Gesund essen und trinken: Wie kompetent ist Österreich?

31.08.2023, Text: Lucia Paar, Redaktion/CONEDU
Der aktuelle Ernährungskompetenz-Bericht zeigt, dass über ein Drittel der Österreicher*innen Schwierigkeiten beim Verstehen und Beurteilen von Gesundheitsinformation hat.
verschiedene Lebensmittel
Gesunde Entscheidungen bei der Ernährung treffen: Eine Herausforderung.
Foto: Unsplash Lizenz, Jimmy Dean, https://unsplash.com
Das nationale Forschungs- und Planungsinstitut für das Gesundheitswesen "Gesundheit Österreich GmbH" hat im Auftrag des Gesundheitsministeriums im Jahr 2021 eine Studie zur Ernährungskompetenz in Österreich durchgeführt. Rund 3.000 Personen wurden online befragt. Nun liegen die Ergebnisse vor:

35% der Österreicher*innen fällt das Lesen und Rechnen im Kontext von Gesundheit schwer

Die "funktionale Gesundheitskompetenz" beschreibt grundlegende Fähigkeiten in Lesen und Rechnen, die es für das Verständnis von Gesundheitsinformationen braucht. Hier zeigt sich, dass rund 35% der Österreicher*innen nur eingeschränkt lesen und rechnen können.

 

Im Durchschnitt erzielen Frauen dabei einen etwas höheren Wert als Männer (68 bzw. 65 von 100 Punkten). Die Altersgruppe der über 65-Jährigen erreicht den niedrigsten Wert (60 Punkte), jene der 18- bis 34-Jährigen den höchsten (72 Punkte). Auch in Bezug auf die formale Bildung zeigen sich Unterschiede: Österreicher*innen mit maximal Pflichtschulabschluss erzielen im Durchschnitt 51 Punkte, diejenigen mit Matura oder höherem Abschluss 76 Punkte. Insgesamt habe sich die Gesundheitskompetenz der Österreicher*innen zwischen 2011 und 2021 nicht verbessert, so die Autor*innen der Studie.

Schwierigkeiten beim Beurteilen von Gesundheitsinformation

Unter "ernährungsbezogener Gesundheitskompetenz" verstehen die Studien-Autor*innen das Wissen, die Motivation und die Fähigkeiten von Menschen, Informationen zum Thema Ernährung finden, verstehen, beurteilen und anwenden zu können, um im Alltag gesunde Ernährungsentscheidungen zu treffen. Dabei erreichen Österreicher*innen ab 18 Jahren durchschnittlich 60 von 100 Punkten.

 

Folgende Aufgaben fallen dabei besonders schwer:

  • die Glaubwürdigkeit von Lebensmittel-Werbung zu beurteilen (38% finden das "sehr" oder "eher" schwierig);
  • einzuschätzen, wie vertrauenswürdig Internet-Quellen (inkl. soziale Medien) über Ernährung sind (37% finden das "sehr" oder "eher" schwierig);
  • Informationen auf Verpackungen von Lebensmitteln wie die Zutatenliste und Nährwerttabelle zu verstehen (für 33% "sehr" oder "eher" schwierig);
  • zu beurteilen, ob Angaben über gesunde Ernährung richtig oder falsch sind (für 31% "sehr" oder "eher" schwierig);
  • Empfehlungen für eine gesunde Ernährung umzusetzen (für 30% "sehr" oder "eher" schwierig);
  • anderen zu erklären, worauf es bei einer gesunden Ernährung ankommt (25% finden das "sehr" oder "eher" schwierig).

 

Insgesamt erreichen Männer bei der "ernährungsbezogenen Gesundheitskompetenz" durchschnittlich etwas weniger Punkte als Frauen (59 bzw. 62 Punkte). Personen über 50 Jahre erzielen 58 bis 59 Punkte, 18- bis 49-Jährige 61 bis 62 Punkte. Personen mit maximal Pflichtschulabschluss schneiden schlechter ab (59 bis 60 Punkte) als jene mit Matura oder höherem Abschluss (62 Punkte).

Produkte zu vergleichen fällt schwer

Mit dem Begriff  "Food Literacy" bzw. Ernährungskompetenz sind in der Studie verschiedene Fähigkeiten und Praktiken im Umgang mit Lebensmitteln und Ernährung gemeint. Diese reichen von der Planung von Mahlzeiten bis hin zu soziokulturellen Aspekten wie z.B. dem gemeinsamen Essen.

 

Im Durchschnitt erreichen die Österreicher*innen in dieser Kategorie 62 von 100 möglichen Punkten. Am schwersten fällt dabei, Produkte auf Kalorien bzw. Fett‐, Zucker‐ und Salzgehalt zu prüfen, diese Werte bei verschiedenen Produkten zu vergleichen und Gemüse als Snack zwischendurch zu wählen. Die Studien-Autor*innen vermuten, dass bei diesen Herausforderungen sowohl mangelnde Selbstbeherrschung, eine gering eingeschätzte Selbstwirksamkeit als auch eine niedrigere Gesundheitskompetenz eine Rolle spielen.

 

Männer erzielen auch in Sachen "Food Literarcy" leicht niedrigere Werte als Frauen (61 bzw. 63). Bezüglich des Alters zeigt sich jedoch ein anderer Effekt als in den anderen beiden Gesundheitskategorien: Personen unter 65 Jahren haben hier eine geringere Punkteanzahl (62 Punkte) als Personen über 65 Jahren (65 Punkte). Mit höherer Bildung steigt auch die Ernährungskompetenz: Personen mit maximal Pflichtschulabschluss erreichen 60 Punkte, jene mit Matura oder höherem Abschluss 64 Punkte.

Außerdem haben Zweipersonenhaushalte im Vergleich zu Einzelhaushalten eine höhere Ernährungskompetenz. Personen in Haushalten mit Kindern im Alter zwischen 7 und 17 Jahren erreichen niedrigere Werte als Personen ohne Kinder. Kinder von 0 bis 6 Jahren im selben Haushalt machen jedoch keinen Unterschied.

Expert*innen sprechen Empfehlungen aus

Politische und wissenschaftliche Expert*innen leiten auf Basis der Studie u.a. folgende Empfehlungen ab:

  • Es braucht mehr zielgruppenspezifisch aufbereitet Informationen zu gesunder Ernährung.
  • Um einen kritischen Umgang mit Gesundheitsinformationen zu ermöglichen, ist die Urteilskompetenz von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu stärken.
  • Digitale Gesundheitskompetenz soll gefördert werden.
  • Ernährungsbezogene Kompetenzen sollen in unterschiedlichen Alltagssettings (z.B. am Arbeitsplatz und in Pflegeeinrichtungen) berücksichtigt werden.
  • Es braucht Maßnahmen, die das Erlernen einer kostengünstigen, zeitsparenden und genussvollen Zubereitung von Essen unterstützen.
  • Konsument*innen brauchen einfache Tools, um Lebensmittel einschätzen zu können.
Weitere Informationen:
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