Neues Curriculum im 13. Ausbildungslehrgang Basisbildnerin/Basisbildner

06.10.2022, Text: Ondrej Lastovka, Bundesinstitut für Erwachsenenbildung (bifeb)
Am diesjährigen Internationalen Weltalphabetisierungstag startete am Bundesinstitut für Erwachsenenbildung der Lehrgang im neuen Gewand. Wodurch unterscheidet sich nun das neue Curriculum von seinem Vorgänger?
Peer-Gruppe, Lernende
Im Lehrgang Basisbildnerin / Basisbildner des bifeb spielt Peer-Lernen eine wichtige Rolle.
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Am 8. September 2022 startete am Bundesinstitut für Erwachsenenbildung in St. Wolfgang bereits der 13. Ausbildungslehrgang Basisbildnerin / Basisbildner. Diese einjährige von der Initiative Erwachsenenbildung (IEB) anerkannte Ausbildung im Umfang von 16,5 ECTS-Punkte (wba) stellt einen der möglichen Wege in den Beruf als Basisbildnerin / Basisbildner dar. Erstmalig orientiert sich das Curriculum am Anfang April 2022 vorgestellten Qualifikationsprofil Basisbildner*in. Das neue Curriculum steht in diesem Artikel im Rampenlicht, wobei die besonderen Neuerungen im Curriculum präsentiert und im Vergleich mit dem bisherigen Curriculum diskutiert werden.

 

Die wesentliche Anpassung kann im neuen Curriculum auf drei Ebenen verzeichnet werden:

  • Leitende Prinzipien des Ausbildungslehrgangs
  • Ziele des Ausbildungslehrgangs
  • Inhalte der 10 Workshopsblöcke

 

Außerdem wird im Ausbildungslehrgang mehr Wert auf kollaboratives und autonomes Lernen gelegt. Die Anzahl an Unterrichtseinheiten im Selbststudium ist im Vergleich zum 12. Lehrgang um ein Drittel auf 100 Unterrichtseinheiten gestiegen. Ebenso wächst die Bedeutung des Peer-Lernens, bzw. kollaborativen Lernens. Das Wissen, Verstehen und Tun als Ergebnisse der Lernprozesse, abgeleitet von den Erkenntnisstufen frei nach B. Bloom (PDF), sind messbar und im Abschlusszertifikat abbildbar.

Mehrsprachigkeit steht als Ressource der Lernenden im Fokus

Die sprachliche Bildung vor dem Hintergrund der lebensweltlichen Mehrsprachigkeit der Lernenden steht neu bei den leitenden Prinzipien an erster Stelle. Statt der allgemein gehaltenen Lernendenzentrierung heißt es nun im Curriculum konkret, dass "individuelle alltags- und berufsbezogene Erfahrungen sowie Sprachkompetenzen in anderen Erstsprachen als Deutsch anerkannt und als Ressource genutzt [werden]" (laut Curriculum).

 

Das Thema der sprachlichen Bildung wird im gesamten Curriculum explizit (zB.: in den Modulen Fachdidaktik Deutsch) oder implizit und modulübergreifend (in den Modulen Didaktische Kompetenz, Fachdidaktik Mathematik) großgeschrieben. Klar definierte generelle Lernergebnisse werden ins Zentrum gestellt, ohne dabei die Notwendigkeit Kompetenzen nachhaltig zu erweitern und aufzubauen aus den Augen zu verlieren.

Leitende Prinzipien: Relevanz von Partizipation, Gender- und Diversitätssensibilität

Nicht unbeachtet bleiben die Besonderheiten und Interessen Erwachsener, indem bei Auswahl von Themen, Materialien, Bildern und Settings die Lebensrealitäten Erwachsener explizit berücksichtigt werden. Außerdem wird im neuen Curriculum die Partizipation Erwachsener im gesellschaftlichen und demokratischen Zusammenleben akzentuiert. Zudem wird auf die präventive Wirkung bewusstseinsbildender Interventionen sowie der diversitäts- und gendersensiblen Bearbeitung von Inhalten und Themen gegen jegliche Diskriminierung und Rassismus gesetzt. Diese leitenden Prinzipien bilden die Grundlage einer gelungenen Basisbildungsarbeit und stellen somit auch leitende Prinzipien und Inhalt des 13. Ausbildungslehrgangs Basisbildnerin / Basisbildner dar.

Anlehnung an neuem Qualifikationsprofil und Schwerpunkt Handlungskompetenz

Die Ziele des neuen Ausbildungslehrgangs wurden wesentlich erweitert und in Anlehnung am Qualifikationsprofil Basisbilder*in im Detail präzisiert. So heißt es nun im Curriculum z.B., dass Ausbildungslehrgangabsolvent*innen ermächtigt werden, "den Teilnehmenden ein fundiertes Wissen über zentrale Themen und Techniken der Basisbildungsarbeit mit Erwachsenen zu vermitteln und sie in der Erweiterung ihrer Kompetenzen für Planung und Praxis zu unterstützen" (laut Curriculum). Gemäß dem Qualifikationsprofil Basisbildner*in werden folgende Zielkompetenzen im Detail ausformuliert:

  1. Bildungstheoretische Kompetenzen
  2. Allgemeine didaktische Kompetenzen
  3. Fachliche und fachdidaktische Kompetenzen
  4. Sozial-kommunikative und personale Kompetenzen

 

Handlungskompetenz und damit die Kompetenz Basisbildungskurse planen, durchführen und evaluieren zu können, steht noch stärker im Fokus. Dies ist im neuen Curriculum auch viel präziser ausformuliert, was den künftigen Lehrenden in der Basisbildung einen Vorteil für einen erfolgreichen Einstieg in den neuen Beruf gibt. Das neue Curriculum im 13. Ausbildungslehrgang Basisbildnerin / Basisbildner übernimmt somit nicht nur die Inhalte aus dem Qualifikationsprofil, sondern berücksichtigt die modernen Erkenntnisse aus den Bereichen der Sprachdidaktik und den digitalen Kompetenzen. Beide finden explizit und implizit Eingang in das neue Curriculum, was noch in einschlägigen Abschnitten erläutert wird.

Sprachen- und Migrationspolitik treten in den Hintergrund

Die Inhalte aus dem Qualifikationsprofil finden Eingang in zehn Workshopblöcke, wobei verglichen mit dem bisherigen Curriculum manche Inhalte stark komprimiert, reduziert, bzw. gar gestrichen worden sind. Andere sind wiederum umfassender geworden.

 

Sprache als Instrument der Entmächtigung / Ermächtigung, aber auch Sprache als kulturelles Konstrukt und ihre Rolle in der Nationalstaatenbildung und im Kolonialismus finden keinen Eingang mehr ins Curriculum. Der Gedanke dabei: Sprachphilosophische Diskurse können im Bereich der politischen Bildung zum Thema werden. Ein Exkurs in die Sprachen- und Migrationspolitik samt dazugehöriger gesetzlichen Rahmenbedingungen hat als reines deklaratives Wissen für den praktischen Basisbildungsunterricht weniger Priorität. Dieser sowie die theoretischen Modelle der Mehrsprachigkeit verlieren im neuen Curriculum daher ihren Platz. Die Bedeutung der individuellen, bzw. gesellschaftlichen Mehrsprachigkeit wird allerdings im sprachdidaktischen Modul aufgegriffen. Auch Modelle der Mehrsprachigkeit werden darin angesprochen.

 

Der Inhaltsbereich "Einführung in Methoden der Selbstevaluation" aus dem alten Curriculum findet auch keinen Eingang mehr in das neue Curriculum, was der schwindenden Relevanz des ursprünglich für Fremdsprachen eingeführten Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GER) für die zeitgemäße sprachliche Realitäten geschuldet ist, der diese Inhalte fokussiert.

Sprachendidaktik bekommt hohe Stellung im Curriculum

Auf der anderen Seite genießt die Fachdidaktik Deutsch, bzw. die Sprachendidaktik und -methodik sowie der sprachsensible Unterricht eine prominente Stellung im neuen Curriculum. Die Inhalte sind erwachsenen- und basisbildnerisch orientiert. Demnach werden Themen wie Spracherwerb im Alter oder Schrifterwerb vor dem Hintergrund unterschiedlicher Methoden des Sprach- und Alphabetisierungsunterrichts explizit erlernt. In zwei separaten Teilmodulen werden die Grundfertigkeiten beim Sprachenlernen thematisiert. Für die unterschiedlichen Settings im Basisbildungsunterricht werden Lernmaterialien zum Training der Grundfertigkeiten Hörverstehen und Sprechen im DaZ-Unterricht sowie zum Training der Grundfertigkeit Lesen – hier für DaZ- und DaE-Kontext gesondert kennengelernt und analysiert bzw. dazugehörige Lehr- und Lernmethoden erprobt.

 

Schreiben als komplexe Grundfertigkeit in Kontexten des DaZ- und DaE-Unterrichts, andragogische Kriterien für die Textauswahl, aber auch Textkorrekturen und v. a. sprachsensibles Arbeiten in allen Fachbereichen finden im letzten Modul zur Sprachdidaktik ihren Platz.

 

Das Thema Sprache zieht sich durch das ganze Curriculum, sodass im Bereich "Gender und Diversity" auf die Zusammenhänge zwischen Bild und Sprache hingewiesen wird. Im Modul zur Fachdidaktik Mathematik lernen zukünftige Lehrende in der Basisbildung die Einflussnahme der sprachlichen Voraussetzungen auf das Gelingen des Mathematikunterrichts. Auch das Wissen über die Architektur Sprache, also über sprachliches Strukturwissen im sprachsensiblen Fachunterricht spielt im neuen Curriculum auf allen Ebenen eine essenzielle Rolle. Das Verständnis der Bedeutung der Sprache für den eigentlichen Wissenserwerb ist somit auch im erwachsenbildnerischen Kotext angekommen.

Medienkompetenz bekommt mehr Bedeutung

Das Lernfeld Medienkompetenz und IKT in der Basisbildung wurde im neuen Curriculum ausgeweitet. Im Umfang werden die Inhalte der digitalen Kompetenzen, ähnlich wie im Modul Sprachdidaktik, in drei Blöcken explizit behandelt. Neben dem Erfahren diverser Tools zur digitalen Materialerstellung sowie für Blended Learning werden auch Lernplattformen aus den unterschiedlichen Lernfeldern der Basisbildung kennengelernt und ihre Einsatzmöglichkeiten werden kritisch reflektiert.

 

Des Weiteren und vor dem Hintergrund der Pandemiegefahr widmet sich ein Modul ausschließlich dem Design und der Umsetzung der Basisbildungsangebote im virtuellen Raum. Abschließend werden im letzten Teilmodul zu digitalen Kompetenzen digitale Tools zur Recherche, Kursvorbereitung und analoger Materialerstellung erprobt. Digitale Kompetenzen ziehen sich wie ein roter Faden durch andere Curriculumsbereiche. Als Beispiel darf wieder die Fachdidaktik Mathematik genannt werden, in der die Verknüpfung von digitalen und mathematischen Kompetenzen zum Thema wird. Außerdem werden auch hier digitale Tools und Methoden zum kompetenzübergreifenden Unterricht erfahren und erprobt.

 

Hinzu kommt noch die Tatsache, dass es im neuen Ausbildungslehrgang ein separates Modul zur medienkritischen Kompetenz sowie zur IKT in der Basisbildung - mit 16UEs dotiert - gibt. Dies und vor allem die Verzahnung der digitalen Kompetenz mit anderen Fachbereichen sowie Fachdidaktiken stellt im neuen Curriculum den wesentlichen Mehrwert dar.

Übergreifende Themen: Gender, Diversität, politische Bildung

Im neuen Curriculum kommen außerdem diverse lernfeldübergreifende Themen zum Ausdruck. Im unveränderten Umfang betrifft es den Bereich der politischen Bildung, neu kommt der Bereich Gender und Diversität hinzu. Das letztgenannte Themenfeld wird implizit auch mit anderen Bereichen verknüpft. Die finanzielle Allgemeinbildung wird in die mathematische Kompetenz eingebettet.

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