Kompetenzen für Diversität in steirischen Beratungsstellen

06.10.2014, Text: Julia Rodlauer, Online-Redaktion
ZEBRA - Interkulturelles Beratungs- und Therapiezentrum schult MitarbeiterInnen psychosozialer Beratungsstellen für die Arbeit mit vielfältigen KlientInnen.
Achtsamer Umgang mit Diversität als Ausgangspunkt für Chancengleichheit
Foto: (C) Niko Reinberg/ZEBRA
Unsere Gesellschaft ist geprägt von der Vielfalt der Menschen, die darin leben. Sie unterscheiden sich unter anderem nach Kategorien wie Geschlecht, Herkunft, Sprache, Religionszugehörigkeit oder sexueller Orientierung. Ein achtsamer Umgang mit Diversität ist Ausgangspunkt für Chancengleichheit und zielt somit auf den Abbau von Barrieren. Die Grazer Organisation ZEBRA - Interkulturelles Beratungs- und Therapiezentrum beschäftigt sich seit Jahren mit Diversität, Migration und Interkulturalität. "Wir haben viele Anfragen von anderen psychosozialen Einrichtungen bekommen, die vermehrt mit Migration und Asyl konfrontiert wurden, im Umgang damit aber unsicher waren" berichtet Helga Moser, die als Erziehungswissenschafterin bei ZEBRA arbeitet.

 

Um die Expertise weiterzugeben, bietet der Verein daher seit Jänner 2013 psychosozialen Einrichtungen steiermarkweit die Möglichkeit, ihre MitarbeiterInnen für den Umgang mit Vielfalt zu sensibilisieren und ihnen die dafür notwendigen Kompetenzen näher zu bringen. Außerdem begleitet der Verein drei ausgewählte Beratungsstellen bei ihrer diversitätsorientierten Öffnung, damit diese für alle in Österreich lebenden und arbeitenden Menschen zugänglich sind.

 

Stammtischparolen entkräften
Für MitarbeiterInnen von psychosozialen Beratungsstellen bietet ZEBRA eine Seminarreihe zu "Vielfalt im Beratungskontext". Die Teilnehmenden erwerben Fachwissen zu den Themen Fremdenrecht, Migration, Asyl oder diversitätsorientierter Beratung. Über den fachlichen Input hinaus arbeiten die TeilnehmerInnen mit erfahrungsorientierten Übungen und hinterfragen bzw. reflektieren Denk- und Wahrnehmungsweisen sowie Zugehörigkeits- und Identitätskonzepte.

 

Beispielsweise erarbeiten die TeilnehmerInnen in Form von Rollenspielen Strategien gegen Stammtischparolen. "Da MitarbeiterInnen nicht selten mit Vorurteilen im beruflichen als auch privaten Umfeld konfrontiert sind, bewerteten sie dieses 'Handwerkszeug' für den Umgang mit Stammtischparolen als sehr hilfreich", berichtet Moser.

 

Chance für Austausch und Vernetzung
Die Schulungen finden in allen Bezirken der Steiermark statt. Insgesamt nehmen MitarbeiterInnen von 80 Beratungsstellen an der Seminarreihe teil. Vor allem der Gang in die Regionen wurde sowohl von ZEBRA als auch den teilnehmenden Beratungsstellen als sehr wichtig und hilfreich empfunden, da sich Angebote und Ressourcen nach wie vor im Raum Graz bündeln. "Da die Seminargruppe in einem Bezirk aus den MitarbeiterInnen unterschiedlicher Beratungsstellen besteht, können sich die Teilnehmenden untereinander austauschen und vernetzen", führt Moser weiter aus.

 

Aber auch ZEBRA lässt den TeilnehmerInnen weitere Unterstützung zu kommen. Beim sogenannten "Fachstellensupport" können sich die MitarbeiterInnen nach der absolvierten Seminarreihe jederzeit melden, sollten offene Fragen z.B. zum Thema Fremdenrecht in der Praxis auftauchen.

 

Begleitung bei diversitätsorientierter Öffnung
Individuell erworbene Kompetenzen für den Umgang mit Vielfalt können schwer fruchten, wenn strukturelle Rahmenbedingungen dem entgegenstehen. Deshalb begleitet ZEBRA parallel zu der Seminarreihe drei steirische Trägerorganisationen psychosozialer Beratung bei einem "Diversitätsorientierten Öffnungsprozess".

 

Gemeinsam mit ZEBRA hinterfragen diese Betriebe dabei Routinen, entwickeln strukturelle Maßnahmen, welche die Chancengleichheit bzw. Barrierefreiheit auf allen Ebenen der Beratungsstellen verbessern und setzen diese sofern möglich um. Hierbei schafften die Organisationen beispielsweise neue Aufgabenbereiche (Diversitätsbeauftragte bis hin zum Diversity-Gremium), um Diversität in der Organisation zu verankern.

 

Daneben sind weitere Maßnahmen in Planung oder wurden bereits umgesetzt, etwa die Einführung von Diversity-Fallreflexionen, regelmäßige Barrierechecks, Jobausschreibungen, mit denen Personen mit vielfältigen Hintergründen (Männer, MigrantInnen, Menschen mit Behinderung etc.) angesprochen werden sollen, Entwicklung von Maßnahmenkatalogen oder bauliche Maßnahmen.

 

Das Projekt
ZEBRA - Interkulturelles Beratungs- und Therapiezentrum koordiniert und führt das Projekt "Kompetenzaufbau in Beratungseinrichtungen und diversitätsorientierte Öffnung von psychosozialen Beratungsstellen" im Auftrag des Landes Steiermark - Ressorts Integration, Gesundheit und Soziales durch. Das Projekt startete im Jänner 2013 und endet im Dezember 2014.

 

Für Ende 2014 ist eine Ausgabe des zebratls (Fachzeitschrift von ZEBRA) geplant, die sich dem Schwerpunktthema Diversitätsorientierung widmet und voraussichtlich Berichte einzelner Beratungsstellen, die am Projekt teilgenommen haben, beinhalten wird.

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