Öffentliche Bibliotheken als Bildungs- und Kulturzentren

03.01.2019, Text: Christine Bärnthaler, Redaktion/CONEDU
Die Arbeit in öffentlichen Bibliotheken wird großteils ehrenamtlich erbracht. BibliothekarInnen leisten wichtige Bildungsarbeit für Menschen aller Altersgruppen. In Österreich gibt es ab 2019 ein neues Ausbildungscurriculum für sie.
"Wir haben gelernt, uns nicht mehr zu verstecken. Die Bibliotheken zeigen was sie können und wie wichtig sie sind", sagt Bibliothekarin Knoll-Nechutny.
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Es gibt sehr unterschiedliche Gründe, warum Menschen sich ehrenamtlich in einer öffentlichen Bibliothek betätigen, so die Bibliothekarin und Trainerin Andrea Knoll-Nechutny. "Manche suchen Anschluss in der Gemeinde, weil sie z.B. gerade hergezogen sind. Manche möchten der Gesellschaft etwas zurückgeben oder ihr Wissen teilen. Aber die meisten lieben eben auch Bücher und fühlen sich deshalb in der Bibliothek zu Hause."

 

Bibliothekarisches Personal in Österreich ist weiblich und arbeitet ehrenamtlich

Rund 80% der öffentlichen Büchereien in Österreich werden ehrenamtlich oder nebenberuflich und überwiegend von Frauen betreut. Die 9.270 MitarbeiterInnen leisteten 2017 über 45.000 Arbeitsstunden. 12-14% der Gesamtbevölkerung nutzen öffentliche Bibliotheken mindestens einmal jährlich. Rund zehn Millionen bereitgestellte Medien führen zu mehr als 22 Millionen Entlehnungen.

 

Die Büchereien befinden sich meist in kleineren Gemeinden und ländlichen Gebieten sowie in Betrieben und Sozialeinrichtungen. Sie bieten insbesondere für nicht mobile Personen, Kinder und ältere Menschen und zunehmend auch für Menschen mit Migrationshintergrund im ländlichen Raum einen wichtigen Zugang zu Information, Bildung und Kultur.

 

Ein umfassendes und trendorientiertes Ausbildungsangebot - auch für Ehrenamtliche

BibliothekarInnen können in Österreich auf ein sehr gutes Ausbildungsangebot zugreifen. Der Büchereiverband Österreichs bietet gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Erwachsenenbildung (bifeb) Aus- und Fortbildungslehrgänge für nebenberufliche und ehrenamtliche MitarbeiterInnen öffentlicher Bibliotheken mit grundlegenden und trendorientierten Inhalten an. Ab 2019 wird ein neues Curriculum umgesetzt. Es umfasst 172 Unterrichtseinheiten, die in drei Präsenzwochen während eines Zeitraums von ca. eineinhalb Jahren absolviert werden können.

 

Von Alter, Herkunft und Beruf her sind die TeilnehmerInnen der Ausbildung sehr unterschiedlich. Das Geschlecht ist mit über 87% jedoch weiblich. Auch ist die Gruppe der TeilnehmerInnen in den letzten Jahren immer jünger geworden. Der Wissensstand ist sehr unterschiedlich. Manche machen "nur" Ausleihdienste und manche machen auch Bestellung, Veranstaltungen etc. "Aber die Liebe zur Bibliothek haben alle gemeinsam", so Knoll-Nechutny. 2017 hatten 18,6 % der 7.972 ehrenamtlichen BibliothekarInnen eine abgeschlossene bibliothekarische Ausbildung.

 

Bibliotheken sind aufgrund fehlender gesetzlicher Grundlage noch immer "Bittsteller"

17 von 27 EU-Ländern verfügen über kein Büchereigesetz. Laut Knoll-Nechutny ist die rechtliche Absicherung und die damit verbundene Finanzierung noch immer die größte Herausforderung. Es gibt in Österreich kein Bibliotheksgesetz, somit sind Bibliotheken immer noch in einer "Bittsteller"- Position, aus der es herauszukommen gilt.

 

Die fast 1.309 öffentlichen Bibliotheken arbeiten laut Knoll-Nechutny im rechtsfreien Raum, auf freiwilliger Basis ohne abgesicherte Finanzierung. Verwaltung und Betrieb basieren großteils auf Freiwilligenarbeit, daher sind die Entwicklungsbedingungen schwierig und die Nutzungsintensität der Bevölkerung geringer als bei abgesicherter gesetzlicher Grundlage. Dies zeigt sich am Beispiel Finnland, wo der Erhalt von Büchereien in Gemeinden in einem Bibliotheksgesetz festgeschrieben ist, was bewirkt, dass 60% der FinnInnen öffentliche Bibliotheken nutzen.

 

Bibliotheken sind mehr als reine Ausleihstellen

Bibliotheken wollen weg vom immer noch vorhandenen Image der reinen Ausleihstelle. "Wir sind so viel mehr: wir stehen für einen unpolitischen offenen Raum, der niederschwellig allen BürgerInnen zur Verfügung stehen soll. Wir sind DIE Anlaufstelle für Literatur und Informationsmanagement außerhalb der Schule", meint die Bibliothekarin.

 

Laut dem Büchereiverband Österreich (BVÖ) verstehen sich öffentliche Bibliotheken als Bildungszentren und Drehscheibe vielfältiger kultureller Aktivitäten, als Orte der Begegnung und Kommunikation. Menschen aller Altersgruppen, sozialer Schichten und unterschiedlicher kultureller Zugehörigkeit nutzen sie für Dialog und Austausch. Sie ermöglichen allen BürgerInnen den freien Zugang zu Informationen unabhängig ihres sozialen, materiellen, religiösen und ethnischen Status.

 

"Wir haben gelernt, uns nicht bzw. nicht mehr zu verstecken. Die Bibliotheken zeigen was sie können und wie wichtig sie sind. Auch die BibliothekarInnen sind sich ihrer Rolle bewusst und zeigen, wer sie sind und was sie alles leisten," sagt Knoll-Nechutny. Das zeigt sich auch in den vielfältigen Initiativen der Bibliotheken. Es gibt eigene Angebote für Ältere, Kinder und Eltern, aber auch für Trauergruppen, es gibt Beratungen und Lesungen. Es sei eine Freude, dass so viel in den Bibliotheken passiere - auch Dank der ehrenamtlichen MitarbeiterInnen, so Knoll-Nechutny. "Ich finde es einfach unglaublich was und wieviel BibliothekarInnen ehrenamtlich leisten! Und das muss einfach noch mehr in der Gesellschaft ankommen".

 

Andrea Knoll-Nechutny ist Trainerin beim österreichweiten Ausbildungslehrgang für ehrenamtliche und nebenberufliche BibliothekarInnen, Bibliothekarin in Stainz sowie Mitarbeiterin am Lesezentrum Steiermark.

 
 
Weitere Informationen:
 
 
Quelle: EPALE E-Plattform für Erwachsenenbildung in Europa

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