Die eigene Geschichte schreiben
Jugendliche aus Wien schildern Erlebnisse ihres Alltags
Die Initiative "Wien schreibt Geschichte(n)" regt in Workshops Jugendliche dazu an, ihre eigene(n) Geschichte(n) zu finden und zu schreiben. Autobiographisches Schreiben gilt pädagogisch erwiesenermaßen als wirksamer Beitrag zur Persönlichkeitsbildung und zur Förderung der Schreib- und Lesekompetenz.
„Wien schreibt Geschichte(n)" ist ein Kooperationsprojekt zwischen Basis.Kultur.Wien, Music & Art Department-Verlag (M.A.D.-Verlag) und dem Verein lern:kom.
Geschichten werden zu einem Buch
Mit den beteiligten Jugendlichen wurden schon im Vorfeld mehrere Schreibworkshops durchgeführt. Als Methode wurde die des autobiografischen Schreibens mit freier Wahl der Textform als Instrument ausgewählt.
In den Workshops und der weiterführenden Begleitung standen Selbstreflexion, Feedback, inhaltlicher Austausch der AutorInnen sowie die gemeinsame Weiterentwicklung der subjektiven Sichtweisen im Mittelpunkt. Die entstandenen Texte sind das Ergebnis von Entwicklungsprozessen. Oft wurden die Texte der AutorInnen nach Rückmeldungen ihrer KollegInnen, Feedbackrunden oder auch selbstreflexiver Prozesse mehrfach überarbeitet. Für viele war dies ein Ringen um die Texte, eine Herausforderung, die für ihr Erlebtes und ihre Sichtweise passenden Worte zu finden. Die Geschichten stellen somit das Ergebnis eines Lernprozesses dar, der über einen längeren Zeitraum erfolgt ist.
Begleitet wurde der Prozess des autobiografischen Schreibens durch den Verein lern:kom, namentlich von Andrea Motamedi und Andre Blau.
Niemand macht Geschichte allein (Rigoberta Menchú Tum)
Band 1 der Reihe „Wien schreibt Geschichte(n)" zum Thema „Begegnungen in Wien" wurde an Wiener Schulen im 3., 15. und 22. Bezirk initiiert. Die Wahl des Themas wurde von der Projektgruppe gemeinsam und aus deren innerer Motivation getroffen.
Das Ergebnis sind über 100 berührende und anregende Geschichten zum Thema „Begegnungen von Menschen aus verschiedenen Kulturen" mit überraschenden philosophischen Ansätzen der Jugendlichen, liebevollen Ansichten und respektvollen Impulsen. Berührend, witzig, persönlich und emotional schildern sie ihr Leben in der Bundeshauptstadt. Sie alle zeichnen einen Lebensalltag, in dem es möglich ist, bei aller Unterschiedlichkeit ein wertschöpfendes Miteinander zu gestalten.
Lernziel ist die Stärkung interkultureller Kompetenz
Positive Effekte für die Jugendlichen beim autobiografischen Schreiben in der Auseinandersetzung mit kultureller Diversität sind die Steigerung der sprachlichen und narrativen Kompetenz, der zwischenmenschlichen, interkulturellen und sozialen Kompetenz, der Bürgerkompetenz und Empathie sowie der (Selbst-) Reflexionsfähigkeit und die Steigerung der kulturellen und kreativen Ausdrucksfähigkeit.
Alle Texte tragen einen Teil der Geschichten ihrer AutorInnen in sich und spiegeln Momentaufnahmen ihrer subjektiven Weltsicht wider. Die Geschichten zeigen Probleme und Schwierigkeiten, aber auch Möglichkeiten auf.
Wien schreibt Geschichte(n) als Bildungsförderer
In der Reihe „Wien schreibt Geschichte(n)" sollen schließlich Jugendliche aus allen Stadtteilen Wiens mit ihrer Geschichte und ihren Geschichten miteinbezogen werden.
Die umgesetzten Ergebnisse werden in Form von Band 1 der Reihe „Wien schreibt Geschichte(n)" Jugendorganisationen und Schulen als Anregung und Arbeitsunterlagen für sinnstiftendes Lernen zur Verfügung gestellt. Jugendliche und weitere jugendliche AutorInnen sollen aktiv angeregt werden, sich mit ihrer Geschichte und ihren Geschichten zu beschäftigen.
Unterstützer können einzelne Bücher und Buch-Förderpakete erwerben. Mit den Erträgen wird „Wien schreibt Geschichte(n)" an Schulen in allen Wiener Bezirken weitergeführt.
Das Konzept in der Erwachsenenbildung
Junge Erwachsene erhalten die Möglichkeit, sich in Workshops in sehr reflektierter Weise und mit Unterstützung von PädagogInnen mit ihren (Lebens-)Geschichten zu beschäftigen und darüber zu schreiben. Diese Auseinandersetzung muss aber nicht zwangsläufig im schulischen Kontext stattfinden.
DSA Evelyn Brandt, M.A. beschrieb bereits 2012 in Ihrem Artikel „Schreiben befreit – Ziele und Wirkungen schreibpädagogischer Seminarkonzepte in der Erwachsenenbildung" (Magazin erwachsenenbildung.at, Ausgabe 15/2012), welch therapeutische Wirkung das autobiografische Schreiben für Menschen hat. Sie sieht das Schreiben unter anderem als Therapeutikum, als Medium, das „Lern- und Denkprozesse anregt, das Selbstbewusstsein stärkt und Seele und Körper gut tut". Auch in der Erwachsenenbildung kann dieser Ansatz angewandt werden und einen sinnvollen Platz finden.
Das Buch „Wien schreibt Geschichte(n) – Band I" ist erhältlich bei Andre Blau, (andre.blau@chello.at, 0664 100 26 83).
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