Online und vernetzt lernen: Selbststeuerung und digitale Mündigkeit
Was fördert das selbstgesteuerte Lernen?
Lehrende können maßgeblich dazu beitragen, Lernende zu mehr Selbststeuerung zu ermächtigen. Neben didaktisch wichtigen Schritten, wie etwa Vorerfahrungen zu erfassen und Lernziele zu identifizieren, können Methoden angewandt werden, die sich an den Teilnehmenden orientieren. Lernende sollen Fragen stellen und eigenständig nach Antworten suchen. Sie zu selbständigem Handeln zu motivieren, kann ihre Selbstwirksamkeit fördern.
Aus Sicht der Lernenden ist es ebenso möglich Vorkehrungen zu treffen, damit selbstgesteuertes Lernen gelingt. Es ist z. B. sinnvoll vorab eine Auswahl der Inhalte zu treffen, die in Eigenregie gelernt werden können. Potenzielle Störfaktoren und unerwünschte Lernunterbrecher können Lernende bereits im Vorfeld ermitteln und sich individuelle Eingreifstrategien überlegen. Zudem ist es hilfreich, die eigene Lernleistung zu reflektieren und die Lernmotivation sowie die Konzentration ganz bewusst aufrecht zu erhalten. Regelmäßige Pausen sind dafür wichtig.
Methodenvielfalt: Einfach ausprobieren!
Neue Methoden müssen zwar nicht erst erfunden, dafür aber gefunden werden. Beginnt man die eigene Rolle als Lehrperson oder als aktive*r Selbstlerner*in neu zu interpretieren, wendet man Methoden an, die dem neuen Rollenverständnis besser entsprechen. „Methoden sind Gelegenheitsräume zum Sammeln unterschiedlicher Erfahrungen, zum Entdecken und Erproben verschiedener Wege der Aneignung und Anwendung“, lautete eine zentrale Erkenntnis in einem der Workshops.
Der Aufbau eines Lernnetzwerkes kann das selbstgesteuerte Lernen nachhaltig unterstützen. Communities of Practice bieten die Gelegenheit, sich aktiv mit Gleichgesinnten auszutauschen und sich zu vernetzen. Lehrende können den Aufbau einer solchen sozialen Infrastruktur begleiten.
Herausforderungen für ein neues Rollenverständnis
Zum großen Hindernis für selbstgesteuertes Lernen können traditionelle Rollenbilder werden – und zwar auf beiden Seiten. Auf Seiten der Bildungsanbieter ist ein Rollenverständnis als Lernbegleitung essenziell, wenn es darum geht, Lernenden Selbststeuerung und digitale Mündigkeit zu ermöglichen. Meist können Lehrende noch einiges dazulernen, um nicht in ein altes Muster der Belehrung zurückzufallen. Für Lehrpersonen kann es ratsam sein, sich bewusst zurückzunehmen, z. B. indem sie mögliche Fragen nicht voreilig selbst beantworten.
Das Rollenbild vergangener Tage äußert sich auch in semantischen Barrieren: Begriffe wie „unterrichten“ oder „Schulung“ vermitteln Vorstellungen des Lehrens und Lernens, die für das Verständnis als Lernbegleitung nicht vorteilhaft sind.
Bei sich selbst anfangen
Bildungswissenschaftlerin und Pädagogin Nele Hirsch gab den Teilnehmenden drei Tipps mit auf den Weg, um die Netzkultur-Kompetenz zu pflegen und das eigene Bildungsumfeld mitzugestalten.
Soziale Medien auf eine digital mündige Weise zu nutzen ist u. a. mit dem dezentralen Netzwerk Fediverse möglich. Die Twitter-Alternative „Mastodon“ bietet auch thematisch differenzierte Server, etwa zum Schwerpunkt digitale Bildung. Die Transparenz ist aufgrund der voneinander unabhängigen Netzwerke wesentlich höher als auf proprietären Plattformen.
Nele Hirsch empfiehlt zudem digitale Medien resilient zu nutzen. Darunter versteht sie, Probleme im Umgang mit digitalen Medien zu erkennen und Lösungsansätze dafür zu entwickeln.
Als dritten Tipp rät sie, eine eigene Website zu erstellen. Eine solche bietet Lehrenden umfangreiche Möglichkeiten selbstbestimmt und datenschutzkonform im Netz zu agieren. Ein solcher digitaler Ort eignet sich, um interaktive Lernmaterialien oder offene Bildungsressourcen (OER) zu teilen und den gemeinsamen Austausch anzuregen. Wie eine Website in nur 30 Minuten erstellt werden kann, verrät die Pädagogin auf ihrem eigenen Blog.
- Rückblick auf den Online-Fachdialog „Selbstgeklickt = Durchgeblickt? – Selbstgesteuerte Lernprozesse in der Erwachsenenbildung“
- Selbstgesteuertes Lernen. (Notizheft mit Übungen, PDF)
- Lernbegleitung statt Belehrung: Wie gelingt der Rollenwechsel?
- Aufgaben einer Lernbegleitung (Darstellung auf einem CryptPad)
Verwandte Artikel
Offene KI für alle: Empfehlungen aus Deutschland
Im Rahmen des „Forums Offene KI in der Bildung“ wurden im Frühjahr 2024 zehn Handlungsempfehlungen für eine offene KI in der Bildung formuliert. Ein Beitrag auf wb-web fasst diese zusammen.Wie beeinflusst KI unsere Gesellschaft? Veranstaltung am 8. Oktober
Mit Vorträgen und Workshops will die Veranstaltung „Künstliche Intelligenz und Gesellschaft – Bias, Ungleichheiten, Diskriminierungsstrukturen“ eine kritische KI-Kompetenz fördern.Kompetent und selbstbewusst mit Daten umgehen
Auf der neuen Lernplattform Future Skills Journey finden Erwachsenenbildner*innen kostenlos unterschiedlichste Ressourcen, um selbst Datenkompetenz zu erwerben oder sie Lernenden zu vermitteln.Narrative Ethik in der digitalen Erwachsenenbildung
Für Erwachsene bieten Geschichten ein großes Potenzial, Herausforderungen im Zuge der Digitalisierung zu reflektieren. So lässt sich ethische Bildung fördern.Video: GPTs für Bildungszwecke – spezifische KI-Chatbots
Lernen, Forschen, Akquirieren – bei all diesen Tätigkeiten können sich Erwachsenenbildner*innen von „Custom GPTs“ unterstützen lassen.Aktuelle Kompetenzmodelle für den Umgang mit KI im Vergleich
Drei aktuelle Kompetenzmodelle beschäftigen sich mit den Fähigkeiten, die es für den Umgang mit Künstlicher Intelligenz braucht. Jedes von ihnen setzt einen anderen Schwerpunkt, u.a. auf Kompetenzen für Lehrende.