Buchrezension: „Digitale Medien in der Grundbildung Erwachsener“
Die Beiträge im Buch „Digitale Medien in der Grundbildung Erwachsener. Einsatzmöglichkeiten und Gelingensbedingungen“ basieren auf den Ergebnissen des deutschen Projekts GediG (Gelingensbedingungen für den Einsatz digitaler Medien in der Grundbildung), bei dem untersucht wurde, wie digitale Tools bei der Alphabetisierung gering literalisierter Erwachsener eingesetzt werden können. Dafür wurden knapp 50 Erwachsenenbildende sowie Kursteilnehmende befragt.
Das Buch orientiert sich am Konzept des „Digital Inclusion Pathways“, der den Weg zur digitalen Inklusion in vier Abschnitte unterteilt, nach denen auch das Werk gegliedert ist. Am Anfang steht der grundlegende „Access“ (Zugang) zu digitalen Medien. Darauf folgt der „Digital Taste“ (Digitaler Geschmack). In dieser Phase geht es darum, herauszufinden, wofür digitale Medien im Alltag und für die individuellen Ziele der Lernenden genutzt werden können. Aufgrund mangelnder Grundkenntnisse sind Lernende an diesem Punkt noch nicht „bereit“ zur Nutzung digitaler Medien. Dazu kommt es in der „Readiness“-Phase (Bereitschaft), die den Lernprozess beim Erwerb neuer Fähigkeiten beschreibt, die für die Nutzung notwendig sind. Dieser führt schlussendlich zur „Digital Literacy“ (Digitale Literalität).
Zugang zu digitaler Grundbildung schaffen
Zu Beginn werden drei Personen mit geringer Literalität kurz vorgestellt, deren gesamte Geschichten über einen QR-Code abgerufen werden können. Im zweiten Kapitel „Access: Zugang zu digitalen Medien“ beschäftigen sich drei Beiträge mit institutionellen Rahmenbedingungen und der Ermöglichung digitaler Teilhabe.
Der Beitrag „Auf dem Weg zur digitalen Inklusion mit Angeboten zur digitalen Grundbildung“ identifiziert auf Basis von Studienergebnissen die wesentlichen Faktoren für den Zugang zu Bildungsangeboten: Marketing, Kursanmeldungen, Wording der Angebote, Beratung der Teilnehmenden und die räumliche Erreichbarkeit. Bildungseinrichtungen können unterstützend handeln, indem sie u.a. die Online-Kursanmeldung erleichtern und statt einem zentralen mehrere regionale Veranstaltungsorte mit behindertengerechtem Zugang wählen.
Bei der Umsetzung der Bildungsangebote können Einrichtungen darauf achten, durch individuelle Betreuung und Lebensweltorientierung nachhaltige Lernergebnisse zu ermöglichen. Sie können einen „Schutzraum“ bieten, in dem die Teilnehmenden digitale Geräte und Technologien ohne Angst, etwas falsch zu machen, ausprobieren können.
Auf den (digitalen) Geschmack gekommen
Unter dem Titel „Taste“ untersucht das dritte Kapitel das Potenzial von Gamification und geht auf die Erfahrungen von Kursleitenden mit digitalen Medien in der Alphabetisierung und Grundbildung ein. Im Rahmen der quantitativen Erhebung wurden Kursleitende zu ihrer Nutzung und Einstellung zu digitalen Geräten und Tools befragt.
Formen von E-Learning wie digitale Lernprogramme (92%), Plattformen (84%) und Apps (94%) sind dem Großteil bekannt. 31% der Befragten kannten Blended Learning jedoch nicht.
Sehr häufig oder eher häufig im Unterricht nutzen 46% der Lehrenden digitale Medien für den Frontalunterricht, 56% für die individuelle Förderung der Lernenden oder von Kleingruppen und 47% nutzen digitale Lernprogramme für die Grundbildung. Digitale Lernplattformen werden hingegen von 71% der Befragten eher selten, selten oder nie genutzt. Nur 24% verwenden sie sehr oder eher häufig.
Bereit für die Nutzung digitaler Medien
Im Kapitel „Readiness“ folgt ein Beitrag darüber, wie digitale Medien in pädagogischen Konzepten in der Alphabetisierung und Grundbildung verankert werden können. Der zweite Text „Die digitale Reise in der Grundbildung beginnen“ untersucht die Akteur*innen von Grundbildungskursen. Dazu wurden Teilnehmende und Kursleitende befragt. Menschen mit geringer Literalität verfügen zwar tendenziell über geringere Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Medien, verwenden diese aber sehr wohl bzw. möchten dies gerne.
Erklärvideos (77%), Emojis (74%) und die Fotofunktion zur Aufnahme wichtiger Informationen oder Objekte (78%) werden von den Teilnehmenden am meisten genutzt. Fast alle haben WhatsApp-Accounts. Ihre Fähigkeiten beim Verschicken von Kurznachrichten schätzen 69% der Befragten als sehr gut oder eher gut ein. Beim Versenden von E-Mails sind es jedoch nur 31%.
Bei den Kursleitenden zeigt sich: 70% von ihnen haben bereits eine Fortbildung zum Einsatz digitaler Medien in der Grundbildung absolviert. Bei der Befragung zur Unterrichtskonzeption mit E-Learning-Formaten sieht es folgendermaßen aus: 63% geben an, sehr hohe oder eher hohe Kompetenzen beim Einsatz digitaler Geräte zur Präsentation von Inhalten zu haben. Beim Einsatz digitaler Medien bei Einzel- und Gruppenarbeiten der Lernenden sind es 57% und bei digitalen Lernprogrammen 53%. Die Kompetenzen mit digitalen Lernplattformen werden von 34% als sehr hoch oder eher hoch, von 29% als mittelmäßig und von 32% als eher gering oder nicht ausreichend bewertet.
Digitale Inklusion und methodische Zugänge dazu
Das aus einem englischsprachigen Beitrag bestehende Kapitel „Digital Inclusion“ stützt sich auf die Arbeit Paulo Freires und beschäftigt sich mit Digitaler Literalität. Im Methodenteil werden abschließend drei methodische Zugänge vorgestellt: „Convergent Design“, Fokusgruppen für und mit vulnerablen Gruppen sowie die Entwicklung eines Fragebogens zur Nutzung von digitalen Medien unter Berücksichtigung der Anforderungen von Menschen mit geringer Literalität.
Über das Buch
Das 276-seitige Werk wurde vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und im Wissenschafts- und Fachverlag „wbv Publikation“ veröffentlicht. Dort ist es als E-Book im Open Access oder im Print für 49,90 Euro erhältlich.
Koppel, Langer & David (Hg.) (2025): Digitale Medien in der Grundbildung. Einsatzmöglichkeiten und Gelingensbedingungen. Bielefeld: wbv Publikation. DOI: 10.3278/9783763978168.
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