Soft Skills gewinnen in europäischen Unternehmen an Bedeutung

15.01.2024, Text: Lucia Paar, Redaktion/CONEDU
Die Eurobarometer-Umfrage zum Arbeitskräftemangel in der EU zeigt, welche Herausforderungen und Lösungen die Unternehmen sehen und welche Kompetenzen gefragt sind.
Vier Personen fügen vier große Puzzle-Teile zusammen.
81% der Befragten in Österreich sagen, dass Soft Skills, wie etwa Teamfähigkeit und Kommunikation, zukünftig noch wichtiger werden.
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Der Arbeitskräftemangel ist eine große Herausforderung für die gesamte EU und einer der Gründe, wieso die EU das Jahr 2023 (und 2024) zum Europäischen Jahr der Kompetenzen erklärt hat. Im Rahmen des EU-Jahres hat die Europäische Kommission nun auch eine Eurobarometer-Umfrage veranlasst und Unternehmen europaweit befragt. Die Umfrage gibt Aufschluss darüber, wo in europäischen Unternehmen Arbeitskräftemangel herrscht, welche Kompetenzen gefragt sind und welche Herausforderungen und Lösungsansätze die Unternehmen sehen.

Soft Skills gewinnen an Bedeutung und sind in Österreich überdurchschnittlich wichtig

Im EU-Durchschnitt geben 82% der Befragten an, dass es für ihr Unternehmen sehr wichtig ist, Arbeitnehmer*innen mit den richtigen Kompetenzen zu haben. In Österreich sagen sogar 96% der befragten Unternehmen, dass dies von großer Bedeutung ist – kein anderes EU-Land hat einen höheren Wert.

Bei der Frage, welche Kompetenzen denn zukünftig an Bedeutung gewinnen werden, geben etwa 68% der Befragten innerhalb der EU an, dass Soft Skills in Zukunft sehr viel wichtiger oder etwas wichtiger werden. Hierunter fallen Fähigkeiten wie Flexibilität, Teamfähigkeit, Kommunikation und kritisches Denken. "Digital Skills", also Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Technologien, werden für 62% sehr viel oder etwas wichtiger. An dritter Stelle stehen "Hard Skills", also etwa technische Fähigkeiten, die für 47% der Befragten wichtiger werden. "Grüne Kompetenzen", d.h. Kompetenzen, die für die Ökologisierung der Geschäftstätigkeit erforderlich sind, werden für 42% sehr viel oder etwas wichtiger.

Bei den Befragten in Österreich stehen Soft Skills mit Abstand an erster Stelle: 81% sagen hier, dass Soft Skills viel oder etwas wichtiger werden. Nur in Portugal (92%) und Zypern (89%) ist die Zustimmung noch höher. 57% der Befragten in Österreich sagen auch, dass digitale Kompetenzen wichtiger werden. An dritter und vierter Stelle folgen Hard Skills (51%) und Green Skills (45%).

Fast die Hälfte der österreichischen Befragten fände einfachere Anerkennungsverfahren für Qualifikationen hilfreich

Mehr als drei Viertel der Befragten geben an, dass es sehr oder mäßig schwierig ist, Arbeitskräfte mit den richtigen Kompetenzen zu finden. In Österreich liegt dieser Wert mit 88% über dem Durchschnitt. Nur in Kroatien (89%) und der Slowakei (90%) wird die Situation als noch schwieriger eingeschätzt.

Die Unternehmen wurden auch gefragt, was ihnen helfen würde, um Arbeitskräfte mit den erforderlichen Kompetenzen zu finden. 57% der Befragten geben an, dass eine bessere Zusammenarbeit mit der öffentlichen Arbeitsmarktverwaltung sehr oder mäßig hilfreich wäre. 48% sagen, dass bessere Instrumente zur Bewertung der Fähigkeiten der Bewerber*innen sehr oder mäßig hilfreich wären. Fast ebenso viele (47%) geben an, dass bessere Instrumente zur Bewertung des Kompetenzbedarfs ihres Unternehmens hilfreich wären. 39% der Befragten halten auch einfachere Verfahren zur Anerkennung von im Ausland erworbenen Qualifikationen für sehr oder mäßig hilfreich.

In Österreich ist der Anteil derer, die einfachere Anerkennungsverfahren für im Ausland erworbene Qualifikationen für unterstützend halten, sogar noch höher: 47% der Befragten geben an, dass vereinfachte Verfahren hilfreich wären. Damit wird dieser Aspekt in Österreich am zweithäufigsten genannt. An erster Stelle steht – wie auch im EU-Durchschnitt – die Einschätzung, dass eine bessere Zusammenarbeit mit der öffentlichen Arbeitsmarktverwaltung helfen würde (59%). An dritter Stelle nennen die Befragten vereinfachte Verfahren für die Einstellung von Bewerber*innen außerhalb der EU (45%), sowie an vierter Stelle bessere Instrumente zur Einschätzung der Kompetenzen der Bewerber*innen (39%) und zur Einschätzung des Kompetenzbedarfs des Unternehmens (39%).

Zeit für Weiterbildung zu finden, ist für Unternehmen schwierig

Die Unternehmen wurden dazu befragt, welchen Herausforderungen sie sich bei der Weiterbildung ihrer Mitarbeiter*innen gegenüber sehen. Hier gibt die Hälfte der befragten Unternehmen an, dass es sehr oder mäßig schwierig ist, Zeit für die Teilnahme an Weiterbildungen zu finden. 36% finden es sehr oder mäßig schwierig, geeignete Weiterbildungsmöglichkeiten für ihre Mitarbeiter*innen zu identifizieren. Ebenfalls 36% finden es schwierig, die Weiterbildung der Mitarbeiter*innen zu finanzieren, wobei der Anteil derer, die dies als sehr schwierig empfinden (13%), geringer ist als der Anteil derer, die dies als mäßig schwierig empfinden (23%). 33% finden es auch sehr oder mäßig schwierig, den Weiterbildungsbedarf des Personals einzuschätzen.

In Österreich ist die Einschätzung dieser Herausforderungen im Vergleich zum EU-Durchschnitt etwas geringer: 49% der Befragten in Österreich geben an, dass es schwierig ist, Zeit für die Weiterbildung der Mitarbeiter*innen zu finden, 31% finden es schwierig, geeignete Weiterbildungsangebote zu identifizieren. Nur 22% haben Probleme mit der Finanzierung und 24% mit der Ermittlung des Weiterbildungsbedarfs.

Über die Eurobarometer-Umfrage

Im Mai 2023 führte das europäische Zentrum „Ipsos European Public Affairs“ im Auftrag der Europäischen Kommission die Eurobarometer-Umfrage mittels Interviews durch. Befragt wurden kleine und mittlere Unternehmen (KMU) aus dem verarbeitenden Gewerbe, dem Einzelhandel, dem Dienstleistungssektor und der Industrie innerhalb der EU.

Die Interviews wurden mit Entscheidungsträger*innen (z.B. Geschäftsführer*innen, CEOs), mit für kaufmännische Aufgaben verantwortlichen Personen (z.B. kaufmännische Leiter*innen, Verkaufsleiter*innen, Marketingleiter*innen) oder mit Rechtsreferent*innen der Unternehmen geführt. Alle Interviews erfolgten per computergestützter Telefonbefragung. Die Stichprobe (insgesamt 12.909 Interviews) wurde aus einer internationalen Unternehmensdatenbank nach Unternehmensgröße und Wirtschaftssektor ausgewählt.

 

Nachrichten-Serie: Erwachsenenbildung im Europäischen Jahr der Kompetenzen

Die Europäische Kommission rief 2023 bzw. 2024 zum "Europäischen Jahr der Kompetenzen" auf. Wir begleiten das Jahr mit der Nachrichtenserie „Erwachsenenbildung im Europäischen Jahr der Kompetenzen“. Sie bündelt Beiträge, die sich dem EU-Jahr und aktuellen Fragen rund um Kompetenzen für die Zukunft widmen.

Weitere Informationen:
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