Qualität und Vernetzung in der Basisbildung: Die EBSN-Tagung 2023
Professionalisierung der Basisbildung
Mit seinem lernergebnisorientierten Curriculum für Basisbildungskurse (PDF), dem Qualifikationsprofil für Basisbildner*innen (PDF), das die Anforderungen an dieses Berufsbild definiert, sowie dem Anerkennungsverfahren für Basisbildner*innen, das seit 2022 von der Weiterbildungsakademie Österreich (wba) angeboten wird, steht Österreich inmitten der Diskussionen, die auch auf europäischer Ebene geführt werden. Es ist eher die Ausnahme, dass die Professionalisierung so weit vorangeschritten ist wie hierzulande, und teils werden diese weitreichenden Entwicklungen auch kontrovers gesehen. Im Zentrum steht die Frage, ob und inwieweit Standardisierung und die übergeordnete Definition von Anforderungen die Qualität weiterbringen oder aber manchmal auch ein flexibles Eingehen auf die Bedürfnisse von Zielgruppen verhindern. Es muss also immer darum gehen, bei größtmöglicher Klarheit gleichzeitig große Offenheit zu gewährleisten.
Einbettung in den europäischen Diskurs
Der Blick auf europäische und internationale Entwicklungen stand bei der Konferenz im Vordergrund. Sofie Doškářová von der Europäischen Kommission bettete die Konferenz in das „Europäische Jahr der Kompetenzen“ („Year of Skills“) ein, das noch bis Anfang Mai 2024 läuft. Balázs Németh (Universität Pécs), der international tätige Erwachsenenbildungsforscher Heribert Hinzen sowie Judith Alamprese aus den USA öffneten den Blick auf internationale Entwicklungen der Erwachsenenbildung und die Aktivitäten der Unesco mit ihren internationalen „Confintea“-Tagungen, die seit 1949 in größeren Abständen stattfinden und aus dem Erleben des 2. Weltkriegs heraus entstanden sind – aus der Überzeugung heraus, dass die Erwachsenenbildung einen wichtigen Beitrag zu Frieden und internationaler Völkerverständigung leisten kann.
Weiterbildungen für Basisbildner*innen in Form von Micro-Credentials
Konkrete Bemühungen des ESBN-Netzwerks um die Professionalisierung von Trainer*innen in der Basisbildung wurden am zweiten Tag vorgestellt: Die neu entwickelten Professional Development Series (PDS) bestehen aus derzeit sechs Moocs (Mooc = Massive Open Online Course) mit einem Lernaufwand von je 24 Stunden, die als offene Bildungsressource zur Verfügung gestellt werden. Sie können an die eigenen Bedarfe angepasst werden: So können sie ergänzt, in ihrer Struktur verändert, in andere Sprachen übersetzt oder in andere Ausbildungen integriert werden.
Das Besondere daran ist, dass diese Weiterbildungen als erste Micro-Credentials (PDF) in der Erwachsenenbildung gelten können – wurden sie doch nach der 2022 veröffentlichten EU-Empfehlung für Micro-Credentials (PDF) konzipiert. Damit verfolgen sie das Ziel, übertragbar in andere Bildungssektoren (z.B. den Hochschulbereich) zu sein oder an Qualifikationsrahmen (EQF, NQR) andocken zu können.
Austausch und vielfältige Blicke über den Tellerrand
Die Konferenz fand im schönen Ambiente des „House of Civil Communities“ (Haus der Zivilgesellschaft) im südungarischen Pécs statt, das über 50 ungarischen NGOs, Bildungseinrichtungen und künstlerischen Gruppierungen ein Dach über dem Kopf bietet. Der Austausch der 70 Teilnehmenden ermöglichte einen spannenden Blick über den eigenen Tellerrand, ließ neue Kontakte entstehen und erweiterte den eigenen Horizont. Aus Österreich waren Vertreter*innen des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung, der Initiative Erwachsenenbildung und der wba dabei.
Bewusstseinsbildung für das Thema Basisbildung
Dabei kann sich Österreich von den vielen sehr unterschiedlichen europäischen Beispielen, die vertreten waren, gute Ideen mitnehmen, wie gesellschaftliche Bewusstseinsbildung unterstützt werden könnte: Spannend waren zum Beispiel die Aktivitäten der „Stiftung Lesen & Schreiben“ (Stichting Lezen en Schrijven) aus den Niederlanden, die Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit betreiben und z.B. Basisbildungspreise vergeben (an Teilnehmende, Trainer*innen, Anbieter von Basisbildung) oder bekannte Persönlichkeiten als Botschafter*innen für ihre Ziele gewinnen. Menschen, Anbieter und Gemeinden, die sich engagieren wollen, können dort Ideen finden und dazu beitragen, die öffentliche Wahrnehmung und Aufmerksamkeit für dieses Thema zu stärken. Hier ist sicherlich auch für Österreich noch viel zu tun!
EBSN – das europäische Netzwerk für Basisbildung
Das Europäische Netzwerk für Basisbildung (European Basic Skills Network, EBSN) ist ein Zusammenschluss von Stakeholdern auf politischer Ebene, die sich mit der Vermittlung von Grundfertigkeiten für Erwachsene beschäftigen. Ihr Ziel ist die Mitgestaltung von politischen Entwicklungen auf europäischer und nationaler Ebene – konkret die Verbesserung von Angeboten im Bereich der Basisbildung, die Professionalisierung von Basisbildner*innen sowie soziale Integration, Armutsbekämpfung und generell nachhaltige Entwicklung durch die Ermöglichung von Bildung für alle.