Kompetenzbedarfe vorhersagen: Zugänge aus und für Österreich

05.07.2018, Text: Birgit Aschemann, Redaktion/CONEDU
Vorhersagen des Kompetenzbedarfs sind potenziell sehr nützlich - sofern sie valide sind und auch genutzt werden. Wie macht das Europa, und wie macht es Österreich?
Vorhersagen des Kompetenzbedarfs werden in der europäischen Erwachsenenbildung mit hoher Priorität diskutiert.
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Wozu Kompetenz-Prognosen

In aktuellen westlichen Industrienationen ist die gesellschaftliche Teilhabe in der Praxis eng mit der Teilhabe am Arbeitsmarkt verbunden. Daher ist es oft ein beruflicher Anlass, der Erwachsene zum Lernen motiviert. Wo individuelle (Weiter-)Bildung der Wirtschaft oder der Employability dient, ist wichtig, dass Lernen nicht ins Leere läuft: man will Fähigkeiten erwerben, die am Arbeitsmarkt nachgefragt sind. Vorhersagen künftiger Qualifikationsbedarfe werden daher in der europäischen Erwachsenenbildung mit hoher Priorität diskutiert. Solche Vorhersagen entstehen zwar aus volkswirtschaftlichen Motiven, sie können aber auch individuelle Enttäuschungen vermeiden helfen.

 

Ein breiter Kompetenzen-Mix ist wichtig

Für nationale Qualifikationsprognosen bietet die OECD eine Reihe von Hilfestellungen, und auch bei CEDEFOP kann auf aktuelle länderspezifische Vorhersagen zugegriffen werden. Der OECD Skills Outlook 2017 untersuchte in einer neuen Form der empirischen Analyse den Zusammenhang zwischen Kompetenzen und nationalen Wettbewerbsvorteilen. Zwei Charakteristika des nationalen Arbeitskräftepools stellten sich dabei als wichtig: einerseits der richtige nationale Skills Mix (Qualifikationszusammensetzung der Arbeitskräfte) und andererseits der Pool entsprechend qualifizierter Arbeitskräfte. Breite Qualifikationen sind wichtig und bedeuten einen Mix aus Grundkompetenzen, Fachkompetenzen und Sozialkompetenzen - so eine zentrale Erkenntnis. Ländern wie Österreich (aber auch Dänemark und Norwegen) empfiehlt die OECD, einen stärkeren Mix zu entwickeln.

 

Gute Praxis in der Qualifikationsprognose

Auch die ET2020-Arbeitgruppe zur Erwachsenenbildung hat sich im Herbst 2017 mit dem Thema befasst. ExpertInnen aus 11 Ländern diskutierten in Warschau erfolgversprechende Wege der "skills intelligence" und „skills anticipation" auf Policy-Ebene. Eine der umfangreichsten Arbeitsmarktstudien Mittel- und Osteuropas stammt aus Polen. Sie zeigte vorbildliche Wege der Informationsgewinnung – aber auch, wie schwierig es ist, die Ergebnisse für die Praxis nutzbar zu machen. Einige europäische Länder sind dazu übergegangen, prognostische Instrumente mit dem jeweiligen Nationalen Qualifikationsrahmen zu verbinden und wichtige Trends laufend in Sektorgruppen zu diskutieren.

 

Wie macht das eigentlich Österreich?

In Österreich erstellt das Arbeitsmarktservice wichtige nationale Prognosen des Kompetenzbedarfs bzw. beauftragt sie beim Institut für Wirtschaftsforschung. Im online zugänglichen AMS-Qualifikationsbarometer werden Trends zur Nachfrage in den Berufen öffentlich zugänglich und nutzbar gemacht. Die prognostische Perspektive ist dabei kurzfristig, weil die aktuelle Arbeitskräftenachfrage als Basis dient.

 

Die aktive Sozialpartnerschaft in Österreich unterstützt außerdem seit 2009 eine gemeinsame Kompetenz-Vorschau im Standing Committee on New Skills. Im Rahmen des „Standing Committee" werden jährlich ExpertInnengruppen eingesetzt, die für verschiedene Branchen die Qualifizierungsbedarfe identifizieren. Empfehlungskataloge sind ein Output dieser Gruppen.

 

Was sagen die EU-Prognosen für Österreich?

Laut CEDEFOP-Prognose bis 2025 haben höher Qualifizierte in Österreich (wie üblich) bessere Beschäftigungsprognosen als gering Qualifizierte. Das größte quantitative Arbeitsmarktpotenzial besteht jedoch für mittel Qualifzierte (ISCED 3-4). Wachstums-Trends werden in der Prognose des CEDEFOP-Skills Panoramas für den Dienstleistungssektor und für den IKT-Bereich, aber auch für den Bildungsbereich ausgewiesen. Diese Trends zeigen sich teilweise jetzt schon in der Arbeitskräftenachfrage laut Qualifikationsbarometer.

 

Allerdings bescheinigt die OECD Österreich aktuell einen digitalen Lernbedarf. Im letzten veröffentlichten OECD Economic Survey für Österreich (2017) heißt es: "Austria's transition to a digital economy and society is progressing but is slower than in the most advanced economies". Die verwendeten Daten von 2016 zeigen: bei digitalem Problemlösen und digitalem Fachwissen liegt noch ein Lernweg vor uns. Die Digital Roadmap für Österreich mit ihren geplanten Umsetzungsschritten kam 2017 zur rechten Zeit und weist der Erwachsenenbildung eine wichtige Rolle zu.

Weitere Informationen:
Quelle: EPALE E-Plattform für Erwachsenenbildung in Europa

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