Deutsch als Zweitsprache im Rahmen kritischer Bildungsarbeit

20.10.2015, Text: Karin Kulmer (seit 2023: Karin Lamprecht), Redaktion/CONEDU
maiz erforschte die Einflüsse von Machtasymmetrien und Normativität auf die DaZ-Unterrichtspraxis. Die dabei entstandene Publikation ist für den Staatspreis für Erwachsenenbildung nominiert.
Foto: (C) iStockphoto.com/mrloz
DaZ-Kurse: Sprachliche Ermächtigung statt Anpassung
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In einer Serie von Beiträgen stellen wir die Nominierten zum Österreichischen Staatspreis für Erwachsenenbildung 2015 vor - hier in der Kategorie "Wissenschaft und Forschung".

 

Vor fast einem Jahr präsentierte maiz - Autonomes Zentrum von & für Migrantinnen die Publikation "Deutsch als Zweitsprache: Reflexive und gesellschaftskritische Zugänge, Ergebnisse und Perspektiven eines partizipativen Forschungsprozesses" (wir berichteten). Sie entstand im Rahmen eines breit angelegten, in mehrere Teilprojekte gegliederten Forschungs- und Entwicklungsprojektes. Im Fokus standen dabei die Zusammenhänge zwischen pädagogischer Praxis, didaktischen Ansätzen, fachspezifischen Positionierungen, dominanten Diskursen und gesellschaftlichen Verhältnissen. Ziel war, "Impulse zum kritischen Nachdenken im Feld zu geben", so die maiz-Geschäftsführerin Rubia Salgado. Die Publikation wurde kürzlich von der Jury in der Kategorie "Wissenschaft und Forschung" für den Österreichischen Staatspreis für Erwachsenenbildung 2015 nominiert.

 

DaZ-Kurse zwischen Anpassung und sprachlicher Ermächtigung
Seit 1994 bietet maiz neben zahlreichen anderen Aktivitäten Kurse in Deutsch als Zweitsprache (DaZ) an. Rubia Salgado: "Irgendwann haben wir begonnen, uns zu fragen, inwieweit DaZ-Kurse von der Tradition der Kolonialpädagogik beeinflusst sind. Dinge wie Anpassung und Normalisierung spiegeln sich oft unterbewusst in Kursinhalten wider, beispielsweise wenn Verhaltensweisen wie Mülltrennung oder das Ausziehen der Schuhe in Wohnungen mit vermittelt werden." So kam es zur Idee eines Projektes in Kooperation mit dem Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Innsbruck mit dem Ziel, die Situation zu analysieren.

 

Dies geschah in einem ersten Schritt in Form von sprach- und erziehungswissenschaftlichen Recherchen und der Interpretation von Interviews mit 25 DaZ-Lehrenden und ProjektleiterInnen. Die wissenschaftliche Begleitung erfolgte durch den Fachbereich DaF/DaZ des Instituts für Germanistik der Universität Wien. In einem zweiten Schritt nahmen BeobachterInnen an DaZ-Kursen teil und protokollierten Handlungen und Äußerungen von TeilnehmerInnen und KursleiterInnen.

 

Normativität selten hinterfragt

Die Erkenntnisse wurden im ersten Teil der Publikation zusammengefasst. Fazit: Normativität und paternalistische Ansätze seien tatsächlich in vielen DaZ-Kursen verankert, würden aber selten hinterfragt. Partizipatives Lernen stellt sich in diesem Licht als Weg zur sprachlichen Ermächtigung dar. Damit die KursteilnehmerInnen sprachliche Handlungsfähigkeit in und durch die deutsche Sprache entwickeln könnten, müsse die Wissensasymmetrie zwischen ihnen und den KursleiterInnen überwunden werden. Salgado: "Es braucht kritische Ansätze zur Realität."

 

Didaktische Materialien kritisch hinterfragen
Der zweite Teil der Publikation widmet sich den didaktischen Materialien für den DaZ-Bereich. Einerseits wurden bestehende Materialien analysiert und Möglichkeiten aufgezeigt, diese rassismuskritisch und reflexiv einzusetzen. Andererseits wurden Richtlinien für die Entwicklung neuer Materialien sowie für die Entwicklung von Weiterbildungscurricula für Lehrende entwickelt.

 

Schlussendlich entstand daraus ein eigenes Curriculum für den DaZ-Unterricht in der Erwachsenenbildung. Dass sich daraus auch ein praktischer Nutzen zur Verbesserung des DaZ-Unterrichts ergibt, darauf legen die ProjektleiterInnen großen Wert. "In Workshops mit DaZ-LehrerInnen erhielten wir Feedback, was aus dem Curriculum konkret anwendbar ist", so Rubia Salgado. In Zukunft wolle sie verstärkt Materialien für die DaZ-Unterrichtspraxis entwickeln.

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