Die Zertifikatskultur in der Erwachsenenbildung im Wandel
Die dezentrale EU-Agentur Cedefop befasst sich schon seit Jahren mit den Potenzialen von Microcredentials, und zwar aus Sicht der beruflichen Bildung. Auf der Online-Veranstaltung The changing landscape of qualifications and credentials am 5. Dezember 2024 initiierte sie eine Reflexion über den Wandel der Europäischen Zertifikats-Kultur mit ca. 200 Teilnehmenden.
Wie ändert sich die Zertifikatskultur in Europa?
Traditionelle formale Bildungsabschlüsse bleiben in Europa relevant und werden teilweise weiter aufgewertet und auch transparenter gestaltet; sie spielen eine wesentliche Rolle beim Zugang zu Arbeitsplätzen (Allokationsfunktion) und sind für politische Entscheidungsträger wichtig, weil sie über bildungspolitische Vorgaben gestaltbar sind.
Als Ergänzung dazu werden alternative Formen von Zertifikaten immer bedeutsamer und ermöglichen es, Lernergebnisse flexibel und über einen langen Zeitraum zu sammeln und zu kombinieren – so die Veranstalter. Nano-Zertifikate und Mikro-Zertifikate gewinnen an Bedeutung; vor allem Microcredentials bilden ein gutes Beispiel für diesen Trend. Die Palette möglicher Qualifikationen wird breiter, und Zertifikate werden dynamischer und integrativer, um unterschiedliche Lernstile und Lebenswege zu berücksichtigen. Digitale Formate spielen eine wesentliche Rolle dabei.
EU-Instrumente zur Unterstützung des Wandels
Die Europäische Union hat mehrere unterstützende Instrumente entwickelt, um diesen Wandel zu begleiten. Unumstritten ist in diesem Zusammenhang die Bedeutung des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQF), an dem 41 Länder teilnehmen und mit dem 37 nationale Rahmenwerke verknüpft sind. Diese Nationalen Qualifikationsrahmen unterstützen die Flexibilität in der Qualifikationsanerkennung. Weiters wurde die Datenbank ESCO entwickelt, die eine Verbindung zwischen Kompetenzen, Qualifikationen und Berufen herstellt. Neuere Instrumente wie Micro-Credentials unterstützen das flexiblere Lernen in kleinen Abschnitten noch weiter. Die Europass Digital Credentials Infrastructure (EDCI) soll dazu dienen, ihre Ausstellung zu erleichtern.
Microcredentials und Lernkonten als Ausdruck einer neuen Lernkultur
Schon 2021 hat die Europäische Kommission ihre Vision zu Microcredentials konkretisiert. Sie sollen europaweit als Nachweise dienen, die bestätigen, dass eine Person spezifische Lernergebnisse durch eine kleinere Bildungseinheit erreicht hat. Individuelle Lernkonten sollen als virtuelle Konten fungieren, die von nationalen Behörden für alle erwerbsfähigen Personen eingerichtet und mit einem jährlichen Weiterbildungsbudget ausgestattet werden. Diese Budgets können gesammelt und im Verlauf der beruflichen Laufbahn genutzt werden.
Beide Konzepte, Microcredentials und Lernkonten, sollen Menschen den Zugang zu Bildungsangeboten erleichtern und die berufliche Entwicklung fördern. Für die konkrete Ausgestaltung und Finanzierung der Lernkonten sind die Mitgliedstaaten zuständig. Das gilt auch für die Unterstützung von Bildungsanbietern beim Anbieten anschlussfähiger Microcredentials.
Die Europäische Union erwartet von beiden Instrumenten einen verbesserten Ausbildungsstand der Arbeitskräfte. Zugleich dürften diese Instrumente vielen Menschen in ihren biografischen Gegebenheiten tatsächlich entgegenkommen. Die Cedefop-Veranstaltung vom 5.12.2024 dokumentierte den Zwischenstand in einem fortlaufenden Prozess, der kontinuierlich weitere Anpassungen und Innovationen erfordert.
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