Bildungsberatung: Ratsuchende über Social Media erreichen

14.07.2020, Text: Lucia Paar, Redaktion/CONEDU
Das Netzwerk Bildungsberatung Österreich hat im Frühjahr eine Social-Media-Kampagne umgesetzt. Die Koordinatorinnen der Kampagne erzählen im Interview von den Ergebnissen und geben Tipps.
Bildungsberaung online oder per Telefon: Ein Sujet im Rahmen der Kampagne.
Grafik: Alle Rechte vorbehalten,  Bildungsberatung Österreich, erstellt mit Canva Pro, auf erwachsenenbildung.at
Um Bildungsinteressierte auch mit dem österreichweiten Online-Beratungsangebot zu erreichen, hat das Netzwerk Bildungsberatung Österreich im Frühjahr eine Info-Kampagne mit eigens gestalteten Sujets für Social Media umgesetzt. Katrin Reiter (Salzburger Erwachsenenbildung) und Susanne Drdla (ABZ*AUSTRIA), Koordinatorinnen der Kampagne, erzählen im schriftlich geführten Interview, welche Ergebnisse die Kampagne erzielt hat und geben Tipps zur Planung von Social-Media-Kampagnen in der Erwachsenenbildung.

Lucia Paar: Wie kam es zur Entscheidung einer Social-Media-Kampagne? Wo haben Sie die Vorteile für die Bildungsberatung hierfür gesehen im Vergleich zu anderen Kanälen für die Öffentlichkeitsarbeit?

Katrin Reiter, Susanne Drdla: Die Bildungsberatung hat eine lange Tradition als „Community of Practice". Was liegt also näher, als eine Social-Media-Kampagne konkret durchzuführen, um auszuprobieren, wie das Prozedere österreichweit funktionieren und welchen Nutzen es der Bildungsberatung Österreich und jedem einzelnen Landesnetzwerk (Anm. der Redaktion: Das Netzwerk Bildungsberatung besteht aus Landesnetzwerken verschiedener Bundesländer in Österreich) bringen kann.

 

Die zündende Idee entstand ziemlich spontan: Susanne hatte testweise einige Bildsujets für Facebook erstellt. Der Anlass war die Covid-19 Pandemie und das Forcieren der teilweise neuen Online Formate der Bildungsberatung. Und dann hatten wir im Rahmen des kollaborativen Arbeitsgruppentreffens unseres Projekts die Möglichkeit, die österreichweite Kampagne anzuregen. Alle Landesnetzwerke zogen begeistert und aktiv mit. Ziel war es, die Bildungsberatung bekannt(er) zu machen und die Möglichkeiten der Online Bildungsberatungen auch ins Bewusstsein der ZielkundInnen zu bringen.

 

Jedes einzelne Bundesland macht ja schon seit längerem eigene Aktionen im Bereich Social Media, doch die intensive Kooperation österreichweit ist neu. Und hat sich auch bezahlt gemacht, ganz nach dem Netzwerk-Motto: 1+1=11.

 

Hier nur kurz ein paar Zahlen, um einen Eindruck von der Komplexität, aber auch der Power des Netzwerkes zu bekommen: Die Bildungsberatung Österreich gilt als ein Netzwerk, mit 48 Beratungseinrichtungen, 60 PartnerInnen, 120 BeraterInnen mit 261 Standorten. Es hatte im Jahr 2018 102.020 Beratungskontakte. Um die KundInnen digital zu erreichen, nutzt dieses komplexe Netzwerk im Moment unter anderem ein Online-Fachmedium, einen Blog – das Bildungsbuch, vier Youtube-Channels, vier Instagram Channels, sieben Newsletter, neun Facebook-Fanpages und 13 Webseiten. Das ist viel digitale Power, die gut koordiniert noch mehr bringen kann – mit weniger Aufwand für die einzelnen Landesnetzwerke.

Hat sich die Entscheidung bestätigt? Wie sah der Erfolg aus und woran haben Sie ihn gemessen?

Die Netzwerkpower ist wirklich sehr mächtig. Die Ergebnisse des Monitorings der ersten österreichweiten Kampagne zeigen deutlich den Nutzen einer gemeinsamen Strategie. Eine breite Streukraft und ein gegenseitiges Stärken der Beiträge durch Likes, Shares und Kommentare erhöhen die Interaktionszahlen und bringen dem gesamten Netzwerk mehr Reichweite.

 

Die Zahl der Interaktionen ist einer unserer wichtigsten Gradmesser um den Social-Media-Erfolg zu messen. In Wien zum Beispiel war dieser mit durchschnittlich 22 Interaktionen pro Beitrag überdurchschnittlich hoch. Die Facebook-Seite der Bildungsinformation Burgenland erzielte mit den Beiträgen im Rahmen der gemeinsamen Online-Kampagne die vergleichsweise höchste Interaktionsrate: Hier verzeichnete man bisher im Schnitt drei Interaktionen pro Beitrag, im Rahmen der Bildungskampagne kam es zu durchschnittlich 29 Interaktionen pro Beitrag.

 

Doch auch Zugriffszahlen sind ein wichtiger Messwert. Schauen wir uns als Beispiel einmal das Bildungsbuch an, unseren Bildungsblog: Er verzeichnete unmittelbar nach Veröffentlichung des ersten Kampagnen-Postings höhere Zugriffszahlen als sonst. Die Anzahl der NutzerInnen stieg innerhalb einer Woche um 11 %. Davon waren 76,3 % zum ersten Mal auf dem Blog. Insgesamt haben wir seit dem Start der ersten gemeinsamen Kampagne um 19,06 % mehr LeserInnen auf dem Blog als in einem vergleichbaren Zeitraum davor.

 

Die Interaktionsrate auf der Facebook-Seite des Netzwerks Bildungsberatung Salzburg lag Im gesamten Monat April bei 11 % und hat sich damit seit März fast verdoppelt. Die Ergebnisse des Monitorings aus anderen Landesnetzwerken zeigen hier Steigerungen.

Auch die Anzahl der AbonnentInnen auf Facebook hat sich seit der letzten Erhebung im März 2020 bei den meisten deutlich erhöht. Kärnten hat beispielsweise einen Zuwachs von rund 21 %. In Vorarlberg ist die Zahl der AbonnentInnen seit März 2020 um rund 18 % gestiegen.

 

Das waren jetzt einige trockene Zahlen, ein Ausschnitt aus unserem Monitoring. Und auch wenn die Beschäftigung mit diesen Zahlen langweilig klingt, ist es das Ergebnis nicht, denn sie zeigen uns, dass das gemeinsame Handeln wirkt.

Was waren Ihre Learnings aus der Kampagne?

Wir haben natürlich einige Erkenntnisse durch das aktive Handeln und Umsetzen der Kampagne erlangt und gut analysiert. Diese Erkenntnisse sind in den Konzepten zu finden. Um eine Social-Media-Kampagne gut auf die Füße stellen zu können, braucht es viele Schritte: Wer sind die Zielgruppen und wie erreiche ich diese? Wir arbeiten hierfür mit der Methode der "Persona". Mit Hilfe der Methode erstellt man sehr ausführliche Prototypen von ZielkundInnen. Außerdem braucht es einen konkreten Anlass, in unserem Fall war das die Covid-19 Pandemie und der damit verbundene Lockdown sowie die (neuen) Formate der Bildungsberatung Online. Der Anlass wird in lässige Bildsujets mit guten Slogans verpackt, natürlich mit dem Fokus auf die für die Kampagne ausgewählte(n) Zielgruppe(n). Um die Marke "Bildungsberatung Österreich" auch transportieren zu können, braucht es dabei auch ein gemeinsames "look & feel" aller nach außen gehende Sujets und Texte. Die Sujets müssen zusätzlich modular adaptierbar sein, um die Diversität der regionalen Landesnetzwerke abzubilden und sie müssen an diese Anforderungen angepasst werden können. Und dann braucht es eine gute Koordination: Es muss klar sein, wer was wann und wie macht und wo die einzelnen Beiträge gestreut werden. Ohne zentrale Stelle, die das übernimmt, ist das in einem Netzwerk mit so vielen unterschiedlichen "MitspielerInnen" nicht möglich.

 

Sie sehen allein durch diesen kurzen Einblick, wie komplex die Umsetzung nur einer einzelnen Kampagne ist.

Haben Sie Tipps für andere BildungsberaterInnen u.a. ErwachsenenbildnerInnen für das Planen und Umsetzen von Social-Media-Kampagnen?

Angesichts unserer Erkenntnisse und Analysen, können wir folgende Tipps geben:

1. Holen Sie sich ExpertInnen ins Boot, die wissen was sie tun, sonst haben Sie viel Aufwand für wenig Ergebnis. Sie brauchen für eine Kampagne angefangen von Grafik über Text und Pressearbeit bis hin zur Bedienung der verschiedenen Social-Media-Kanäle diverse und unterschiedliche Expertisen.

2. Es müssen die passenden Ressourcen zur Verfügung stehen, das sind vor allem ausreichend Zeit, die erwähnten ExpertInnen, aber auch die bestehenden Online-Plattformen.

3. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die kompromisslose Zielgruppenorientierung. Was bedeutet das in der Praxis? Es geht nicht darum darzustellen, was die Bildungsberatung kann, sondern Lösungen für die KundInnen aufzuzeigen. Und dazu müssen sie Ihre KundInnen genau kennen. Diese Arbeit muss lange vor dem Anlass der Kampagne erledigt sein, weil sonst nicht schnell auf Anlässe reagiert werden kann.

4. Und last but not least braucht es die richtige Einstellung: Social Media ist Beziehungsarbeit und nicht Werbung. Das hat Konsequenzen fürs Handeln aber auch für die Erfolgsmessung.

Wie geht es jetzt weiter? Wird es eine weitere Kampagne geben?

Wir haben im Rahmen unseres Projektes ein Konzept zur österreichweiten Nutzung von Social Media und der Web-Auftritte entwickelt. Es ist auch gespickt mit praktischen Anleitungen und notwendigem Hintergrundwissen, um gut und gemeinsam erfolgreiche Social-Media-Kampagnen umsetzen zu können, die auf einer zielgruppenfokussierten und strategische koordinierten Content-Marketing-Strategie für gesamt Österreich aufbaut. Jetzt hoffen wir, dass es nicht beim Konzept bleibt, sondern dass auch die Umsetzung von unserem Fördergeber beauftragt wird und wir dann noch viele weitere Kampagnen gemeinsam durchführen können. Denn eines ist klar: es braucht einiges an Ressourcen, um das erfolgreich stemmen zu können. Ohne einen passenden Rahmen erreichen die vielen Einzelaktionen nur einen Bruchteil der Ergebnisse, den die Power des gesamten Netzwerkes erreichen kann. Wir erinnern hier noch einmal an das Motto: 1+1=11, das wollen wir auch umsetzen und nutzen! Drücken Sie uns die Daumen!

 

Katrin Reiter (Salzburger Erwachsenenbildung) ist Projektleiterin des Überregionalen Vorhabens der Bildungsberatung Österreich zur Erstellung der Konzepte zur österreichweiten Nutzung von Social Media samt der Web-Auftritte und der Gesamtstrategie Öffentlichkeitsarbeit.

Susanne Drdla (ABZ*AUSTRIA) ist Mitarbeiterin im Projekt und Marketingexpertin für den Bildungsbereich.

Über die Kampagne

Seit 2011 wird durch die Initiative "Bildungsberatung Österreich" ein flächendeckendes Bildungsberatungsangebot in Österreich auf- und ausgebaut. Im Oktober 2019 startete hierzu eine Projektphase zur österreichweiten Koordination und Weiterentwicklung der Bildungsberatung für Erwachsene mit überregionalen Vorhaben. Dabei wurden auch die beiden Konzepte "Nutzungskonzept Social Media und Web-Auftritte für die Bildungsberatung Österreich" und "Konzept für die Gesamtstrategie Öffentlichkeitsarbeit Bildungsberatung Österreich" entwickelt, in deren Rahmen auch die Kampagne initiiert wurde. Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung und der Europäische Sozialfonds fördern das Projekt.

Weitere Informationen:
Quelle: EPALE E-Plattform für Erwachsenenbildung in Europa

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