Worauf es bei Lehr-Lernvideos in Online-Bildungsveranstaltungen ankommt

09.05.2022, Text: Martina Lindsberger, Redaktion/CONEDU
Ein Podcast von wb-web beleuchtet die „Dos and Don'ts“ der Gestaltung von Videos im Bildungskontext.
Lehr-/ Lernvideos lassen sich mit einfachen Mitteln gestalten und müssen nicht perfekt sein.
Foto: Pexels Lizenz, Vanessa Garcia, https://www.pexels.com/
Videos gehören in Online-Kursen mittlerweile zum Standard. Sie eignen sich vor allem für Veranstaltungen im „Flipped Learning"-Format. Dabei wird den Teilnehmenden ein Video vor einem Meeting zur Verfügung gestellt, sodass beim gemeinsamen Treffen mehr Zeit für Austausch und Fragen bleibt.

Lars Kilian von wb-web sprach im Interview mit der Bildungswissenschaftlerin Nele Hirsch und mit Martin Merkt vom Deutschen Institut für Erwachsenenbildung über Gestaltungsaspekte sowie Vor- und Nachteile von Lehr-Lernvideos im Kontext der Erwachsenenbildung.

Was braucht es für die erste Aufnahme?

Für die Praxis ermutigt Nele Hirsch dazu, die Dinge mit einfachen Mitteln auszuprobieren, etwa mit einer Aufnahme im Videokonferenzraum. Das bietet die Möglichkeit den Bildschirm zu teilen, etwas herzuzeigen und dazu erklären zu können. Dabei ist ein Skript für den roten Faden unabdingbar, etwa in Form von Stichworten neben der Kamera. Wichtig ist es außerdem beim Sprechen in die Kamera zu blicken, sodass die Lernenden das Gefühl haben, sie werden angesehen. Der Lerneffekt ist nachweislich besser, wenn Lernende frontal und persönlich angesprochen werden. Vom technischen Setting her braucht es nicht viel – eine gute Webcam, eine günstige Beleuchtung und es kann losgehen.

Bewegte Bilder sind leichter "verdaulich" als reine Texte

Besonders bewährt haben sich Videos auch für das Präsentieren neuer Tools anhand von Screencasts. Eine Anleitung, in der gezeigt wird, wo etwas anzuklicken ist, ist im Videoformat leichter zu verstehen als in reinem Textformat. Interessant ist hierbei, dass Lernende einfache, „handgestrickte" Videos – also etwa selbst aufgezeichnet in einem Videokonferenzraum – eher annehmen als hochprofessionelle Videos. Die Hemmschwelle, sich so mit einem ganz neuen Thema auseinanderzusetzen ist geringer, als wenn sich Lernende mit umfangreichen Texten beschäftigen müssten.

Tipps zu Gestaltung und Struktur

Bei der Gestaltung von Lehr-/ Lernvideos rät Martin Merkt dazu, die Lernenden nicht zu überfordern. Videos sollten kurz und verständlich sein, die verschiedenen Zielgruppen berücksichtigen und an die kognitiven Ressourcen der Teilnehmer*innen anschließen. Zu vermeiden sind allzu komplexe Darstellungen und zu lange Monologe.

Auch in einem Video können Lehrende ihre Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu Interaktion und Aktivitäten anregen, um der Passivität, die mit diesem Medium tendenziell einhergeht, gezielt entgegenzuwirken und den Lernprozess zu fördern.

Multimediales Lernen liegt im Trend: Was dafür und dagegen spricht

Die Vorteile von Lehr-/ Lernvideos sieht Merkt auf kognitiver Ebene darin, dass sie zeitliche Abläufe sehr gut abbilden können und sich daher optimal für die Vermittlung von Prozessen eignen. Mit Videos lassen sich Lerninhalte so darstellen, wie sie dann auch mental im Gedächtnis vorhanden sein sollen. Auf affektiver Ebene liegen Vorteile darin, dass Lernende Videos gerne ansehen, vor allem wenn sie als einfach empfunden werden.

Als Nachteil könnte man die Tatsache nennen, dass Videos im Vergleich zu statischen Bild- und Textmedien eher flüchtig sind und allzu komplexe Inhalte die Lernenden leicht überfordern. Ungeeignet seien Lehr-/ Lernvideos erwiesenermaßen für Sprachtutorials, hier greife man besser zu klassischen Lernkarten in digitaler Form.

Mut zum Unperfekten und zu Synergien

Einen der wichtigsten Lernerträge aus der Praxis sieht Nele Hirsch darin, den eigenen Perfektionsanspruch herunterzuschrauben. Versprecher und Verhaspler passieren schließlich auch im Seminarraum. Sie hat für sich die Regel aufgestellt, spätestens die dritte Videoaufnahme zu verwenden – und sei es mit Bearbeitungen. Wichtig ist zudem, die eigene Natürlichkeit beizubehalten.

Im Hinblick auf die Zukunft plädiert Hirsch für mehr Mut zum offenen Teilen. Pädagog*innen können selbst aufgezeichnete Videos öffentlich verfügbar machen und offen lizenzieren - so können multimediale Lerninhalte  gut weiter genutzt werden. In der Weiternutzung und in einer verstärkten Kollaboration unter Lehrkräften liegt viel Potential für Synergien.

Weitere Informationen:

Im Podcast angesprochene Studien:

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