Hoffnungen und Herausforderungen beim Anerkennen von Kompetenzen

18.08.2023, Text: Lucia Paar, Redaktion/CONEDU
Einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt schaffen: Ein Ziel, das in der Diskussion rund um den Fachkräftemangel an Aufmerksamkeit gewinnt.
Auf einem Türschild steht: HELP WANTED
Das Anerkennen von Kompetenzen soll dazu beitragen, den Fachkräftemangel zu entschärfen.
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Durch den Pensionsantritt der Baby-Boomer-Generation und dem demografischen Wandel stehen in Europa immer weniger Arbeitskräfte zur Verfügung. Bereits 2019 hatten 77% der europäischen Unternehmen Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden (Eurofund-Erhebung 2019). Im Jahr 2021 bestätigte die European Labour Authority den Mangel in zahlreichen Berufen.

 

Diese Entwicklung ist auch in Österreich zu beobachten. Das zeigt sich nicht zuletzt an einer Rekordliste von Mangelberufen: 100 bundesweite und 58 regionale Mangelberufe sind im Jahr 2023 aufgelistet. Lösungsansätze sieht die Europäische Kommission u.a. in der Erwachsenenbildung. Dabei spielen Weiterbildungen und Umschulungen eine zentrale Rolle (siehe auch Beitrag "Nachrichten-Serie zum EU-Jahr der Kompetenzen 2023"). Geplante Maßnahmen im Rahmen des EU-Jahres zielen darauf ab, insbesondere Drittstaatsangehörige mit den notwendigen Kompetenzen anzuwerben. Dies soll durch bessere Lernangebote, erhöhte Mobilität und die reibungslose Anerkennung von Qualifikationen erreicht werden.

Besserer Zugang zum Arbeitsmarkt durch Validierung – unter bestimmten Voraussetzungen

Das Anerkennen von Qualifikationen soll also dazu beitragen, den Fachkräftemangel zu entschärfen. Denn wenn Qualifikationen offiziell und auch von Arbeitgebenden und Weiterbildungsinstituten anerkannt werden, lässt sich der Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern. Auf Seite der Arbeitnehmenden kann das zudem zu mehr Teilhabe beitragen und die Chancen auf eine Arbeit, die den eigenen Qualifikationen entspricht, steigern – das spielt gerade für Menschen mit im Ausland erworbenen Qualifikationen eine Rolle. Denn diese arbeiten häufig in Jobs, für die sie überqualifiziert sind. Validierung unterstützt außerdem dabei, passgenauer im Bildungssystem anschließen zu können, sowie jene Kompetenzen beruflich verwertbar zu machen, die Personen außerhalb von Schule oder Universität erworben haben.

 

Damit diese Vorteile aber auch eintreten können, sind verschiedene Voraussetzungen notwendig. Z.B. spielt die Kompetenz des Validierungspersonals eine Rolle – besonders in Validierungs- und Anerkennungsverfahren, die sich auf sehr spezifische Berufe oder Einsatzbereiche beziehen. Wer in Anerkennungsverfahren mit Migrant*innen arbeitet, ist außerdem vielfach in den sprachlichen und kulturellen Kompetenzen gefordert (siehe dazu auch Beitrag "Internationaler Überblick zu Verfahren und Instrumenten der Kompetenzfeststellung im beruflichen Kontext" im Magazin erwachsenenbildung.at).

 

Eine entscheidende Rolle spielt außerdem die Frage, wie schwierig und langwierig Anerkennungsverfahren sind. Komplexe Verfahren, hohe Zugangshürden und eine mangelnde Anerkennungskultur können den realen Nutzen schmälern.

Konfliktmanagement und Stressresistenz – wie Schlüsselkompetenzen sichtbar machen?

Wenn es um die Anerkennung von Qualifikationen geht, geht es auch schnell um die Frage, wie man neben formalen Qualifikationen auch sogenannte Schlüsselkompetenzen oder Soft Skills sichtbar machen und anerkennen kann. Das beschäftigt auch Unternehmen in Hinblick auf den Fachkräftemangel, wie beispielsweise das Fachkräfteradar 2022 (PDF) für Österreich zeigt: Auf die Frage, ob bzw. in welche Kompetenzen sich Unternehmen externen Unterstützungsbedarf für die Kompetenzfeststellung wünschen, antworteten mehr als die Hälfte der Befragten, dass sie dies für soziale Kompetenzen sehr bzw. eher wichtig finden. Zum Vergleich – für die Messung von fachlichen bzw. digitalen Kompetenzen waren das 43,9% bzw. 29,1%.

 

Auch Validierungsexpert*innen befassen sich immer wieder mit der Frage, wie "weiche" Kompetenzen sichtbar gemacht und anerkannt werden können. Ganz aktuell hat sich beispielsweise auch das Projekt "Validation of Transversal Skills across Europe" damit beschäftigt – das Projektteam spricht hier von sogenannten "transversalen Kompetenzen".

 

Das Projektteam – unter der Leitung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung über die Agentur für Bildung und Internationalisierung – hat einen Rahmenplan für transversale Kompetenzen (PDF) entwickelt, in dem die Kompetenzen beschrieben und definiert werden. Eine Datenbank listet außerdem verschiedene Methoden, die in Europa verwendet werden, um transversale Kompetenzen sichtbar zu machen und anzuerkennen.

 

Das Projekt gibt darüber hinaus auch einen Anstoß zur Weiterentwicklung der Validierung in Österreich: U.a. soll es Teil des nationalen Umsetzungsplans der Osnabrücker Erklärung zur Beruflichen Bildung in Europa von 2020 werden.

Validierung in Österreich: Kurz zusammengefasst

Vor allem für Migrant*innen und Personen, die weniger hoch qualifiziert sind, gibt es in Österreich bzw. unter österreichischer Beteiligung bereits einige Initiativen zur Validierung. Neben den Anlaufstellen für Personen mit im Ausland erworbenen Qualifikationen (AST) gibt es z.B. weitere Initiativen, die auch die Validierung von informell und non-formal erworbenen Kompetenzen fördern (siehe z.B. auch Beitrag "Wie das Anerkennen von Kompetenzen gelingt"). Seit 2017 gibt es zudem vom Bildungsministerium eine Österreichische Validierungsstrategie (PDF).

Weitere Informationen:
Quelle: EPALE E-Plattform für Erwachsenenbildung in Europa

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