Rechnungshof empfiehlt Änderungen bei der Bildungskarenz

06.07.2023, Text: Marion Kirbis, Redaktion/CONEDU
Der österreichische Rechnungshof spricht sich dafür aus, Inhalte und Umfang von Weiterbildung während der Bildungskarenz stärker zu regulieren.
Zwei Personen mit Laptop, Stift und Papier, die an einem Tisch arbeiten
Der Rechnungshof hat bei seiner Prüfung auch die Bildungskarenz und -teilzeit miteinander verglichen.
Foto: Pexels Lizenz, Sora Shimazaki/, https://www.pexels.com/@sora-shimazaki/

Der österreichische Rechnungshof hat letztes Jahr die arbeitsmarktpolitischen Instrumente der Bildungskarenz und der Bildungsteilzeit überprüft. Das Ergebnis der Überprüfung von Mai bis August ist der 86-seitige Bericht "Bildungskarenz". Laut diesem sei eine Weiterentwicklung in mehreren Punkten notwendig.

 

Zusammenfassend: Der Rechnungshof erkenne das Potenzial der Bildungskarenz an, bildungsinteressierten Personen eine finanzielle Absicherung während der Aus- bzw. Weiterbildung zu bieten, das individuelle Fortkommen auf dem Arbeitsmarkt zu unterstützen und einen gesellschaftlichen Nutzen für Wirtschaftsstandorte zu schaffen, heißt es im Bericht. Doch er schätzt die Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung als zu gering ein. Dadurch würde die Bildungskarenz auch für arbeitsmarktpolitisch wenig relevante Kursangebote und mit öffentlichen Mitteln finanzierte Arbeitsauszeiten genutzt werden.

Bildungskarenz deutlich teurer als Bildungsteilzeit

Die Bildungskarenz soll Menschen, die bereits in Beschäftigung stehen, die Aus- und Weiterbildung ermöglichen und ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöhen. Während der Karenz erhalten sie Weiterbildungsgeld aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung. Für die Abwicklung ist das Arbeitsmarktservice (AMS) verantwortlich. Die Ausgaben hierfür waren 2021 mit rund 295,7 Millionen Euro (inkl. Sozialversicherungsbeiträgen) fast dreimal so hoch wie noch 2010. Die durchschnittlichen Teilnahmezahlen verdoppelten sich seit 2010 auf rund 14.000 Personen im Jahr 2021.

 

Das AMS gab 2021 rund 195,5 Mio. Euro an Weiterbildungsgeld (sowie 100,3 Mio. Euro an Sozialversicherungsbeiträgen und Krankengeld) für Personen in Bildungskarenz aus. Im Vergleich dazu wurde für das Bildungsteilzeitgeld mit 17 Mio. Euro (sowie 7,1 Mio. Euro für Sozialversicherungsbeiträgen und Krankengeld) weit weniger fällig.

Rechnungshof für stärkere Regulierung bei zeitlichen und inhaltlichen Anforderungen

Eine Voraussetzung für den Bezug des Weiterbildungsgeldes ist die Teilnahme an Weiterbildungsmaßnahmen in einem bestimmten Stundenausmaß. Hier wird bemängelt, dass die Art der Weiterbildungsmaßnahmen nicht gesetzlich definiert ist. Während für Studien Leistungsnachweise erbracht werden müssen, werden für Kurse nicht immer Teilnahmebestätigungen verlangt. Der Rechnungshof gibt daher die Empfehlung ab, die gesetzlichen Bestimmungen zu überarbeiten.

 

Auch die inhaltlichen Anforderungen werden als zu gering eingestuft. Es brauche eine klare Ausrichtung auf Weiterbildungen, die die Position der Beziehenden auf dem Arbeitsmarkt tatsächlich verbessern, so der Rechnungshof.

Einkommen und Beschäftigungsquote

Weiters kommt er zu dem Ergebnis, dass die Beschäftigungsquote nach der Bildungsteilzeit tendenziell höher liegt als nach der Bildungskarenz. Im Durchschnitt waren ein Jahr nach der Bildungsteilzeit 85% der Personen in Beschäftigung (84% nach drei Jahren). Bei der Bildungskarenz fiel der Wert mit 72% nach einem Jahr (78% nach drei Jahren) geringer aus. Auch ihre Einkommensentwicklung war günstiger als bei der Bildungskarenz: Drei Jahre nach der Bildungsteilzeit verdienten 66% der Personen mehr. 53% hatten nach der Bildungskarenz im Schnitt ein höheres Einkommen.

 

Angesichts des Ergebnisses, dass sich das Einkommen von zwei Drittel der Personen jedoch binnen einem Jahr nach der Karenz nicht verbessert hat, gibt der Rechnungshof zu bedenken, dass der Ausstieg aus der Arbeitstätigkeit im Zuge der Bildungskarenz auch negative Auswirkungen auf die Arbeitsmarktposition der Betroffenen haben kann.

Bildungskarenz habe häufiger die Elternkarenz "verlängert"

2021 machten Frauen drei Viertel der Beziehenden des Weiterbildungsgeldes aus, was einer Verdreifachung des Frauenanteils seit 2010 entspricht. Sie bezogen im Durchschnitt mehr Weiterbildungsgeld (12.050 Euro) als Männer (8.074 Euro), da sie laut Rechnungshofbericht länger in Bildungskarenz sind. 

 

Ab 2017 wurde die Bildungskarenz zunehmend an die Elternkarenz angeschlossen: Die Anzahl der Personen, die direkt nach der Elternkarenz in Bildungskarenz ging, verzehnfachte sich innerhalb von nur vier Jahren. 99 Prozent von ihnen (7.172 Personen) waren Frauen. Laut dem Bericht des Rechnungshofs warben Kursanbietende vermehrt unter dem Slogan "Baby-Pause-Verlängern" mit der finanziellen Unterstützung des AMS aus öffentlichen Mitteln für ihr Geschäftsmodell. Dem Rechnungshof zufolge lockten sie mit einem (Online-)Kursprogramm, das mit geringem Aufwand neben der Kinderbetreuung besucht werden konnte.

 

Der Rechnungshof verweist auch hier erneut auf die aus seiner Sicht zu niedrigen Anforderungen an die Inhalte der Weiterbildung und ihre geringe Wirkung auf die Arbeitsmarktchancen und empfiehlt erneut, angepasste Weiterbildungsverpflichtungen gesetzlich festzulegen.

Weitere Informationen:

Quelle: EPALE E-Plattform für Erwachsenenbildung in Europa

Verwandte Artikel