist und welches Vorgehen möglich wäre.

Ich frage dann z. B. nach didaktischen Tipps, z.B.: Wie kann ich die Eingangsphase eines virtuellen Workshops so gestalten, dass alle Teilnehmer*innen kurz zu Wort kommen. ChatGPT generiert nicht im engeren Sinne neue Ideen – auf die muss ich selbst kommen. Dazu verwende ich dann Strategien, die ich in der Innovationsentwicklung als Kreativitätstechniken kennengelernt habe.

Anweisungen, die ich dann stelle, zielen zum Beispiel auf

  • eine Vielzahl von Varianten: „nenne mir 50 Werbeslogans die thematisieren, dass es wichtig ist, dass alle Teilnehmer einer Video-Konferenz ihr Video einschalten sollen“
  • ungewöhnliche Aspekte: „Welche Themen sind eher ungewöhnlich für ein Curriculum zum Thema KI in der Erwachsenenbildung?“ oder „Welche Methode würde vollkommen überraschen?“ oder „Was sollte ich auf keinen Fall machen, wenn ich möglichst schnell in einer Online-Veranstaltung ein Feedback zum Veranstaltungsdesign einholen möchte?“
  • Ursachen und Hintergründe: „Warum empfiehlst du genau das?“

Sprachmodelle funktionieren nicht durch kreatives oder konzeptionelles Denken oder geplantes Handeln - aber das, was als Antwort kommt, finde ich oft hilfreich: weil es mich herausfordert, selbst genauer darüber nachzudenken, warum ich etwas auf eine bestimmte Art machen würde. Gerade die Seltsamkeiten, die mir ein KI-Tool liefert, und der eigenartige Austausch mit dem Tool sind dann hilfreich und anregend und helfen mir, eigene Überlegungen, Konzepte und Begründungen zu klären – auch weil ich eben keine Maschine bin.

Prompts für Authentizität, Vielfalt und Personalisierung

Als Wissenschaftlerin muss ich oft abstrakte Konzepte vermitteln. Auch hier fand ich es schon hilfreich, ChatGPT zu fragen, wie diese in konkrete und authentische Beispiele und Geschichten zu übertragen sind, oder wie sie für unterschiedliche Zielgruppen erläutert werden können - damit dann für alle Teilnehmer*innen ein passendes Beispiel dabei ist.

Ein Beispiel-Prompt dafür könnte folgendermaßen lauten: „Bitte entwickle eine Persona-Beschreibung für eine junge österreichische Frau italienischer Abstammung im Alter von 21 Jahren namens Nicoletta und beschreibe in ca. 100 Wörtern kurz ihren Lebenslauf, Familienstand, Hobbies und Vorlieben. Wie würdest du Nicoletta mit einem für sie relevanten Beispiel erklären, was eine wissenschaftliche Hypothese ist?“

Hier die von ChatGPT 3.5 entwickelte Persona und die entsprechende passende Erklärung von „wissenschaftlicher Hypothese “:

"Nicoletta ist eine 21-jährige junge österreichische Frau mit italienischer Abstammung. Sie ist energiegeladen, lebensfroh und kontaktfreudig. In ihrem Lebenslauf hat sie gerade ihr Bachelor-Studium in Wirtschaftswissenschaften abgeschlossen und strebt nun einen Master-Abschluss an. Nicoletta ist unverheiratet und hat keine Kinder. In ihrer Freizeit liebt sie es, Zeit mit ihrer Familie und ihren Freunden zu verbringen. Sie interessiert sich für Kunst und Kultur, reist gerne und entdeckt neue Orte. Darüber hinaus ist sie sportlich aktiv und genießt es, beim Wandern in der Natur neue Abenteuer zu erleben. Ihre Vorlieben umfassen italienische Küche, Musik und das Lesen von Büchern über persönliche Entwicklung."

"Angenommen, Nicoletta interessiert sich für italienische Küche und erforscht verschiedene Kochtechniken und Rezepte. Um ihre kulinarischen Experimente zu unterstützen, könnte sie eine wissenschaftliche Hypothese aufstellen. Eine mögliche Hypothese wäre: 'Wenn frische Zutaten in der italienischen Küche verwendet werden, erhöht sich der Geschmack und die Qualität der Gerichte.' Diese Hypothese könnte durch sensorische Bewertungen und Geschmackstests mit verschiedenen Zubereitungsmethoden getestet werden. Wenn die Ergebnisse ihre Hypothese unterstützen, könnte Nicoletta ihre Kenntnisse in der italienischen Küche weiter vertiefen und neue kreative Rezepte entwickeln, die den Geschmack und die kulinarische Erfahrung verbessern."

Hier gilt wiederum die Eingangs-Warnung: KI-Tools reproduzieren die vorherrschenden Diskriminierungen und Stereotype, und sie denken und planen nicht wie Menschen. Aber auch misslungene Vorschläge helfen manchmal weiter – weil sie mir bewusst machen, was ich in keinem Fall tun will.

Die SANDRA-Tipps für Prompts

Ich habe den Eindruck, dass ich selbst noch ganz schön vieles entdecken und lernen kann, um die neuen Tools gut und professionell zu verwenden, um meine Arbeit effektiver und vielleicht auch qualitätsvoller zu gestalten – und freue mich auf weitere Hinweise und Tipps.

Und nachdem ich mich für diesen Text meines eigenen Verstandes bedienen konnte, erlaube ich mir noch auf eine Spielerei hinzuweisen, die ChatGPT ganz wunderbar gelingt. Ich präsentiere zusammenfassend die „Sandra-Tipps für gute Prompts“ (ausformuliert mit ChatGPT 3.5 am 13.7.2023):

S: Sei präzise und klar bei der Formulierung von Anweisungen an KI-Anwendungen.

A: Achte auf Authentizität, Vielfalt und Personalisierung bei den Prompts.

N: Nutze KI-Tools für sprachliche Anpassungen und Verbesserungen.

D: Denke an ethische Aspekte und Diskriminierungsfreiheit bei der Nutzung von KI-Tools.

R: Rege eigene kreative Ideen und Pläne mit der KI an.

A: Arbeite mit klaren Angaben und stelle gezielte Fragen, um bessere Ergebnisse von der KI zu erhalten.

Wie sich KI in der Erwachsenenbildung sinnvoll einsetzen lässt und welche Möglichkeiten innovative Tools bieten, erfahren Interessierte ab 19. September im EBmooc 2023 – Ihr Update zur Online-Erwachsenenbildung.

Weitere Informationen
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