Feldanalyse der österreichischen Bildungs- und Berufsberatung

25.11.2017, Text: Margit Maria Havlik, Redaktion: Redaktion/CONEDU
Margit Maria Havlik publizierte kürzlich die erste umfassende Feldanalyse zur Bildungs- und Berufsberatungslandschaft in der österreichischen Erwachsenenbildung.
Margit Maria Havlik analysierte die österreichische Bildungs- und Berufsberatungslandschaft.
Abbildung: Alle Rechte vorbehalten, http://www.wbv.de
Die vielfältige Bildungs- und Berufsberatungslandschaft in Österreich wurde bislang nur in Einzelprojekten erforscht, bis heute fehlt eine zusammenhängende Feldanalyse. Diese Forschungslücke schließt Margit Maria Havlik mit ihrer Dissertation „Bildungs- und Berufsberatung in der österreichischen Erwachsenenbildung". Begleitet wurde die Dissertation von den ProfessorInnen Elke Gruber und Werner Lenz.

 

Historisch fundiert bereitet sie die Entwicklung und Handlungsfelder der österreichische Bildungs- und Berufsberatung auf, zeigt die Gemeinsamkeiten der vielfältigen Beratungsarbeit in Österreich, zeichnet Strukturen nach und erklärt Diversitäten. Ein zentraler Punkt der Untersuchung ist dabei die Frage, welche Basiskompetenzen Bildungs- und Berufsberatende benötigen, um Menschen in Phasen des Übergangs, der Neuorientierung und Veränderung begleiten zu können. Grundlage der Untersuchung sind historische Daten sowie aktuelle eigene empirische Erhebungen.

 

Die Auswertungen liefern Erkenntnisse über die Spezialisierung von Beratungssettings, den Einsatz von Kompetenzfeststellungsverfahren von Beratenden und den Stand der Professionalisierung im Berufsfeld der Bildung- und Berufsberatung in Österreich. Durch die Verbindung mit dem europäischen Diskurs zum Lifelong Learning sind die Ergebnisse zur Beratungsqualität auch außerhalb Österreichs von Bedeutung.

 

Inhalt

Beziehungen fruchtbar zu gestalten und ihre Probleme zu meistern, wachsen. Gelernte Handlungsmuster halten der Wirklichkeit selten mehr stand, die Zuverlässigkeit und Gültigkeit traditioneller Handlungsmuster gerät ins Wanken, sie werden in Frage gestellt und bieten oftmals keine zufriedenstellenden Lösungsvorschläge mehr an.

 

Der Bruch gelernter Muster macht Personen unsicher, Handlungsanleitungen für aktuelle Fragestellungen, die in verschiedenen Beratungssegmenten erarbeitet werden, sind gefragter denn je. Das Feld der Beratung wird immer bedeutsamer, ist jedoch bisher nur rudimentär erforscht.

 

Die vorliegende Studie ist dem Feld der Praxisforschung zuzurechnen und bietet erste Ergebnisse für eine systematische Untersuchung des Feldes der Bildungs- und BerufsberaterInnen in der österreichischen Erwachsenenbildung.

 

Die Grundannahme der vorliegenden Dissertation besagt, dass Bildungs- und BerufsberaterInnen in der Erwachsenenbildung zwar in sehr verschiedenen Settings, und in unterschiedlichen inhaltlichen Fragen tätig sind, aber dennoch gemeinsame Kompetenzen haben, die für dieses Feld unerlässlich sind.

 

Es wird angenommen, dass innerhalb dieser (Berufs-)Gruppe – oft mit sehr unterschiedlichen Aufgabengebieten – gemeinsame Basiskompetenzen existieren auf denen die erfolgreiche Bewältigung der täglichen Arbeit der Bildungs- und BerufsberaterInnen fußt.

 

Es galt daher zu erforschen, in welcher Form Bildungs- und Berufsberatung in der österreichischen Erwachsenenbildung ausgeübt wird, und ob die angenommenen Basiskompetenzen herauszufiltern und zu beschreiben sind. Nach einer vergleichenden Analyse von zwei Zertifizierungssystemen im Bereich der Bildungs- und Berufsberatung auf Basis des Kompetenzatlas von Erpenbeck/Heyse wurden die auf diesem Weg theoretisch extrahierten Kompetenzen mittels einer Befragung der aktiven Bildungs- und BerufsberaterInnen in der Erwachsenenbildung der Praxistauglichkeit unterzogen.

 

Die Analyse und Aufbereitung der Historie des Feldes gibt Auskunft über den heutigen Zustand des Feldes und erklärt bestimmte Phänomene wie beispielsweise die starke Fragmentierung der Landschaft.

 

Die historischen Quellen erschließen erste institutionalisierte Anfänge bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts, die Entstehung und Ausdifferenzierung des Handlungsfeldes Bildungs- und Berufsberatung wird bis zur heutigen Verfasstheit nachgezeichnet und der Bogen zur europäischen Dimension des Handlungsfeldes gespannt.

 

Theoretische Grundlagen und Konzepte werden skizziert, es folgt eine Auseinandersetzung mit dem Kompetenzdiskurs. Anhand von Bildungstheorien konnte im theoretischen Teil der Arbeit eine Zuordnung der Bildungs- und Berufsberatung zum Fachbereich Bildungswissenschaften vorgenommen werden.

 

Im empirischen Teil findet sich das Ergebnis der durchgeführten Online-Befragung. Es ist gelungen - abgesehen vom Nachweis der Existenz von Basiskompetenzen - grundlegende Informationen für das Feld der Bildungs- und Berufsberatung zu gewinnen, auf die weitere Untersuchungen aufbauen können.

 

Aus den Ergebnissen der Arbeit können neben gesellschaftspolitischen Fragestellungen zum Thema Lifelong Guidance konkrete Schlüsse zur Aus- und Weiterbildung der Beschäftigten in der Bildungs- und Berufsberatung gezogen werden.

 

Fazit

Die österreichische Bildungs- und Berufsberatung der Erwachsenenbildung ist nicht mit den besten finanziellen Mitteln ausgestattet, es fehlt eine gemeinsame Ausbildung, die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit ist ausbaufähig und an der Begründetheit der Methodenauswahl muss gearbeitet werden.

 

Dennoch scheint es, dass gerade der nachgezeichnete speziell ausgestaltete österreichische Weg der Verschiedenheit und Vielfalt ein Angebot an Bildungs- und Berufsberatung geschaffen hat, das auf wechselnde Anforderungen gut reagieren kann.

 

Über die Publikation

Diese Arbeit richtet sich sowohl an Ausbildungsinstitute und Stakeholder dieses Berufsfeldes als auch an jede/jeden einzelne/n Bildungs- und Berufsberater/in in der österreichischen Erwachsenenbildung.

 

Der Band erscheint in der wbv-Reihe „Sozialwissenschaften heute".

 

Havlik, Margit Maria (2017): Bildungs- und Berufsberatung in der österreichischen Erwachsenenbildung. Historie, Feldanalyse, Basiskompetenzen. Reihe: Sozialwissenschaften heute. Band 1. Bielefeld: W. Bertelsmann. 186 Seiten, EUR 39,90. ISBN: 978-3-7639-5918-1

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