Vertrauensverlust in Politik und Medien: Was kann Erwachsenenbildung tun?
Laut dem SORA Demokratie Monitor 2022 denken nur noch 34 Prozent der Bevölkerung, dass das politische System Österreichs gut funktioniert. 26 Prozent der Menschen stimmen der Aussage, dass es einen starken Führer geben sollte, „sehr“ oder „ziemlich“ zu. Und das Vertrauen in Medien sinkt laut dem Digital News Report Austria 2023: Nur 38,3 Prozent der Menschen stimmen der Aussage zu, dass man den Nachrichtenmedien im Allgemeinen vertrauen kann. Welche sind die Herausforderungen, welche Themen sollte man vermitteln und welchen Auftrag hat die Erwachsenenbildung?
Podiumsdiskussion mit Vertreter*innen aus Politik, Medien und Wissenschaft
Erste Antworten auf diese Fragen erhielten die Teilnehmenden am ersten Abschnitt des Tages im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit Journalist Christian Resch (Salzburger Nachrichten), ORF-Landesdirektorin Waltraud Langer, Kommunikationswissenschaftler Thomas Steinmaurer (Paris Lodron Universität Salzburg) sowie Präsidentin des Salzburger Bildungswerkes und Landesrätin Daniela Gutschi unter der Moderation von Franz Fallend, Leiter des Arbeitskreises "Demokratie und Europa" und Politikwissenschaftler an der Universität Salzburg.
Thomas Steinmaurer brachte dabei zur Sprache, dass klassische Medien zunehmend weniger rezipiert werden, was es schwierig mache, Demokratie zu organisieren. Daraufhin hob Christian Resch die wichtige Rolle der Journalist*innen als „Watchdog“ der Politik hervor. Sie fungieren als öffentliche Kontrolle, die durch Beobachtung und Berichterstattung etwa Missstände aufzeigt oder sich kritisch mit politischen Entscheidungen auseinandersetzt.
Dazu, wie man qualitätsvollen Journalismus erkennt, gibt Waltraut Langer Tipps: „Wenn Medien abwertende Sprache für Andersdenkende nutzen, dann ist das ein Kriterium zu sagen: 'Diesem Medium vertraue ich nicht.‘" Als Herausforderung für Rezipient*innen nannte Landesrätin Gutschi die Informationsflut sowie die Verbreitung von Desinformation, der man unter anderem durch Bildungsarbeit begegnen könne.
Vertreter*innen aus Medien, Politik und Wissenschaft diskutierten zum Thema „Vertrauensverlust in Politik und Medien?“. v.l.n.r.: Christian Resch (SN), Franz Fallend (Salzburger Bildungswerk), Waltraud Langer (ORF), Thomas Steinmaurer (Uni Salzburg). (Alle Rechte vorbehalten: SBW/Land Salzburg/Franz Neumayr)
Workshops zu Fake News, Krisen und Demokratie und „Mitmischen im Ort“ für Erwachsene
Im zweiten Teil der Tagung widmeten sich die Teilnehmenden dem Thema Fake News/Desinformation mit dem ORF-Journalisten Gerhard Rettenegger. Er zeigte Beispiele von Desinformation, wie diese ihren Weg in die Nachrichten finden können und wie man darüber aufklären kann. Franz Fallend zeigte in seinem Workshop, wie Krisen die Demokratie gefährden können und erläuterte, wie durch Krisen vor allem rechte Politik einen Zugewinn machen konnte. Im dritten Workshop stellten drei Mitarbeitende der Gemeindeentwicklung des Salzburger Bildungswerkes ein neues Projekt vor, in dem Erwachsene mit der kommunalen Politik in Kontakt kommen und durch Projekt Arbeit „mitmischen“ sollten.
Resümee und Tipps aus der Arbeit einer Bildungsmanagerin vor Ort
Aus den Diskussionen vor Ort ging hervor, dass sich die örtlichen Bildungswerkleitungen weiterhin mit dem Thema Medien- und politische Bildung auseinandersetzen und Bildungsveranstaltungen zum Thema konzipieren wollen. Eine der ehrenamtlichen Bildungswerkleiterinnen, Rosemarie Gfrerer aus Zederhaus, kann dabei aus ihrer Erfahrung schöpfen. Sie führt in ihrer Gemeinde immer wieder Veranstaltungen zu gesellschaftlich wichtigen Themen wie der Medienbildung durch und gab vor Ort Tipps: „Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, dass die Leute die Hintergründe kennen und verstehen, wie Medien gemacht werden und wissen, welchen Beitrag Social Media zur Meinungsbildung leistet. Nur wenn die Leute aufgeklärt sind, können sie sich eine echte Meinung bilden.“ Für den ländlichen Raum empfiehlt sie, Veranstaltungen durchzuführen, auch wenn politische Themen nicht die Masse ansprechen: „Das Angebot muss niederschwellig und vielfältig sein. Das Thema spricht nicht die Masse an, aber die, die kommen interessieren sich und erfahren Dinge, die sie vorher nicht wussten.“
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