Feministische Perspektiven in der Basisbildung

13.10.2025, Text: Antonia Unterholzer, Redaktion/CONEDU
Feministische Ansätze in der Basisbildung können Teilhabe und Vielfalt fördern. Hierfür braucht es aber eigene Räume und geschlechtersensible Methoden.
Wie feministische Ansätze in der Basisbildung umgesetzt werden können, zeigen die Vereine "das kollektiv", "Frauen aus allen Ländern" oder die Angebote des "ABZ*Austria".
Foto: Alle Rechte vorbehalten, Kateryna Hliznitsova, für Unsplash+, https://unsplash.com

Wenn von Basisbildung die Rede ist, denken viele an die Vermittlung grundlegender Fähigkeiten wie Lesen, Schreiben oder Rechnen. Das ist jedoch zu kurz gedacht, denn Basisbildung ist nicht nur funktional, sondern auch gesellschaftlich und politisch wirksam. Sie stellt die Frage, wie Teilhabe in einer vielfältigen Gesellschaft gelingen kann. Feministische und geschlechtersensible Ansätze unterstützen dabei.

Politische Dimensionen der Basisbildung

Basisbildung ist vor allem durch ihre demokratischen, teilhabeorientierten, (selbst)kritischen und handlungsorientierten Dimensionen geprägt, so die Zentrale Beratungsstelle für Basisbildung und Alphabetisierung Österreich. Ziel feministischer Bewegungen ist eine gerechtere Gesellschaft auf dem gesamten Globus, betont die Wissenschaftlerin Rosemarie Schöffmann über feministische Ansätze in der Basisbildung. Sie bringt auf den Punkt wie Feminismus und Basisbildung ineinander greifen.

Basisbildung wirft die Frage auf: Wer kann mitmachen und wer bleibt von der Mehrheitsgesellschaft ausgeschlossen? Feministische und geschlechtersensible Ansätze machen Ungleichheiten sichtbar und schaffen psychische und physische Räume, in denen diese Strukturen hinterfragt und verändert werden. 

Frauen, Feminismus und Basisbildung

Viele Frauen sind in unserer Gesellschaft mehrfach benachteiligt. Sie übernehmen einen Großteil der unbezahlten Care-Arbeit, stoßen auf berufliche Hürden und kämpfen mit ungleicher Verteilung von Ressourcen. Kommen weitere Dimensionen wie (höheres) Alter, Behinderung oder eine nicht-weiße Herkunft hinzu, verschärfen sich diese Ungleichheiten. Und wenn eine Frau zusätzlich noch Schwierigkeiten beim Lesen, Schreiben oder Rechnen hat, wird Ausgrenzung besonders spürbar, so Schöffmann. 

Hier setzen feministische Ansätze in der Basisbildung an. Sie können Barrieren, strukturelle Diskriminierung und gesellschaftliche Machtverhältnisse sichtbar machen. In den Bildungsangeboten geht es nicht nur um Wissensvermittlung, sondern auch um die Förderung von Autonomie und Selbstwirksamkeit.

Die feministischen Ansätze zeigen sich im Leitbild der Organisationen, ihrem strukturellen Aufbau und der konkreten Bildungsarbeit. In den Lehr- und Lernsettings der Basisbildung werden die Lernfelder von Deutsch, Mathematik, digitale Kompetenzen und Lernstrategien miteinander verbunden und in bestimmte Themenfelder eingebettet. In einer feministischen Bildungsarbeit geschieht dies mit einer geschlechtersensiblen und demokratischen Haltung, also partizipativ, kritisch gegenüber Machtverhältnissen und orientiert an Lebensrealitäten von Frauen.

Was feministische Bildungsarbeit auszeichnet

In feministischer Bildungsarbeit geht es nicht darum „individuelle Defizite“ zu beseitigen oder, dass sich Frauen an die sogenannte „Dominanzkultur“ anpassen, sondern darum die Strukturen, die ausgrenzen und benachteiligen kritisch zu hinterfragen und zu erkennen. Bildung wird so zu einem Ort der Stärkung, an dem Erfahrungen ernst genommen und unterschiedliche Lebensrealitäten anerkannt werden.

Oft braucht es dafür die richtigen Rahmenbedingungen. Sichere Lernumgebungen, geschlechtssensible Kompetenzen von Lehrenden und auch gesellschaftlich-politische Strukturen (wie etwa öffentliche Mittel) können zu mehr Geschlechtergerechtigkeit führen, betont auch die EAEA in einem Hintergrundpapier zu Geschlechtergerechtigkeit in der Erwachsenenbildung. 

Ein wichtiger Baustein feministischer Basisbildung sind eigene Räume für Frauen. In gemischten Gruppen kommt es oft vor, dass männliche Teilnehmende Diskussionen und Lernweisen dominieren, so die Bildungswissenschaftlerin Susanne Auszra im Handbuch Frauenbildung. Frauen bringen meist Bildungswege, Lebenssituationen und Berufserfahrungen mit, die anders als männlichen Biografien sind. Angebote von Frauen für Frauen eröffnen zudem Freiräume, die an den Erfahrungen der Teilnehmerinnen ansetzen, neue Inhalte ermöglichen und ein Stück weit unabhängig von patriarchalen Strukturen sind, ergänzt Auszra. Die folgenden Praxisbeispiele von österreichischen Erwachsenenbildungseinrichtungen zeigen, dass Basisbildung nicht nur Unterricht ist, sondern auch Begegnung und politische Arbeit.

Feministische Basisbildung in der Praxis

Der Verein das kollektiv und die dazugehörige Organisation maiz aus Linz haben Angebote von migrantischen Frauen für migrantische Frauen. Neben Angeboten der Basisbildung bieten die Vereine auch Beratung an und öffnen Räume für Kunst und Kultur. Es werden sichere Lernorte für Frauen geschaffen und die Teilnehmerinnen werden zur Selbstorganisation angeregt.  Durch einen feministischen Zugang der Lehrenden werden im jeweiligen Lernsetting dominante, patriarchale und (post-)koloniale Strukturen hinterfragt und bestehende Ungleichheiten aufgezeigt.

Der Verein Frauen aus allen Ländern in Innsbruck ist eine niederschwellige Kultur-, Bildungs- und Beratungseinrichtung für Frauen mit und ohne Migrationserfahrung. Im Zentrum stehen die Parteilichkeit für Frauen, die Anerkennung ihrer Ressourcen und die Schaffung von Räumen, in denen Austausch, Selbstorganisation und solidarisches Handeln möglich sind. Der Verein bietet für Teilnehmende auch eine professionelle Kinderbetreuung an. 

Basisbildungsangebote von Frauen für Frauen bietet auch die Organisation ABZ*AUSTRIA. Sie ist ein Verein zur Förderung von Arbeit, Bildung und Zukunft von Frauen. Neben klassischer Weiterbildung bietet die Organisation Beratung und Projektarbeit, die speziell auf die Lebensrealitäten von Frauen zugeschnitten sind. Im Kurs Basisbildung wirkt lernen Frauen und Mädchen ab 16 Jahren Basiskompetenzen in Deutsch, Mathematik, Englisch und digitalen Grundkenntnissen. 

Was können Organisationen tun, um feministische Ansätze in der Praxis zu implementieren?

Feministische Basisbildung beschränkt sich nicht nur auf Angebote, die von Frauen für Frauen sind. Entscheidend ist, dass auch in gemischten Lernsettings eine geschlechtersensible Didaktik angewendet wird und Lehrende dafür entsprechende Kompetenzen mitbringen. Organisationen können auch ihre Strukturen so aufbauen und organisieren, dass Geschlechtergerechtigkeit - auch unter Mitarbeiter/innen - sichergestellt wird, Bildungsangebote entwickeln, die Ungleichheit zwischen Geschlechtern und weiteren Differenzkategorien aufgreifen sowie Methoden und Materialien für eine geschlechtersensible Bildungsarbeit anwenden. 

Weitere Informationen:
Quelle: EPALE E-Plattform für Erwachsenenbildung in Europa

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