Das ÖGPB-Schwerpunktthema 2023 steht fest

29.11.2022, Text: ÖGPB, Redaktion: Heidi Buchecker, ÖGPB
Die Österreichische Gesellschaft für Politische Bildung (ÖGPB) stellt ihre Projektförderung 2023 unter den Schwerpunkt "Demokratie zwischen Wissenschaftsskepsis und Expertenkonsens".
Montage Schriftzug Demokratie mit zwei abwendenden Personengruppen
Wie kann politische Erwachsenenbildung zur Entspannung der Freund-Feind-Polarisierung beitragen?
Montage: CC BY, ÖGPB, auf erwachsenenbildung.at
Die Österreichische Gesellschaft für Politische Bildung (ÖGPB) fördert Projekte der politischen Erwachsenenbildung in allen neun Bundesländern. 2023 stellt die ÖGPB ihre Projektförderung unter den Schwerpunkt "Demokratie zwischen Wissenschaftsskepsis und Expertenkonsens". Projektanträge können von 15. Jänner bis 15. März 2023 über die Website der ÖGPB eingereicht werden. Die Info- und Beratungsveranstaltung am 15. Dezember 2022 bietet die Möglichkeit, sich über die formalen und inhaltlichen Auflagen der Projektförderung mit dem Bildungsteam der ÖGPB auszutauschen.

Schwerpunktthema 2023

Auch 2023 richtet sich der Fokus bei der Projektvergabe auf ein von der ÖGPB formuliertes Themenfeld. Etwa 50 Prozent der gesamten Fördermittel werden an Projektvorhaben vergeben, die sich mit diesem thematischen Schwerpunkt auseinandersetzen. Zu 50 Prozent werden jedoch auch Projekte zu anderen, frei wählbaren Themen der politischen Erwachsenenbildung (gerne auch zu den Schwerpunktthemen der Vorjahre) gefördert, um die Kontinuität der Bildungsarbeit zu gewährleisten. Das Schwerpunktthema 2023 lautet:

"Demokratie zwischen Wissenschaftsskepsis und Expertenkonsens"

Im Oktober 2022 wurde der Nobelpreis für Physik dem österreichischen Quantenphysiker Anton Zeilinger zuerkannt. Im September des vorigen Jahres waren indessen die Ergebnisse der Eurobarometer-Umfrage (PDF) veröffentlicht worden, die eine schon länger geahnte Tendenz bestätigten: Das durchschnittliche Interesse der österreichischen Bevölkerung an Wissenschaft und Forschung ist im internationalen Vergleich auffallend gering. Zudem glaubt rund ein Drittel der Befragten, dass Forscher*innen nicht ehrlich seien, und bei der Frage nach dem positiven Einfluss der Wissenschaft auf die Gesellschaft rangiert Österreich am drittletzten Platz. Hier Desinteresse, dort Exzellenz in der Wissenschaft, in ein und demselben Land – wie ist dieses paradoxe Bild zu erklären?

 

Das bedenkliche Resultat der Umfrage führte im Wesentlichen zu zwei unterschiedlichen Reaktionen in Medien wie in Fachdebatten. Einerseits wurde eine tiefliegende Wissenschaftsskepsis konstatiert, die zugleich einen Zweifel an der Demokratie signalisiere. Die Ablehnung einer Politik der Vernunft, die auf wissenschaftlicher Evidenz basiere, gehe einher mit der populistischen und irrationalen Ablehnung demokratischer Werte zugunsten von Verschwörungsmythen – besonders gut sichtbar geworden am Beispiel der Impfgegner*innen mitten in der Pandemie. Die andere Reaktion betonte wiederum, dass die Umfrage-Ergebnisse weniger auf eine allgemeine Wissenschaftsskepsis hinweisen würden, es gehe vielmehr um das Problem der Verknüpfung von Wissenschaft mit Politik. Wenn etwa jene Partei, der man ohnehin nicht vertraut, dazu aufrufe, sich impfen zu lassen, werde das dahinter liegende wissenschaftliche Argument ebenso in Zweifel gezogen. Nicht die Beziehung zwischen Wissenschaft und Bevölkerung sei demnach das Problem, sondern jene zwischen (vor allem als Konsens von Expert*innen präsentierter) Wissenschaft und Politik.

 

Trotz ihrer Unterschiede versuchen beide Interpretationen des Barometers ein gemeinsames Phänomen zu erklären, nämlich jenes der tiefen Polarisierung in der Gesellschaft. Im Rahmen dieser neuen Verwerfung entlang des Wissens beklagt die "vernünftige" Seite bei jeder aktuellen Gelegenheit die Dummheit von "Corona-" und "Klimawandel-Leugner*innen" oder neuerdings von "Putin-Versteher*innen". Medial sichtbar gewordene Wissenschafter*innen und politisch Verantwortliche wiederum bekommen einen Shitstorm oder sogar Todesdrohungen von Teilen der anderen Seite (Stichwort: "Querdenker*innen"). Der Demokratie zuträglich ist die Lage wohl mitnichten.

 

Wie man den Missstand nun auch benennt und erklärt, als Lösung wird von fachlicher Seite jeweils die Verbesserung und Intensivierung folgender Maßnahmen empfohlen: Wissenschaftskommunikation, Wissenschaftskompetenz, Medienkompetenz (vor allem im Bereich der Social Media), evidenzbasierte mediale Information, politische Bildung in der Schule, ... Wie kann nun politische Erwachsenenbildung zur Entspannung der Freund-Feind-Polarisierung sowie zu einer egalitären und zugleich argumentativen Aushandlung der Streitfragen beitragen? Welche Bildungsmaßnahmen kann sie angesichts der gefährdeten Demokratie anbieten, die derzeit zwischen Wissenschaftsskepsis und Konsens von Expert*innen eingezwängt zu sein scheint?

Info und Beratung für Bildungseinrichtungen und NGOs

Projekte politischer Erwachsenenbildung zu konzipieren, eine Projektidee mit dem jährlichen Schwerpunkt und den formalen Vorschriften der ÖGPB-Ausschreibung in Einklang zu bringen, kann für viele Projektentwickler*innen herausfordernd sein. Im Rahmen der dreistündigen Online-Veranstaltung am 15. Dezember 2022 haben Vertreter*innen der interessierten Einrichtungen die Möglichkeit, sich über politische Erwachsenenbildung, Projektentwicklung und vor allem die formalen und inhaltlichen Auflagen der Projektförderung mit dem Bildungsteam der ÖGPB auszutauschen. Die Info- und Beratungsveranstaltung wird Inputs und gemeinsame Aktivitäten ebenso umfassen wie die Beantwortung von allfälligen Fragen. Die Einreichung von Projektanträgen ist von 15. Jänner bis 15. März 2023 online möglich. Detaillierte Informationen zu den Förderrichtlinien sind auf der Website der ÖGPB zu finden.

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