Gemeindegeschichte zugänglich machen

28.11.2022, Text: Melanie Strutzmann, Kärntner Bildungswerk, Redaktion: Doris Rottermanner, Kärntner Bildungswerk/Ring ÖBW
Die Topothek ist eine digitale Plattform, auf der historische Fotos und Dokumente gesammelt werden. Sie ist Basis eines Bildungsprojektes im Kärntner Bildungswerk und hilft, Gemeindegeschichte zu erschließen.
Alte Filmnegative und Schwarz-Weiß-Fotos
Historische Fotos und Dokumente erzählen über Ereignisse in der Region und werden mit der Topothek digital sichtbar.
Foto: Pixabay Lizenz, Monika Schröder, https://pixabay.com/de/users/monika1607-2963260/

Die Topothek als Diskursförderer

Die Topothek "ist ein regionalhistorisches Nachschlagewerk, dessen Schwerpunkt auf der Sicherung und Sichtbarmachung von privatem historischem Material liegt" (Topotheken-Homepage). Einige Länder in Europa haben bereits eine Topothek eröffnet. "Dies ermöglicht einen regionalhistorischen Vergleich historischer Gegebenheiten auf europäischer Ebene, wodurch die Buntheit und die Gemeinsamkeiten des alltäglichen Lebens erfahr- und erlebbar werden. Als virtuelle Sammlung ist die Topothek beliebig erweiterbar, kennt weder Redaktionsschluss noch Seitenumfang", wie Alexander Schatek (Betreuer der Topothek) beschreibt.

 

Auch zahlreiche Gemeinden befüllen bereits ihre Topotheken, wodurch eine Auseinandersetzung mit der Geschichte der verschiedenen Regionen, der einzelnen Gemeinden und deren speziellen Orte entsteht. Um diesen Mehrwert auch für Gemeinden in Kärnten bewusst und nutzbar zu machen, wurde das Topotheken-Begleitprojekt des Kärntner Bildungswerks, in Kooperation mit der Abteilung 3 des Amtes der Kärntner Landesregierung, ins Leben gerufen. Durch dieses Projekt wird die Möglichkeit gefördert über gemeindespezifische und auch gemeindeübergreifende Themen nachzudenken, den Diskurs über Gemeindegrenzen hinweg anzuregen und eine Wiederbelebung vergessener Orte hervorzubringen. 

Topotheken-Begleitprojekt im Kärntner Bildungswerk 

Das Topotheken-Begleitprojekt ist ein Projekt, das aktuell in den vier Kärntner Gemeinden Brückl, Eberstein, Hüttenberg und Klein St. Paul umgesetzt wird und im Zuge dessen es regelmäßige Topothekentreffen geben wird. Dort hat die örtliche Bevölkerung die Möglichkeit, sich aktiv mit eigenen Bildern und Fundstücken aus dem privaten Fundus einzubringen. Das Begleitprojekt unterstützt die Gemeinden beim Aufbau von Gemeindetopotheken, regt die Bevölkerung zur Mitarbeit und Diskussion zu ausgewählten Themen des Tals an und motiviert Akteur*innen, über Nutzungsideen der Topothekenbestände für weiterführende Veranstaltungen und Projekte nachzudenken und diese umzusetzen.

 

Außerdem arbeiten hier die vier Gemeinden interkommunal zusammen, wodurch  Themen zur Diskussion gestellt werden, die einzelne Gemeinden betreffen, genauso aber auch gemeindeübergreifende Zusammenhänge behandelt werden können.

 

Mit diesem Projekt wird der Aufbau von Internet-Dokumentationen auf der Grundlage von Topotheken zur jüngeren Geschichte der Görtschitztalgemeinden unterstützt und begleitet. Topotheken sind Online-Plattformen, auf denen das private  Kulturgut, Fotos, Filme, Tonaufnahmen und Schriftstücke, der Bevölkerung, der Vereine und der Betriebe erschlossen, gesichert und für die ganze Gemeinde sichtbar gemacht werden. Der Aufbau von Topotheken erfolgt durch die aktive Mitarbeit der örtlichen Bevölkerung und wird von den jeweiligen Topothekar*innen in den einzelnen Gemeinden unterstützt.

Ziele und Nutzen des Topotheken-Begleitprojekts

  • Die Topothek bietet eine moderne, lebendige Form der Dokumentation von kulturgeschichtlichen Themen der Gemeinden im Tal und dies für Jung und Alt, für private Personen genauso wie für Vereine.
  • Die interkommunale Zusammenarbeit der vier Gemeinden sowie der Menschen, die hier leben, wird durch die Aktivitäten, durch Treffen und den moderierten Austausch stark gefördert. Im Vordergrund steht der Austausch, nicht eine vollständige Erhebung von Datenmaterial.
  • Das Bewusstsein der Gemeinden, seiner Kulturvereine, Tourismusbetriebe und Einzelpersonen für das gemeinsame, gemeindeübergreifende kulturelle Kapital des Tales wird gestärkt.
  • Die Topotheken bzw. die gemeinsame Arbeit daran können das Kulturleben beleben, die Kommunikation sowie das Miteinander in und zwischen den Gemeinden fördern und die Identifikation mit den Ortschaften stärken.

Was kann die Topothek?

Die Topothek hat wie Alexander Schatek beschreibt, das Ziel, "das historische Erbe Europas digitalisiert über das Web verfügbar zu machen" und jene Inhalte können dann mit Schlagworten einem Datum oder Blickwinkel auf einer geografischen Karte dargestellt werden. Durch eine Kategorisierung nach Schlagwörtern (im Bereich der digitalen Archivierung "Verschlagwortung" genannt), wird die Suche nach konkreten Bildern, Postkarten oder Dokumenten erleichtert.

 

"Die facettenreiche Geschichte einer Gemeinde braucht ein zeitgemäßes Gefäß: Dort, wo die Fülle der Bilder den Rahmen von Museum und Ortschronik sprengt, wo Material, Dokumente und Wissen verstreut sind, ist die zusammenführende Funktionalität einer Datenbank gefragt. Ständig erweiterbar, mit Suchfunktion, Verknüpfungen und Verortungen. Nur regionale Kräfte können die örtliche Geschichte umfassend und detailliert sichern. Daher ist das Prinzip der Topotheken, dass ihre Betreuer, die Topothekar*innen, in der Gemeinde verankert sind. Sie können durch ihre Vertrautheit mit den örtlichen Gegebenheiten die regional relevanten Fragen stellen, historische Quellen auffinden und mit ihrer Ortskenntnis die Einträge hochwertig beschlagworten und verorten" (Alexander Schatek von der Topothek).

Welche Inhalte sind im Begleitprojekt verankert?

Das Begleitprojekt des Kärntner Bildungswerks unterstützt die Topothekar*innen in ihrer Aufgabe, die Bevölkerung zur Mitarbeit zu motivieren, die Topothekenbestände zu erweitern, die Beschäftigung mit den veröffentlichten Objekten anzuregen und Nutzungsideen für weiterführende Veranstaltungen und Projekte zu entwickeln.

 

Im Rahmen von Topothekentreffen wird die Bevölkerung in den Gemeinden zu einem regelmäßigen Zusammenkommen eingeladen, bei dem die bereits erschlossenen Bestände vorgestellt, und um zusätzliche Dokumente, das Wissen der Bevölkerung und die Erinnerung von Zeitzeugen ergänzt werden. Fallweise werden Historiker*innen dazu eingeladen, über den Aussagewert dieser Dokumente im Kontext der Geschichte des Görtschitztales zu informieren. Ein gegenseitiger Austausch und die Diskussion über Themen, die im Tal relevant sind stehen hierbei im Fokus. Die Topothek bietet dabei die Möglichkeit, Dokumente zu diversen Themen zu präsentieren und in vergangene wie auch aktuelle Ereignisse einzutauchen.

 

Ein Teil der Treffen wird online durchgeführt, um auch abgewanderten Görtschitztaler*innen die Mitarbeit an der Topothek ihrer Herkunftsgemeinde zu ermöglichen und so die Verbindung zur Heimatgemeinde zu unterstützen.

 

Wenn die Topotheken schon gut gefüllt sind, werden Vereinsverantwortliche und Ortsgeschichts-Interessent*innen zu Projektwerkstätten eingeladen, bei denen die Nutzung der Topothekenbestände für Ausstellungen, Zeitzeug*innen-Veranstaltungen und sonstige ortsgeschichtliche Projekte entwickelt werden. Für die Gemeinden ist es entscheidend, dass diese Projekte nicht statisch sind, sondern diese weiterleben und für die Zukunft genutzt werden können. Genau das wird bei diesem Projekt angestrebt, denn in weiterer Folge können aus den digitalisierten Materialien weitere Ideen für Projektumsetzungen erarbeitet werden.

Langfristige Nutzung für die Gemeinden

Das Topotheken-Begleitprojekt bietet zusammenfassend mehr als nur das Sammeln von historischen Dokumenten oder Fotos. Es geht darüber hinaus und begünstigt einen intensiven Austausch in den Gemeinden. Hier können die themenspezifischen Treffen inspirierend wirken und so das gemeinsame Zusammenarbeiten anregen.

 

Die Topothek ist jener Stein, der diesen Prozess ins Rollen bringen kann. Durch die interkommunale Zusammenarbeit der Gemeinden und der örtlichen Bevölkerung können viele Folgeprojekte entstehen, die wiederum den Dialog und das Zusammenkommen fördern, die Bevölkerung zu Mitgestalter*innen des eigenen Lebensumfeldes motivieren, die Identität mit der eigenen Herkunft stiften können und dadurch zur langfristigen Bereicherung für Gemeinde und Bevölkerung beitragen können. 

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