KI lernförderlich einsetzen – aber wie?

Die breite Verfügbarkeit generativer Künstlicher Intelligenz verändert das Lernen, etwa, indem sie neue Wege eröffnet, wie Wissen erschlossen, Ideen entwickelt und Zusammenarbeit gestaltet werden können. Doch lernförderlich wirkt die Technologie nicht automatisch. Es kommt vielmehr auf die Art an, wie sie eingesetzt wird. Denn KI ist kein Ersatz für kritisches Denken, sondern ein Werkzeug, das im besten Fall dazu anregen kann. Wie das gelingt, zeigt Nele Hirsch in unterschiedlichen Blog-Beiträgen anhand konkreter Ideen und Beispiele.
Reflexion statt Automatisierung
Künstliche Intelligenz kann Denkprozesse bereichern, sofern sie gezielt und reflektiert eingesetzt wird. Ein unmittelbarer Start mit einem Prompt ist dabei nicht zwingend der produktivste Weg. Nele Hirsch empfiehlt, neue Themen zunächst analog zu erschließen: durch einen Spaziergang, eine Skizze oder handschriftliche Notizen. Diese bewusste Vorstufe schafft Raum für eigene Gedanken und stärkt die individuelle Auseinandersetzung mit dem Thema, bevor Impulse von außen dazukommen.
Anschließend lässt sich die KI sinnvoll einbinden, etwa in einem dialogisch angelegten Brainstorming, bei dem Mensch und Sprachmodell abwechselnd Ideen vorschlagen. Die Rolle der KI besteht dabei nicht in der Vorgabe, sondern in der Erweiterung von Perspektiven. Die inhaltliche Steuerung bleibt beim Menschen.
Auch Phasen ohne KI-Nutzung sind didaktisch wertvoll. Sie fördern Intuition, Selbstreflexion und die Fähigkeit, eigene Positionen zu entwickeln – Qualitäten, die sich nicht automatisieren lassen. Entscheidend ist daher nicht die ständige Verfügbarkeit der Technologie, sondern ein bewusster Umgang damit.
KI-Verständnis als Grundlage
Ein gutes Verständnis der Funktionsweise von KI ist notwendig für ihren reflektierten Einsatz. Wer weiß, dass generierte Antworten nicht wahr, sondern wahrscheinlich sind, kann KI-Output besser einordnen und gezielt nutzen. Doch das allein genügt nicht, so Nele Hirsch. Die Interaktion mit KI ist eine neue Form des Austauschs: offen, dynamisch und noch wenig didaktisch erschlossen. Es gibt keine fertigen Rezepte, sondern vor allem eines: Gestaltungsbedarf. Sinnvoll genutzt wird KI dort, wo technisches Verstehen mit pädagogischer Haltung zusammenkommt mit der Bereitschaft, Lernprozesse unter Einbezug der Technologie neu zu denken.
Menschliche Fähigkeiten entwickeln – nicht ersetzen
Je mehr Aufgaben durch KI automatisiert werden, desto relevanter werden originär menschliche Werte. Besonders die menschliche Intuition verdient laut Hirsch pädagogische Aufmerksamkeit: Sie ist kein festes Merkmal, sondern entsteht durch Erfahrung und Auseinandersetzung mit der Umwelt. Ziel ist es daher, Lernräume zu schaffen, in denen menschliche Potenziale gezielt gefördert werden.
Transparenz schafft Vertrauen
Gerade in kollaborativen Kontexten zeigt sich, wie sensibel der Einsatz von KI abgestimmt werden muss. Nele Hirsch betont, dass gelingende Zusammenarbeit vor allem auch transparente Kommunikation über die Nutzung von KI für bestimmte Aufgaben verlangt Außerdem sind bewusste Entscheidungen darüber notwendig, in welchen Kontexten KI-Vorschläge weiterführen und in welchen nicht. Was daraus folgt, ist kein festes Regelwerk, sondern ein Prozess des Aushandelns: Zusammenarbeit, die KI mitdenkt, ist dialogisch, kontextsensibel und bleibt immer gestalt- und veränderbar.
Wer sich intensiver mit der didaktisch sinnvollen und rechtssicheren Nutzung von KI in der Erwachsenenbildung befassen möchte, findet ab September im neuen EBmooc 2025 praxisorientierte Impulse, Beispiele und Werkzeuge. Der offene Online-Kurs bietet Orientierung für alle, die KI verantwortungsvoll in Lehr- und Lernkontexte integrieren wollen.

Verwandte Artikel
Digitale Zusammenarbeit 4.0: ein Buch für die Praxis
Im zweiten Band einer aktuellen Publikation gibt Jöran Muuß-Merholz Tipps für eine gelungene Zusammenarbeit. Die vorgestellten Praktiken umfassen das Dokumenten-Management, die Terminplanung und die Kommunikation mit Kolleg*innen.Zusammenarbeiten in digitalen Zeiten
Der deutsche Bildungsexperte Jöran Muuß-Merholz zeigte in einem Vortrag auf der re:publica 2023, wie digitale Zusammenarbeit besser organisiert werden kann. Auch in der Erwachsenenbildung findet Kollaboration zunehmend digital statt. Die besten Tipps finden sich gegen Ende des Videos.OER: Kostenlos teilen und Geld verdienen?
Können Erwachsenenbildner*innen mit Open Educational Ressources (OER), also offen lizenzierten Inhalten, Geld verdienen? Die Bildungswissenschafterin und Pädagogin Nele Hirsch gibt Einblicke in das Geschäftsmodell des Teilens und erklärt, was dazu nötig ist.Toolbox für eine erfolgreiche digitale Zusammenarbeit
Die Wirtschaftskammer Österreich hat eine Schatzkiste für die virtuelle Arbeit in Unternehmen zusammengestellt. Hier finden sich Tools in acht thematischen Kategorien mit einer Übersicht zu Kosten, Usability und Gratisversion.Experiment: Online-Workshop mit Video-Anleitung
Nele Hirsch (eBildungslabor) hat im Rahmen des EBmooc focus erstmals ein asynchron-synchrones Lernformat umgesetzt: in einem Live-Webinar konnten Teilnehmende an einem vorab aufgezeichneten Workshop zum Thema Formatentwicklung teilnehmen. Ihre didaktischen Überlegungen und die technische Umsetzung hat die Pädagogin auf ihrem Blog dokumentiert.Hybride Lernsettings kreativ gestalten
Nele Hirsch (eBildungslabor) liefert in einem Blogbeitrag Ideen, wie sich physische und digitale Räume bei der pädagogischen Gestaltung von Bildungssettings gut ergänzen können.