Empowern statt belehren: Medienkompetenz durch Lernbegleitung stärken

19.06.2024, Text: Gunter Schüßler, Redaktion/CONEDU
Wer Medienkompetenz fördern will, sollte dafür auf Empowerment setzen - das zeigt ein aktueller Modellvergleich.
Silhouette zweier Personen, digitale Medien und der Schriftzug "Empowerment"
"Empowerment through Education“: Lehrende sollten sich selbst als Unterstützer*innen wahrnehmen, um die Ressourcen der Lernenden zu aktivieren.
Grafik: , KI-generiert von CONEDU mit Ideogram, Prompt: "Eine Collage aus digitalen Medien, Laptop, Smartphone, News, Zeitungsbericht, technisches Equipment, Lernmaterialien u. in der Mitte steht Empowerment, Silhouette zweier Personen, aktivierend und freundlich", auf erwachsenenbildung.at

Medienkompetenz ist in der digitalen Welt wichtiger denn je. Was Medienkompetenz eigentlich ist und welche konkreten Fähigkeiten und Fertigkeiten dazu zählen, darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen. Daniela C. Stix von der TU Brandenburg hat in einem internationalen Vergleich von fünf Medienkompetenzmodellen eine gemeinsame theoretisch-konzeptuelle Basis identifiziert.

Das Handlungskonzept des Empowerments scheint großes Potenzial für die Ausbildung der Medienkompetenz der Lernenden zu besitzen, da es an grundlegende Aspekte der verglichenen Modelle anknüpft.

Was ist unter Empowerment zu verstehen?

Hinter dem Begriff „Empowerment“ verbirgt sich in diesem Kontext folgende Idee: Lernende sollen unterstützt werden, selbstwirksam die eigenen Ressourcen zu entdecken und zu aktivieren. Wesentlich ist dabei das Selbstverständnis der Lehrenden als Lernbegleiter*innen, die Lernenden zur Seite stehen.

Die „Befähigung, Medien selbstbestimmt und für die eigenen Zwecke gezielt zu nutzen“ ist ein Kernelement aller fünf Kompetenzmodelle und erweist sich nach Stix als Anknüpfungspunkt für das Handlungskonzept des Empowerments.

Medienkompetenz-Basics: Worauf es ankommt

Medienkompetenz ermöglicht ein verantwortungsvolles und selbstbestimmtes Leben in der mediatisierten Welt. Sie wird auch häufig informell erworben, bspw. in Form von MOOCs oder durch diverse Lernmaterialien. Lernvideos informieren darüber, wie Erwachsenenbildner*innen Medienkompetenz in der eigenen Praxis selbst verwirklichen und Lernenden vermitteln können oder was es im Kontext von Unterrichtsmedien zu beachten gilt.

Zu den relevanten Gemeinsamkeiten der analysierten Medienkompetenzmodelle zählt ein geteiltes Verständnis der Rolle von Medien. Alle Modelle verstehen Medien als Vermittler, die die Welt abbilden und zugleich reproduzieren.

Weiters teilen die Modelle eine bestimmte Weltanschauung, die das lebenslange Lernen in den Vordergrund rückt. Lebenslanges Lernen wird als essenziell für die persönliche Entwicklung des Menschen erachtet.

Ausschlaggebend ist auch die Handlungsfähigkeit in Bezug auf das Lernen. Die Verantwortung für das eigene (lebenslange) Lernen zu übernehmen, entspricht dem modellübergreifenden Merkmal der Agency. Dabei gewinnen non-formale und informelle Lernprozesse an Bedeutung – ganz im Sinne des Empowerments. Als Beispiele für informelles Lernen führt der Text etwa US-Bibliotheken an, in denen Fachkräfte die Besucher*innen unterstützen, Onlineformulare auszufüllen oder CC BY-Bilder zu finden. Computerworkshops und Kurse zur Videoproduktion sind Beispiele für non-formale Angebote. 

Alle Modelle lassen zudem eine kritisch-analytische Komponente erkennen: Critical Thinking ist ein zentraler Bestandteil aller fünf Medienkompetenzmodelle.

Stix weist darauf hin, dass Fachkräfte etwa ihre Vorbildfunktion wahrnehmen und einen reflektierten Umgang mit sozialen Medien vorleben können. Sie können auch „das Hinterfragen von Medienbotschaften anstoßen und zu kritischem Denken anregen.“

Die untersuchten Modelle

Die Autorin befasste sich in ihrem internationalen Vergleich mit fünf konkreten Medienkompetenzmodellen: „Vier Dimensionen der Medienkompetenz” von Dieter Baacke (Deutschland, 1996), „Modell der strukturalen Medienbildung“ von Benjamin Jörissen und Winfried Marotzki (Deutschland, 2009), „Eighteen Basic Principles“ von Len Masterman (Großbritannien, 1989), „Q/TIPS“ von Tessa Jolls und Carolyn Wilson (USA, 2014) sowie das „EducaMídia-Curriculum“ des Instituts Palavra Aberta (Brasilien, 2019).

Obwohl die Modelle verschiedene regionale und theoretische Bezüge aufweisen und den Medienkompetenzbegriff unterschiedlich interpretieren, sind einige ihrer wesentlichen Grundgedanken sehr gut mit dem Handlungskonzept des Empowerments vereinbar.

Für Erwachsenenbildner*innen lassen sich daraus wichtige methodische Kompetenzen für die Förderung von Medienkompetenz ableiten. Lernbegleitung bei reflexiven Eigenaktivitäten ist jedenfalls ein empfehlenswerter Weg.

 

Stix, Daniela Cornelia (2023): Empowerment als Handlungskonzept der Medienpädagogik. Ein internationaler Vergleich verschiedener Medienkompetenzmodelle. In: MedienPädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung, S. 353-79, freier Download unter CC BY 4.0 International (pdf-Version).

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