Studie: Bildung und digitale Kompetenzen im Alter

Der Großteil der älteren Menschen nimmt am digitalen Leben teil
Der Studie zufolge sind drei Viertel der Österreicher*innen über 65 Jahren digital aktiv – sie nutzen unterschiedliche digitale Praxisformen. Dem gegenüber stehen 25% der älteren Menschen, die angeben, im Alltag keine digitalen Technologien zu nutzen – knapp die Hälfte von ihnen verwendet bei Bedarf digitale Geräte über andere Personen. Ältere Menschen, die in Mehrpersonenhaushalten leben, zeigen insgesamt die umfangreichste digitale Praxis.
Zu den „Nicht-Nutzer*innen“ gehören vor allem Personen im hohen Alter oder mit niedrigem Bildungsabschluss. Befragte, die das Internet als nicht relevant für die soziale Teilhabe wahrnehmen, weisen eine geringere digitale Praxis auf. Auch fehlende finanzielle Mittel oder unzureichender Zugang zu Bildungs- und Unterstützungsangeboten zählen zu den Gründen für die Nicht-Nutzung digitaler Technologien. So gaben 13% der Befragten an, dass digitale Geräte für sie nicht leistbar seien. Weitere 12% haben Angst, die Geräte bei der Nutzung kaputt zu machen.
Altersspezifisches Modell für digitale Kompetenzen
Digitale Kompetenzen älterer Menschen sind vielfach vorhanden, werden aber in bestehenden Modellen unterschätzt, so die Autor*innen der Studie. Sie haben daher ein Modell digitaler Kompetenzen im Alter entwickelt, das die Vielfalt digitaler Praktiken in der nachberuflichen Lebensphase erfasst und digitale Kompetenzentwicklung nicht nur in schulischen oder beruflichen Zusammenhängen betrachtet. Die Forscher*innen identifizierten insgesamt fünf Praxisformen:
- die Kenntnis über digitale Geräte (Informationspraxis)
- die Nutzung bzw. informierte Nicht-Nutzung digitaler Technologien und Medien (Nutzungspraxis)
- die individuelle Gestaltung (Gestaltungspraxis)
- die kritische Reflexion über Chancen und Risiken der digitalen Teilhabe (Reflexionspraxis)
- den selbstbestimmten Umgang mit Problemen (Explorationspraxis)
Drei Lernformen zum Aufbau digitaler Kompetenzen
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die älteren Österreicher*innen zum Aufbau ihrer digitalen Kompetenzen verschiedene Lernformen nutzen: soziales, selbstständiges und/oder non-formales Lernen.
Soziales Lernen ist dabei die am häufigsten genutzte Lernform: Ganze 81% der Befragten haben mithilfe ihrer Angehörigen und Freund*innen digitale Praktiken erlernt. Dies trifft in besonderem Ausmaß auf hochaltrige Personen, Frauen und Personen mit niedrigem Bildungsabschluss zu. Selbstständiges Lernen – etwa über Bücher oder Zeitschriften – wird eher von Männern und Personen mit höherem Bildungsabschluss praktiziert. Personen, die selbstständig lernen, nutzen digitale Technologien und Medien tendenziell umfangreicher als jene, die ausschließlich sozial lernen.
An non-formalen Bildungsangeboten nehmen vor allem jene Personen teil, die mit ihren finanziellen Mitteln problemlos auskommen und Angebote in ihrer unmittelbaren Umgebung vorfinden.
Niederschwellige Bildungsangebote können Teilhabe fördern
Bildungsfernere und einkommensschwächere Gruppen älterer Menschen können vor allem über das soziale Lernen erreicht werden – hier empfehlen die Autor*innen anzusetzen und niederschwellige Bildungsangebote für die Zielgruppe selbst oder ihre Kontaktpersonen zu entwickeln. Ein Beispiel hierfür ist die Ausbildung von Angehörigen oder Nachbar*innen zu Technikvermittler*innen. Diese sind häufig wichtige Ansprechpersonen für ältere Menschen bei Fragen zu digitalen Geräten oder Technologien.
Allerdings genügt es den Autor*innen zufolge nicht, lediglich den Zugang zu digitalen Technologien und Bildung zu fördern – vielmehr sollte ein Fokus auf den reflexiven und explorativen Umgang mit digitalen Technologien gelegt werden. Digitale Bildung im Alter soll an spezifischen Problemlagen ansetzen und in einer Ausweitung der bereits vorhandenen digitalen Praxis älterer Personen münden. Entscheidend ist dabei die Motivation für eine selbstbestimmte Auseinandersetzung mit digitalen Technologien.
