Haben Sie schon eine KI-Strategie?

20.05.2024, Text: Birgit Aschemann, Redaktion/CONEDU
Bildungsanbieter, die generative KI in ihren Kursen einsetzen wollen, können nicht einfach loslegen – sie haben eine Planungsaufgabe vor sich.
Ein Mensch, der ratlos einen KI-Chatbot betrachtet.
Fragen rund um Künstliche Intelligenz und die nötigen Kompetenzen: Erwachsenenbildner*innen, die KI in Bildungsangeboten einsetzen möchten, benötigen eine Strategie.
Grafik: , KI-generiert von CONEDU mit Adobe Firefly, Prompt: "ein Mensch, der ratlos einen KI-Chatbot betrachtet", auf erwachsenenbildung.at

KI prägt zunehmend die gesellschaftliche Realität und beeinflusst Menschen in ihrem Alltag. KI-Chatbots stellen die etablierten Wege in Frage, auf denen Text-, Bild- und Video-Informationen zustande kommen. Sie beeinflussen Schreibroutinen, Suchroutinen, Übersetzungs-Routinen und mehr. Infolgedessen prägt KI auch das Lehr-Lern-Geschehen. Dazu muss sich jeder Bildungsanbieter aktiv verhalten. Die untenstehenden Fragen können als Hilfe dienen.

Grafik: CC BY, CONEDU, auf erwachsenenbildung.at

Positionsbestimmung mit KI-Bezug

Die Möglichkeiten von generativer KI verändern Arbeitsplätze und fordern eine neue Aufgabenverteilung zwischen Menschen und Maschinen. KI-Tools versprechen einen Effizienzzuwachs, verführen zum Abgeben von Verantwortung, sind aber nicht auf Wahrheit oder Chancengleichheit optimiert.

Wo sieht sich hier der jeweilige Anbieter mit seinem Menschenbild? Gibt es Hinweise im Leitbild, die den Umgang mit KI vorzeichnen? Geht es dem Anbieter vor allem um die Vorbereitung der Teilnehmenden auf ihre Arbeit oder vorrangig um andere Ziele?

Der KI-Einsatz ist eine kulturelle Praxis mit Einflüssen auf die Medien und die Demokratie. Welcher Grad an Reflexion und Mündigkeit wird innerhalb der Einrichtung erwartet? Welcher soll bei Lernenden gefördert werden? Gibt es dahingehend ein formuliertes Ziel, das die KI-Nutzung beeinflusst?

Hat die Einrichtung Ziele bezüglich Inklusion? Sollen etwa KI-Technologien für eine verbesserte Teilhabe genutzt werden, und sollen Benachteiligungen von Personen in Zusammenhang mit KI vermieden werden? Diese und ähnliche Fragen können die einleitende Reflexion unterstützen.

Was will die Einrichtung mit KI erreichen?

Einen Schritt weiter führen Fragen nach den Zielen des KI-Einsatzes. Diese könnten lauten:

In welchen Bereichen einer Organisation soll KI genutzt werden - in der Verwaltung, im Bildungsmanagement, in der Öffentlichkeitsarbeit, in der Unterrichtsvorbereitung und im Kursgeschehen?

Sollen KI-Tools beispielsweise Blogposts, Konzepte, Curricula, Anträge generieren – oder nur teilweise vorbereiten? Wo wird eine Grenze erwartet und gezogen?

Gibt es dazu Hinweise aus dem Qualitätssicherungs- oder Qualitätsmanagementsystem der Einrichtung? Oder sind diese Systeme angesichts von KI zu adaptieren?

Wird eine generelle Effizienzsteigerung mit KI erwartet, oder spricht etwas dagegen?

Programmplanung angesichts Künstlicher Intelligenz

KI bringt neue Themen mit sich: Sie legt neue Angebote nahe, ruft nach Veränderungen von bestehenden Angeboten und macht andere Angebote wichtiger oder unwichtiger. Programmplaner*innen müssen sich daher Fragen wie die folgenden stellen:

Welche neuen, KI-bezogenen Angebote sollen umgesetzt werden? Welche bestehenden Angebote – beispielsweise zur Medienkompetenz oder politischen Bildung – sollten infolge von KI forciert werden? In welche bestehenden Angebote – beispielsweise zum Schreiben oder zur Bildbearbeitung – sollen KI-Möglichkeiten obligatorisch integriert werden? In welchen Angeboten wäre das fakultativ?

Welche Aspekte von KI bevorzugt im Kursprogramm thematisiert werden sollen, setzt eine Richtungsentscheidung voraus. Das Dagstuhl-Dreieck hilft bei der Reflexion und legt Angebote zur Anwendung von KI, zur Funktionsweise von KI und zu den gesellschaftlich-kulturellen Effekten von KI nahe. Die Überlegung dahinter lautet: Wer ein KI-Modell nutzt, sollte wissen, wie das am besten geht, was das jeweilige Modell dabei macht und was das gesamtgesellschaftlich bewirken könnte. Die Schwerpunktsetzung des Anbieters ist dabei eine strategische Frage.

Mindeststandards für KI im Kursgeschehen

Abgesehen von Programmentscheidungen gilt es zu klären, wann und wie KI im Kursgeschehen explizit thematisiert werden soll. Eine Empfehlung dazu könnte lauten, KI explizit zum Thema zu machen, sobald ein*e Kursleiter*in KI als Instrument im Kurs einsetzt – oder, sobald KI das erste Mal erkennbar von einem Kursteilnehmer oder einer Kursteilnehmerin genutzt wird (je nachdem, was früher der Fall ist). Ab dann sollten wichtige Basics vermittelt werden, etwa die Funktionsweise eines Sprachmodells, der Unterschied zwischen Generieren und Recherchieren oder die No-Gos beim Eingeben von Informationen in einen KI-Chatbot.

Weitere Mindeststandards für die KI-Nutzung im Kursgeschehen betreffen den Datenschutz und das Ausweisen von KI-generierten Produkten, wenn ihre Verwertung geplant ist.

Wichtig ist hierbei der Abgleich mit den bestehenden Grundsätzen für Unterrichtende, die beim jeweiligen Anbieter bestehen. Unterrichtende profitieren auch sehr von Hilfestellungen zur KI-Didaktik, also von einer Zusammenstellung von Methoden und Materialien, mit denen KI im Unterricht gut eingeführt und bearbeitet werden kann.

KI in Qualifikationsarbeiten

Bei Prüfungen und Abschlussarbeiten ist die KI-Verwendung ein kritisch diskutiertes Thema. Welche Regeln sollen dafür gelten – sofern das den jeweiligen Anbieter betrifft? 

Welche neuen Prüfungsformate und Aufgabenstellungen für schriftliche Arbeiten sollen entwickelt werden? Wie kann dabei eine stärkere Prozessorientierung umgesetzt werden? Und welche Deklaration und Dokumentation wird im Fall einer KI-Verwendung verlangt? 

Falls KI beim Erstellen von Lehrgangsarbeiten verwendet wird: Welcher Anspruch besteht an das Nachverfolgen von Quellen? Werden KI-generierte Aussagen als Zitate akzeptiert, oder wird der Nachweis eines Belegs erwartet? Soll die KI-Verwendung auf Tools beschränkt werden, die auch recherchieren und konkrete Quellen ausweisen? Als grober erster Anhaltspunkt könnte dem Anbieter sein bisheriger Umgang mit Wikipedia als Quelle dienen.

KI-Kompetenz und Personalentwicklung

Die Umsetzung von Mindeststandards erfordert entsprechende KI-Kompetenzen der Kursleiter*innen. Jeder Anbieter sollte sich fragen:

Welche konkreten KI-Kompetenzen werden von den Unterrichtenden erwartet? Wie können sie dabei unterstützt werden, diese zu erwerben?

Welche Grundhaltung in Bezug auf KI sollte organisationsweit mitgetragen und an die Teilnehmenden weitergegeben werden? Und wie kann das erreicht werden?

Welche konkreten Erwartungen gibt es an Unterrichtende hinsichtlich der KI-unterstützten Unterrichtsvorbereitung und Materialerstellung? Welche Regeln sollen hier definiert werden, und welche Hilfestellungen sind möglich?

Und schließlich: Wie erkennen Personalverantwortliche, ob ein*e Kursleiter*in ausreichend KI-kompetent ist? Welche Hilfestellungen – Weiterbildungen, Fragenliste etc. – könnten ihnen dabei helfen?

Von der Position zur Strategie: die Umsetzungsplanung

Am Ende stehen die Wie-Fragen zur Umsetzung der beschlossenen Ziele und Grundsätze – einige wurden schon angesprochen. Weitere Fragen könnten lauten:

Wer muss dafür aktiv werden? Welche neuen Rollen und Zuständigkeiten sind nötig?

Welche neuen Technologien braucht es? Ist etwa die Anschaffung einer lokalen KI geplant? Sollen bestimmte Modelle empfohlen oder untersagt werden? Soll der Fokus auf KI-Tools ohne Anmeldung liegen? Ist etwa die organisationsweite Arbeit mit Microsoft samt Copilot geplant?

Wie erfolgt die (trotz Engpässen nötige) Personalauswahl und Personalentwicklung für die KI-Thematik? Nach welcher Systematik erfolgt die KI-bezogene Weiterbildungsplanung?

Auf welche Weise wird sichergestellt, dass der Einrichtung das jeweils aktuelle KI-Knowhow für die Erwachsenenbildung zur Verfügung steht? Wer ist dafür zuständig?

Wie erfolgt das Monitoring? Und wann und von wem soll die entwickelte KI-Strategie angesichts der rasanten Entwicklung neu überprüft werden?

Weitere Informationen:
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