Digitale Kompetenzen fördern bei Erwachsenen mit geringer formaler Bildung

14.04.2025, Text: Miriam Klampferer, Redaktion/CONEDU
Wie können formal gering qualifizierte Erwachsene digitale Kompetenzen erwerben? Eine tschechische Studie untersucht, welche didaktischen Strategien besonders wirksam sind – darunter der Einsatz bildgestützter Ministorys.
Cartoon von einem Hund und einem Computer mit Anti-Virus-Programm
Ministorys verknüpfen digitale Inhalte mit analogen Alltagserfahrungen – etwa durch den Vergleich von Virenschutz mit einem Flohhalsband bei Hunden.
Grafik: , KI-generiert von CONEDU mit ChatGPT 4o, Promptdialog, auf erwachsenenbildung.at

Digitale Grundkenntnisse sind längst Voraussetzung, um am gesellschaftlichen Leben aktiv teilzuhaben – sei es bei der Jobsuche, in der Kommunikation oder bei Behördengängen. Doch vielen Erwachsenen mit geringer formaler Bildung fehlt genau dieser Zugang. Wie es gelingen kann, digitale Kompetenzen erfolgreich zu vermitteln, zeigt eine aktuelle Studie der Karls-Universität Prag. Im Zentrum stehen dabei nicht nur die Inhalte, sondern auch die Art und Weise, wie gelernt wird – und wie Lernende in ihrer Lebensrealität abgeholt werden können.

Erfolgsfaktoren für den Kompetenzerwerb

Der Lernerfolg beim Erwerb digitaler Kompetenzen hängt maßgeblich vom Selbstvertrauen der Lernenden ab – das zeigt die Studie deutlich. Viele Erwachsene mit geringer formaler Bildung fühlen sich im Umgang mit digitalen Geräten unsicher oder schnell überfordert. Die Technik wirkt auf sie oft wie eine schwer durchschaubare „Blackbox“: Sie funktioniert – oder auch nicht –, ohne dass die dahinterliegenden Zusammenhänge erkennbar sind. Dabei ist gerade das Vertrauen in die eigene Lernfähigkeit ein entscheidender Faktor dafür, ob sich Menschen überhaupt auf Lernprozesse einlassen.

Doch selbst wer bereit ist zu lernen, stößt schnell auf ein weiteres Hindernis: Viele Bildungsangebote setzen bereits grundlegende Kenntnisse voraus. Schon einfache Dinge wie das Einschalten eines Computers, das Anschließen einer Maus oder die Bedeutung von Updates sind nicht allen vertraut. Für Menschen mit wenig Vorerfahrung braucht es daher einen anderen Zugang – niedrigschwellig, verständlich und lebensnah. Genau das fordert die Studie: einen Einstieg, der noch unterhalb der ersten Stufe des europäischen Kompetenzrahmens DigComp ansetzt.

Auch bei der Auswahl und Aufbereitung der Inhalte braucht es Feingefühl. Zu viel auf einmal oder zu abstrakte Inhalte können überfordernd sein. Besser funktioniert ein klar strukturierter Lernprozess in kleinen, gut dosierten Schritten, die sich am individuellen Tempo orientieren.

Ein weiterer Aspekt, der oft unterschätzt wird, ist die emotionale Seite des Lernens. Wer Erfolgserlebnisse hat – etwa das erste Mal eigenständig eine E-Mail verschicken kann –, gewinnt an Sicherheit und bleibt eher am Ball. Umgekehrt können kleine Rückschläge schnell zu Frust führen, besonders wenn die Aufgabe eigentlich „einfach“ wirkt. Deshalb empfiehlt die Studie, Lernumgebungen zu schaffen, die positive Erfahrungen ermöglichen, Ängste abbauen und digitale Technik nicht als Bedrohung, sondern als etwas Handhabbares darstellen.

Anwendungen lernen oder Prinzipien verstehen?

Soll digitales Lernen vor allem auf konkrete Anwendungen setzen oder auf ein grundlegendes Verständnis digitaler Systeme? Die Studie kommt zu dem Schluss: Beides ist wichtig, aber nicht losgelöst voneinander.

Alltagsnahe Anwendungen bieten schnelle Erfolgserlebnisse und sind unmittelbar nutzbar. Viele Lernende wünschen sich genau das: zu wissen, wo man klicken muss, um ein Ziel zu erreichen. Doch sobald sich Programme ändern oder neue Geräte hinzukommen, fehlt oft die Orientierung.

Daher ist es ebenso entscheidend, dahinterliegende Prinzipien zu verstehen – etwa wie Daten übertragen werden oder was ein Antivirenprogramm leistet. Wer digitale Zusammenhänge nachvollziehen kann, findet sich auch in neuen technischen Umgebungen besser zurecht.

Ministorys als Schlüssel zum Lernerfolg

Neben der Frage was vermittelt werden sollte, untersuchte die Studie auch, wie Lerninhalte am besten aufbereitet werden können. Als besonders wirkungsvoll erweist sich dabei der Einsatz sogenannter „Ministorys“: Das sind kurze, bildgestützte Geschichten, die zentrale digitale Konzepte mit vertrauten Alltagssituationen verknüpfen – etwa ein Computer, der wie ein Haustier regelmäßig „gefüttert“ werden muss (durch Updates), oder Virenschutz, der mit einem Flohhalsband verglichen wird. Diese humorvollen, greifbaren Analogien helfen Lernenden, abstrakte technische Zusammenhänge besser zu verstehen und einzuordnen. Die Autorinnen empfehlen daher, solche bildhaften Methoden verstärkt einzusetzen, um Erwachsenen mit geringer formaler Bildung den Einstieg in die digitale Welt zu erleichtern.

Über die Studie

Die Studie "What helps adult learners with little formal schooling to develop basic digital skills?" wurde von Tereza Hannemann, Nikol Kopánková und Petra Surynková an der Karls-Universität Prag durchgeführt und in der Fachzeitschrift Journal of Adult and Continuing Education veröffentlicht. Die Ergebnisse basieren auf 54 qualitativen Interviews mit Erwachsenen mit geringer formaler Schulbildung. Dabei orientierte sich das Forschungsteam am europäischen Kompetenzrahmen DigComp 2.2.

Weitere Informationen:
Creative Commons License Dieser Text ist unter CC BY 4.0 International lizenziert.

Verwandte Artikel