Lernmaschinen und Künstliche Intelligenz auf der OEB 2019
Lernen wie im Film „Matrix"?
„Auch in 25 Jahren wird man nicht durch das Schlucken einer Pille plötzlich Kung Fu beherrschen, wie es der Film Matrix prognostiziert.", so Audrey Watters im Opening der Online Educa in Berlin (OEB). Die auf Bildungstechnologien spezialisierte Journalistin enttäuschte und begeisterte auf der Berliner Messe zum digitalen Lernen über 2000 Anwesende mit ihren Attacken gegen Stories über die Großartigkeit des E-Learnings und kritisierte die These, das digitale Lernen sei unvermeidlich. Vielzitierte Aussagen – etwa über die kurze „Halbwertzeit" beruflichen Wissens oder die völlige Neuartigen von zwei Dritteln der künftigen Berufe – seien übertrieben und nicht belegt. Die Journalistin forderte daher: „Lassen wir die akademische Welt nicht von Silicon Valley manipulieren!"
Lernmaschinen ähnlich wie Suchmaschinen
Das Misstrauen gegen „Lernmaschinen" versuchte Inge De Waard von der Open University UK zu zerstreuen: So wie Suchmaschinen mit ihren Algorithmen optimale Ergebnisse für die suchenden Personen präsentieren, könnten Lernmaschinen mit individuell angepassten Algorithmen optimale Lernschleifen für LernerInnen erzeugen. Die Innovation dabei sei, dass die Lernmaschinen – so wie erfolgreiche Suchmaschinen – keine Inhalte speichern müssten, sondern nur die Verbindung zwischen Inhalten, Lernwegen und lernenden Personen bereitstellen sollten.
Lernmaschinen in China
Keynote-Speaker Wei Cui, leitender Wissenschaftler beim chinesischen Ed-Tech-Unternehmen Squirrel AI Learning, berichtete von den Erfolgen der künstlichen Intelligenz (KI) im chinesischen Bildungssystem: Innerhalb von fünf Jahren seien 2.300 Lernzentren mit adaptiven KI-Lernsystemen eröffnet worden, denn: „Jedes Kind hat das Recht auf einen guten Lehrer, auf ein 1:1 Setting beim Lernen." Der chinesische Zugang – so Cui – setzt einen Schwerpunkt auf den kleinteilig kartographierten nachgefragten Lehrstoff und legt viel Wert auf die Individualisierung der Lernwege: Jeder Lerner wisse aufgrund eines permanenten Testsystems, welche Teile des Lernziels nicht erreicht wurden, und müsse sich mit genau diesen Aspekten beschäftigen.
Chatbots als hilfreiche Coaches
Folgt man einer Gruppe Niederländer um Steven van Luipen, so könnten Chatbots den Eigenschaften eines „guten Lehrers" nahekommen: Bots können genau die richtigen Fragen passend zur jeweiligen Situation stellen. Sie sind im Gegensatz zu realen Personen immer verfügbar, unendlich geduldig und können mehrere Konversationen gleichzeitig führen. Lerngespräche mit Bots würden durchwegs positiv beurteilt, auch wenn die Lernenden um die nichtmenschliche Eigenschaft ihrer GesprächspartnerInnen wüssten.
Kann man „die gute Lehrperson" automatisieren?
„Lernmaschinen" und Chatbots legen nahe, dass es zum Lernen keine Lehrenden mehr braucht. Dem gegenüber steht die Hattie-Studie von 2013, die besagt: von der Lehrperson und ihrer Beziehung zu den Lernenden hängt es ab, ob das Lernen funktioniert. Eine Konferenzteilnehmerin brachte es auf den Punkt: „Wenn meine Institution es schafft, freue ich mich darauf, dass das Testen und Korrigieren automatisiert wird. Auch die individuellen Lernwege über eine Plattform sind mir ganz recht. Aber meine Position als Lehrerin in der Schule, als role model in der Erwachsenenbildung oder als forschendes Vorbild an der Universität – Das muss bleiben."
Über die Online Educa Berlin (OEB)
Die Konferenz für technologisch gestützte Aus- und Weiterbildung in Berlin ist eine der größten internationalen Messen zum Thema Bildungstechnologien und findet alljährlich statt, zuletzt am 28. und 29. November 2019. Sie bietet ExpertInnen und AnwenderInnen ein Forum für Austausch und Info-Updates in englischer Sprache. Die OEB 2020 ist für 2.-4. Dezember in Vorbereitung.
Verwandte Artikel
![]()
KI und Datenschutz: Worauf Erwachsenenbildner*innen achten sollten
KI-Tools können viele Arbeitsabläufe unterstützen. Gleichzeitig wirft ihr Einsatz Fragen zum Datenschutz auf. Lehrende sind gefordert, ihre Teilnehmenden für den sorgsamen Umgang mit Daten zu sensibilisieren.![]()
RAG-Chatbot zum AI Act: Die KI-Servicestelle zeigt, wie es geht
Die RTR-GmbH bietet mit dem „AI Act Chatbot“ ein RAG-System an, das Fragen rund um die europäische KI-Verordnung quellentreu beantwortet.![]()
Wie KI bei der Kursplanung unterstützen kann
Von der Bedarfsanalyse bis zur Kursevaluierung: Generative KI kann viele Schritte der Kursplanung erleichtern. Eine Lektion im EBmooc 2025 zeigt Praxisbeispiele und aktuelle Entwicklungen.![Grafik: Pfad zur fertigen Lerneinheit]()
Didaktik für digitale Kompetenzen: vom Kurs zur echten Lernerfahrung
Wer digitale Themen lehrt, weiß auch: Tools und Technik sind nicht genug. Entscheidend ist die Kunst, Lernprozesse so zu gestalten, dass sie Sinn, Relevanz und Nachhaltigkeit entfalten. Wie das geht, zeigt das kostenlose Lernprogramm DISKIT.![]()
Handreichung: KI-Schulungen praxisnah gestalten und umsetzen
Der Leitfaden von Miriam Auer unterstützt Erwachsenenbildner*innen bei der Konzeption und Durchführung eigener Bildungsangebote mit KI – von rechtlichen Fragen bis zur didaktischen Umsetzung.![Grafik: abstrakte bunte Darstellung von Datenströmen, Waagen und einem Schriftzug "AI-Act"]()
KI-Verordnung ruft Erwachsenenbildung zum Handeln auf
Der AI-Act ist mit zahlreichen Bestimmungen bereits in Kraft und bringt konkrete Verpflichtungen für die Erwachsenenbildung mit sich. Eine Lektion des offenen EBmooc bündelt Informationen dazu.





