Digitale Lernformen und Psychosoziales sind häufige Beratungsthemen
Stolpersteine in der digitalen Beratung
Allen voran haben die Maßnahmen gegen Corona den Zugang zur Beratung und den Beratungsprozess an sich erschwert. Präsenztermine konnten kaum oder gar nicht abgehalten werden und ein Ausweichen auf Telefon oder digitale Hilfsmittel war nicht in allen Fällen möglich. Berater*innen in Deutschland sehen die größten Stolpersteine in der digitalen Beratung beim Datenschutz, dem Beziehungsaufbau mit den Ratsuchenden, der technischen Ausstattung sowie dem technischen Support innerhalb der Organisation. Defizite bei technischer Ausstattung und digitalen Kompetenzen verorten Beratende und Respondenten von Verbänden und aus der Wissenschaft verstärkt bei den Beratenden und weniger bei den Ratsuchenden. Die wenigsten Probleme sehen sie bei der Verbindlichkeit bzw. Nachhaltigkeit der Beratungsergebnisse.
Auswirkungen der Pandemie auf Beratungsthema
Nicht nur die Methoden haben sich in den letzten anderthalb Jahren geändert, sondern auch die Themen, zu denen verstärkt beraten wird. Ratsuchende haben stets mehr Fragen zur Digitalisierung – zu neuen Lehr- und Lernformen, aber auch zu digitalisierungsbedingten Veränderungen am Arbeitsmarkt, die von ArbeitnehmerInnen neue Kompetenzen erfordern.
Verstärkt wird auch zu psychosozialen Aspekten der Pandemie beraten. Interessant ist hierbei, dass Beratende teils dieselben Herausforderungen wie die Ratsuchenden erfahren, und somit aus eigener Erfahrung schöpfen können.
Die Ratsuchenden in der neuen Beratungssituation
Fragt man die Beratenden und andere Stakeholder im Bildungs- und Berufsberatungssektor, dann nimmt ein großer Teil der Ratsuchenden die digitalen Beratungsformen positiv bis zurückhaltend an – nur ungefähr ein Zehntel der Ratsuchenden steht digitaler Beratung ablehnend gegenüber. Gründe für die ablehnende Haltung sehen die Befragten in der fehlenden technischen Ausstattung, Unkenntnis und Unsicherheit im Umgang mit der Technik, Misstrauen hinsichtlich des Datenschutzes oder allgemein der Präferenz für die Präsenzberatung.
Zielgruppen, die mit digitalen Hilfsmitteln eher nicht erreicht werden, sind oft Personen, die auch schon vor Corona bei der Bildungs- und Berufsberatung unterrepräsentiert waren – u.a. Personen mit Migrationshintergrund oder solche, die aus sozialen und ökonomischen Gründen benachteiligt sind.
Dagegen war der Umstieg auf digitale Beratung vor allem bei Zielgruppen erfolgreich, die bereits über IT-Kenntnisse verfügen, aus Zeitgründen oder aufgrund der Entfernung des Wohnorts nicht in der Präsenzberatung betreut werden konnten.
Jeder Nachteil hat auch seinen Vorteil
Die Ausnahmesituation der letzten anderthalb Jahre hat viele negative Auswirkungen auf Beratungszahlen und -verläufe gehabt, allerdings hat durch die notgezwungene Umstellung auf digitale Beratung auch ein Digitalisierungsschub stattgefunden, vom dem die Bildungs- und Berufsberatung langfristig profitieren kann. Mit der richtigen Investition in Ausstattung und IT-Kenntnisse kann die Bildungs- und Berufsberatung die Vorteile digitaler Beratung für die Ratsuchenden nutzen, die von der Flexibilität profitieren und Präsenzberatung für all jene anbieten, die digital sonst nicht zum Zug kommen.
Im Zuge der Studie befragte das Nationale Forum in Bildung, Beruf und Beschäftigung 22 Mitglieder, darunter neun Beratungseinrichtungen. Die Befragung erfolgte im Oktober 2020 und wurde im Januar 2021 publiziert.
Erstellung des Beitrags gefördert aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung und des Europäischen Sozialfonds.