Kompetenzkarten für die Migrationsberatung

Es braucht spezifische Instrumente für die MigrantInnen-Beratung
Eine Befragung von deutschen MigrationsberaterInnen und ExpertInnen habe gezeigt, dass für die Potenzialerfassung von MigrantInnen keine einheitlichen Instrumente vorhanden sind, so die Bertelsmann Stiftung. Viele der bestehenden Verfahren seien sperrig, so Beraterin Ramona López Salinas in einem Erklärvideo. Sie seien nicht spezifisch für MigrantInnen entwickelt worden und in ihrer Sprache und Handhabung daher zu schwierig, weshalb sie zu unbefriedigenden Ergebnissen führen würden. Die Kompetenzkarten würden den BeraterInnen dabei helfen, einzuschätzen, wen sie vor sich haben und was er oder sie mitbringt.
In verschiedene Kompetenzbereiche und nach Interessen gegliedert
Die Kompetenzkarten sind in folgende drei Bereiche gegliedert: Soziale Kompetenz, Personale Kompetenz sowie Fach- und Methodenkompetenz, die jeweils in mehrere Kompetenzen unterteilt sind. Ein weiterer Bereich befasst sich mit den individuellen Interessen der KlientInnen. Schließlich unterstützen weiterführende Materialien die BeraterInnen mit ergänzenden Informationen, etwa zu Sprachtests, zur Klassifikation der Wirtschaftszweige oder zu anderen Instrumenten wie dem ProfilPASS oder dem Kompetenzpass für MigrantInnen. Darüber hinaus gibt es Vorlagen für die Dokumentation der Beratungen.
Die einzelnen Kompetenzkarten sind jeweils zweiseitig bedruckt. Die Vorderseite beinhaltet eine Grafik und eine Kompetenzbeschreibung in einfacher Sprache. Der Kompetenzbegriff selbst ist in mehrere Sprachen übersetzt. Diese Seite richtet sich an die BeratungsklientInnen. Auf der Hinterseite wiederum gibt es neben einer kurzen Erklärung der Kompetenz in einfacher Sprache Fragen, die BeraterInnen bei der Erklärung des Kompetenzbegriffes unterstützen. Darüber hinaus gibt es Vertiefungshinweise, die weitere Kompetenzen benennen, mit denen die auf der Karte ausgewiesene Kompetenz korrespondiert. Auch Hinweise auf mögliche weitere Materialien sind auf der Karte vorhanden.
Alternativ zu den Kompetenzkarten kann auch über die Interessenskarten ein Zugang zu den Potenzialen der KlientInnen gefunden werden. Der Aufbau dieser Karten ist gleich wie jener der Kompetenzkarten.
Kernfunktionen der Kompetenzkarten
Mithilfe der Bilder können Situationen in Worte gefasst werden, welche die KlientInnen vorher im Gespräch vielleicht nicht finden würden, so die Beraterin Sevgi Erenler im Erklärvideo. López Salinas dazu: "Auch bei sehr geringen Sprachkenntnissen ist es möglich, zumindest Interessenskarten zu bearbeiten oder eine grundlegende Kompetenzerfassung mit einigen Kompetenzkarten zu machen".
Mögliche Anwendung in der Beratungspraxis
López Salinas beschreibt, wie sie die Kompetenzkarten in der Beratung einsetzt: Sie geht meist zu Beginn von Beratungsprozessen einmal alle Kompetenzkarten mit den KlientInnen durch und fragt: "Hat diese Karte etwas mit mir zu tun?" Wenn ja, folgt die Frage: "Kann ich das gut?". Mit Verstärkungskarten - mit einem, zwei oder drei Plus - können Kompetenzen verstärkt werden. Die passenden Karten inklusive der Verstärkungskarten werden auf einem Tisch aufgelegt; was nicht zutrifft, wird weggelegt und nicht erfasst. So entsteht eine Positivliste von Stärken und Kompetenzen, die auch versteckte Kompetenzen beinhaltet, die die KlientInnen von sich aus nicht als ihre Kompetenz benannt hätten.
Die Karten können aber auch spezifisch eingesetzt werden, etwa wenn es um konkrete Berufe geht. In diesem Fall können sich die BeraterInnen im Vorfeld schon bestimmte Karten aus dem Kartenset auswählen, die für den gewünschten Beruf relevant sind, und in der Beratung dann klären, wieweit diese Kompetenzen vorhanden sind.
Angabe der Lizenzbedingungen
Die Karten wurden von der Bertelsmann Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut Betriebliche Bildung gGmbH und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (Arbeiterwohlfahrt, Deutscher Caritasverband, Paritätischer Gesamtverband, Deutsches Rotes Kreuz, Diakonie, Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland) sowie dem Bund der Vertriebenen entwickelt. Wenn die Karten verwendet oder verbreitet werden, sind diese Entwickler vollständig anzugeben. Darüber hinaus ist es bei CC-Lizenzen generell notwendig, die genaue Lizenz - hier CC BY SA - anzugeben und auch einen Hyperlink auf die Lizenzinformationen zu setzen. Eine Verbreitung ist unter Weitergabe der selben Lizenzbedingungen möglich.
Serie: Erwachsenenbildung in der Migrationsgesellschaft
Integrationskurse und Spracherwerb mögen ein Anfang sein. Doch wenn es um den sozialen Wandel geht, der mit Zuwanderung verbunden ist, sind die Menschen mit Migrationserfahrung nur eine der Zielgruppen von Erwachsenenbildung. Die Anforderungen der Migrationsgesellschaft betreffen uns alle. Fragen nach Teilhabe, Verständigung und Zusammenleben stellen sich immer wieder neu. Wie Erwachsenenbildung diese Anforderungen beschreibt, reflektiert und deutet, und welche Angebote für Lernen und Bildung sie ihnen entgegen bringt, ist Gegenstand einer Serie von Artikeln auf erwachsenenbildung.at. Alle Beiträge in der Serie finden Sie hier.
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