Gute Qualität – auch online möglich!

03.07.2019, Text: Bianca Friesenbichler und Birgit Aschemann, Redaktion/CONEDU
Recherchen zeigen, wie Anbieter digitaler Bildung ein geeignetes anerkanntes Qualitätssystem finden.
Auch Bildungsanbieter mit Online-Formaten können ein Qualitätstestat erwerben.
Foto: CC BY, CONEDU/Schnepfleitner, auf erwachsenenbildung.at
In Österreich gibt es verschiedene Qualitätsmanagement-Systeme, die die Qualität von Bildungsanbietern sichern. Gerahmt werden sie von Ö-Cert, einem österreichweiten Modell zur Anerkennung von qualitätssichernden Maßnahmen in der Erwachsenenbildung. Diese Systeme sind traditionell auf die Durchführung von Präsenzangeboten ausgerichtet. Wie aber können die Anbieter von digitalen Angeboten ihre Qualität zertifizieren? Lassen sich die vorhandenen Qualitätsmanagement-Systeme einfach auf digitale Bildungsangebote übertragen? Und welche Fragen tauchen bei so einem Vorhaben auf?

 

Ö-Cert und seine Grundlagenzertifikate

Die Anerkennung eines Anbieters digitaler Weiterbildungen durch Ö-Cert ist grundsätzlich möglich. Von den österreichweit zugänglichen Grundlagenzertifikaten kommen insbesondere drei für die Anbieter digitaler Bildung in Frage:

  • Die Lernerorientierte Qualitätsentwicklung in der Weiterbildung: LQW
  • Das Qualitätssiegel der Oberösterreichischen Erwachsenen- und Weiterbildungseinrichtungen: EBQ Oberösterreich
  • Der Internationale Qualitätsstandard für Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung: ÖNORM ISO 29990

Die anderen Zertifikate scheinen für den digitalen Bereich weniger naheliegend, weil dort Standort-Vorgaben, empfohlene Organisationsformen oder die thematische Ausrichtung in andere Richtungen weisen. Bundesländer-Zertifikate ohne österreichweite Teilnahmemöglichkeit wurden von dieser Analyse ausgenommen, wenngleich z.B. wien-cert speziell auf digitale Angebote vorbereitet ist.

 

Fragen eines Bildungsanbieters für die Wahl des geeigneten Qualitätssystems

Für jeden Bildungsanbieter - nicht nur mit digitalen Angeboten - sind einige Grundsatzfragen bei der Entscheidung für ein Qualitätssystem zu klären: Die Organisationseinheit, für die das Qualitätssystem angesucht und implementiert wird, muss definiert und abgegrenzt werden. Die Ausrichtung des gewählten Qualitätssystems - eher summativ oder eher prozessorientiert - muss zur Praxis der Einrichtung passen. Das Qualitätssiegel muss für den jeweiligen Standort des Anbieters offen sein. Hinsichtlich des Angebots stellen sich die Fragen: Auf welcher Ebene erfolgt die Testierung - auf Strukturebene oder auf Ebene der konkreten Angebote? Und müssen alle einzelnen Angebote alle Kriterien des Qualitätssystems erfüllen? Auch Fragen zur Organisation der Qualitätstestierung stellen sich unweigerlich, etwa nach dem (finanziellen) Aufwand oder dem zeitlichen und organisatorischen Ablauf einer Testierung.

 

Spezifische Fragen bei digitalen Bildungsangeboten

Neben diesen allgemeinen Überlegungen sind für Anbieter von Online-Formaten auch Antworten auf folgende Fragen wichtig: Umfasst das jeweilige Qualitätssystem potenziell auch Online-Angebote, das heißt: Sind alle geforderten Qualitäts-Kriterien für verschiedene Lernformen anwendbar? Kommt als Lernort auch das Web infrage? Und gibt es im jeweiligen Qualitäts-system schon explizite Überlegungen oder gar spezielle Kriterien für Online-Angebote?

 

Noch spezifischere Fragen stellen sich je nach Art der Online-Angebote: Wie werden Großveranstaltungen wie MOOCs quantifiziert? Gelten auch unbetreute Selbstlern-Formate als Bildungsangebot? Und wie können „kleine" Formate wie Webinare die komplexen Kriterien eines Qualitätssystems erfüllen?

 

Im Hinblick auf das Personal fragt sich zum Beispiel, ob und wie die zusätzlichen Rollen der Online-Lehrpraxis abgebildet sind. Gelten die Kriterien für „TrainerInnen" oder „Lehrende" in gleicher Weise auch für Personen, die sich auf Moderation, Lernbegleitung und technische Begleitung konzentrieren?

 

Ein Qualitätssystem, das digitales Lehren und Lernen anerkennt...

Aus diesen Fragen lässt sich erkennen, welche Qualitätssysteme sich für Online-Anbieter besonders gut eignen: Sie sollten einen Bildungsanbieter akzeptieren, der seine Arbeitsqualität umfassend belegen kann, auch wenn sein Angebot (nur) online stattfindet. Sie sollten vom „Ort" des Lernens ein zeitgemäßes Bild haben und das Internet mitdenken. Online-Kontakt- und Kooperations-Angebote sollten grundsätzlich gleich wie Präsenzformen hinterfragt und bewertet werden.

 

Die Qualitäts-Grundsätze für Selbstlernangebote und unbekannte TeilnehmerInnen sollten sich nicht prinzipiell von denen in traditionellen Formaten unterscheiden. Bei einer Online-Lernstandsfeststellung (die eine volle Namensangabe voraussetzt) sollten die Regeln nicht strenger sein als beim Universitätsabschluss - eine ehrenwörtliche Erklärung könnte genügen. Und mit Einhaltung aller Datenschutz-, Support- und Sicherheitsstandards sollten auch externe Server und Tools akzeptiert werden.

 

EBQS: Speziell für Anbieter digitaler Formate

Von den oben genannten drei Qualitätssystemen hatte zu Beginn 2019 nur das EBQ-Siegel der oberösterreichischen Erwachsenen- und Weiterbildungs-Einrichtungen explizite Kriterien für digitale Formate formuliert. Bei diesem System erfolgt die Qualitätsprüfung anhand von Kriterien zur Institution, zum Personal, zur Planung und Durchführung der Bildungsangebote, zur KundInneninformation und zum KundInnenfeedback sowie zur Infrastruktur. Spezielle Zusatzbestimmungen für multimediale bzw. digitale Bildungsangebote kommen hinzu und sollen mit ihrem Charakter von Reflexionsfragen die Qualität speziell in diesem Bereich fördern.

 

Mit dieser konkreten Vorbereitung auf die Realität des digitalen Lehrens und Lernens scheint EBQS besonders interessant für digitale Anbieter. Ein klares Verfahren mit einem deklarierten Bewertungsschlüssel und speziellen Empfehlungen unterstützt die Nutzung des Systems für einen echten Entwicklungsprozess.

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