Micro-Credentials als Chance für Angebote der Erwachsenenbildung

26.06.2024, Text: Redaktion/CONEDU
Eine Studie von erwachsenenbildung.at erforschte die Potenziale von Micro-Credentials für Online-Angebote der Erwachsenenbildung und verglich sie mit anderen Formen der Anerkennung von Lernergebnissen.
Micro-Credentials ermöglichen die Anerkennung kleinerer Lernportionen und können dadurch für Lernende motivierend wirken.
Grafik: , KI-generiert von CONEDU mit DALL-E, Promptdialog, auf erwachsenenbildung.at

Online-Angebote in der Erwachsenenbildung haben sich hinsichtlich ihrer theoretischen Fundierung und didaktischen Aufbereitung stark weiterentwickelt. Dennoch gibt es spezifische Herausforderungen bei der Anerkennung dieser Kurse, da eine Teilnahme oft als schwer überprüfbar wahrgenommen wird. Die Studie von erwachsenenbildung.at verglich die relativ neuen Micro-Credentials mit anderen Anerkennungsformen und gelangte zu Erkenntnissen, die auch für Präsenzangebote relevant sind.

Der Ausgangspunkt: eine EU-Empfehlung

Die EU beschreibt in einer Ratsempfehlung vom Mai 2022 Micro-Credentials als wichtige Möglichkeit, den Kompetenzerwerb für den Arbeitsmarkt zu stärken. Die Mikro-Zertifikate sollen helfen, Wissen und Qualifikationen zu aktualisieren und Lücken zwischen formaler Bildung und Arbeitsmarktbedarfen zu schließen. Micro-Credentials unterstützen außerdem eine Kultur des lebenslangen Lernens und fördern die Inklusion sowie den Zugang zu Bildung und Karrieremöglichkeiten für ein breites Spektrum an Lernenden.

Anerkennungsformen im Vergleich

Neben Micro-Credentials wurden in der Studie auch andere Anerkennungsformen für Online-Weiterbildungen unter die Lupe genommen. Dazu gehören branchenspezifische Zertifikate (Stichwort ECDL), Badges (digitale Lernabzeichen) und die NQR-Anerkennung, die sich vor allem für größere Lehrgänge eignet. Der Studie zufolge ist es vor allem dort schwierig, Onlinekurse als förderbare Weiterbildungen anzuerkennen, wo Anbieter keine Leistungsüberprüfung in einer kontrollierten Umgebung durchführen.

Mit der UG-Novelle 2021 gibt es erweiterte Möglichkeiten, an Universitäten externe Lernleistungen anzuerkennen. Universitäten wie Wien und Graz entwickelten seither entsprechende Validierungsverfahren. Diese können bis zu 60 ECTS (bzw. 90 ECTS bei Ergänzungen aus dem Sekundarbereich) umfassen. Dabei erfordert die Umsetzung von qualitätsvollen Anerkennungsverfahren Know-how auf mehreren Ebenen. Vor allem Verfahrensexpertise sowie feldspezifische und inhaltliche Expertise sind gefragt.

Micro-Credentials: Potenziale für die Erwachsenenbildung

Micro-Credentials bieten Vorteile für mehrere Anspruchsgruppen und passen gut zu den Merkmalen der typischen Erwachsenenbildungs-Angebote.

Für Lernende eröffnen die Mikro-Zertifikate neue Qualifizierungsmöglichkeiten, flexibles Lernen und eine verstärkte Personalisierung der Bildungswege. Auch kleine Lernportionen werden damit wertvoller und das kann zu weiteren Lernschritten motivieren. Besonders attraktiv werden Micro-Credentials durch ihre Kombinierbarkeit („stackability“), also die Möglichkeit, sie zu größeren Einheiten bzw. Abschlüssen zusammenzustellen.

Unternehmen finden durch Micro-Credentials Unterstützung in der Personalentwicklung. Gleichzeitig können Bildungseinrichtungen flexiblere (modularisierte) Angebote mit wertvolleren Zertifikaten anbieten. Zusätzlich können Micro-Credentials zu einer höheren Qualität von Lernangeboten beitragen, da diese verpflichtende Kriterien erfüllen müssen.

Wie einfach ist die Umsetzung?

In der Realität steckt die Einführung von Micro-Credentials in den Kinderschuhen. Für Anbieter sind die Mikro-Zertifikate mit Aufwand verbunden und sie müssen die Qualität von Angeboten nachweisen. Universitäten eignen sich im Falle von Micro-Credentials für die Erwachsenenbildung nur selten als Kooperationspartner – dafür unterscheiden sich die Qualitätssicherungssysteme, Organisationslogiken und hinterlegten Lerntheorien zu sehr.

Der Erwachsenenbildung fehlt wiederum eine gemeinsame Größeneinheit, die den Workload eindeutig beziffert – auch das ist eine Voraussetzung für Micro-Credentials. Gerade für ein Kombinieren der Credentials über Institutionen hinweg ist diese gemeinsame Größeneinheit genauso wichtig wie ein Repositorium, das alle verfügbaren Micro-Credentials versammelt und beschreibt. Diese Unterstützungsstrukturen sind auf nationaler Ebene bisher kaum vorhanden.

Allerdings werden in Kürze zwei EU-Projekte mit österreichischer Beteiligung abgeschlossen, die Unterstützungsformen für Micro-Credentials in der Erwachsenenbildung entwickelt bzw. erprobt haben: das Projekt Micro-Quest und das Projekt IQ-Digits (wir berichten dazu in einem Folgebeitrag).

Über die Studie

Methodisch beruht die Studie auf einer Literatur-Analyse sowie Gesprächen mit neun österreichischen Expert*innen und wurde von Birgit Aschemann als inhaltlich verantwortliche Autorin 2023 umgesetzt. Die Arbeit wurde im Rahmen von erwachsenenbildung.at aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung gefördert.

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