Humor: das trojanische Pferd, in dem man die Wissenschaft verstecken kann

13.11.2024, Text: Bianca Friesenbichler, Redaktion/CONEDU
Neben Humor braucht gelingende Wissenschaftskommunikation auch Dialog, Resilienz und kreative Ideen. Das war ein Ergebnis aus dem wEBtalk anlässlich der Ausgabe 52 des Magazin erwachsenenbildung.at.

Bitte akzeptieren Sie Marketing Cookies um diesen externen Inhalt zu laden.

Cookie-Einstellungen anpassenYouTube
Video: Humor: das trojanische Pferd, in dem man die Wissenschaft verstecken kann
wEBtalk erwachsenenbildung.at | CC BY 4.0 CONEDU, Nov. 2024
Wissenschaftskommunikation - keine Einbahnstraße!

Am 6. November sprachen zwei Expert*innen für Wissenschaftskommunikation über geeignete Formate, die Rolle von Social-Media-Kanälen und Gelingensbedingungen von Wissenschaftskommunikation: Claudia Frick von der TH Köln und Helmut Jungwirth von der Universität Graz und dem Wissenschaftskabarett Science Busters. Lukas Wieselberg vom ORF moderierte den Talk. Die Aufzeichnung ist jetzt zum Nachsehen verfügbar.

Gelungene Wissenschaftskommunikation braucht Dialog

Beide Expert*innen sind sich einig: Für eine gelingende Wissenschaftskommunikation sollten Wissenschafter*innen den Dialog suchen.

Die Möglichkeiten dafür sind ganz verschieden: Social Media etwa gebe Wissenschafter*innen die Möglichkeit, Reaktionen, Kommentare usw. aufzugreifen und so mit verschiedenen Nutzer*innen in einen Dialog zu kommen, weiß Frick. Wenn man Kritik ernst nehme und konkret nachfrage, könne ein Dialog entstehen.

Bei den Science Busters entstehe der Dialog v.a. nach dem Auftritt, so Jungwirth. Bei jeder Veranstaltung bereiten die Science Busters auf der Bühne etwas zu essen oder zu trinken zu. Das wird hinterher verkostet, wobei die Menschen mit den Science Busters ins Gespräch kommen.

Wer über Wissenschaft kommuniziert, muss viel aushalten können

In den Social Media werde man in der Wissenschaftskommunikation mitunter mit Hass konfrontiert – etwa bei Klima-Themen, so Frick. Vor allem zwei Vorwürfe kämen immer wieder vor: Nutzer*innen zweifeln die Fachkompetenz an und „korrigieren“ Inhalte oder aber sie zweifeln die Integrität des*r Wissenschafter*in an – werfen also bestimmte politische Absichten oder Bestechung vor. „Man muss lernen, damit umzugehen bzw. sich selbst helfen. Wenn man sich z.B. nicht wohl fühlt, schaut man sich die Reaktionen auf einen Beitrag nicht selbst an, sondern bittet jemand anderen darum. Man braucht jedenfalls viel Mut und auch ein Netzwerk an Partner*innen.“ Eine Kernkompetenz für Wissenschaftskommunikation sei jedenfalls, mit emotionalen Herausforderungen umgehen zu können, so Frick.

Humor und Geschichten: Das trojanische Pferd, in dem man die Wissenschaft verstecken kann

Die Science Busters setzen als Instrument für Wissenschaftskommunikation auf Humor und Storytelling: Die Menschen gehen ins Kabarett, hören dort lustige Geschichten, werden unterhalten und bekommen dabei auch wissenschaftliche Fakten serviert, so Jungwirth. Aber auch die Social Media funktionieren ähnlich, so Frick: Die Menschen suchen auch hier Unterhaltung; es braucht auch hier Humor und Geschichten, die erzählt werden.

In einem Shooter-Spiel Darmbakterien für die Medizin entschlüsseln

Mit bestehenden Formaten zur Wissenschaftskommunikation, sind sich beide Expert*innen einig, erreichen sie v.a. Menschen, die sich ohnehin für Wissenschaft interessieren. Eine breite Öffentlichkeit zu erreichen bzw. an Wissenschaft zu beteiligen, davon seien sie aber noch weit entfernt. 

Die Expert*innen nennen Beispiele, in denen es zumindest gelingt, neue Zielgruppen zu erreichen: Frick erzählt vom Shooter-Spiel „Borderlands 3“. Darin gibt es ein Tetris-ähnliches Minispiel, bei denen die Gamer*innen spielerisch genetische Codes von Darmbakterien dekodieren, und so den Wissenschaftler*innen direkt bei der Forschung helfen. Denn die Wissenschaftler*innen benötigen viele Mithelfende, um diese Codes und damit die DNA-Stränge der Mikroben im menschlichen Darm zu entschlüsseln. Diese Einordnung kann der Medizin helfen, da manche Mikroben mit Erkrankungen in Verbindung stehen.

Forschen mit Imker*innen - aus der Praxis für die Praxis

Ein weiteres Beispiel, um Menschen an Wissenschaft zu beteiligen, bringt Helmut Jungwirth mit dem Forschungs-Projekt „Zukunft Biene“ in das Gespräch ein. Wissenschafter*innen binden dabei Imker*innen in die Erforschung der Bienengesundheit aktiv mit ein: Die Imker*innen liefern Daten aus der Praxis. Aus den Forschungsergebnissen können sie wiederum Schlussfolgerungen und Maßnahmen für ihre Imkerpraxis ableiten.

Wissenschaftskommunikation und Erwachsenenbildung in Reallaboren

Wissenschaftskommunikation ist aber nicht nur ein Thema von Wissenschafter*innen und Universitäten: Auch die Erwachsenenbildung, etwa mit den Volkshochschulen, hat eine lange Tradition im Bemühen um gesellschaftlichen Fortschritt und Bewusstseinsbildung für wissenschaftliche Erkenntnisse, wie Lukas Wieselberg und Stefan Vater im Editorial (PDF) oder Klaus Taschwer in seinem Artikel (PDF) der Ausgabe 52 des Magazin erwachsenenbildung.at schreiben.

Claudia Frick stellt diesen Zusammenhang in ihrem Magazin-Artikel und auch im wEBtalk her, indem sie ein bestimmtes Format von Wissenschaftskommunikation beschreibt: die Reallabore. Dabei geht es um Forschung, die an realen Problemen wie dem Klimawandel ansetzt und gemeinsam mit den Betroffenen umgesetzt wird. Damit stellen die Forschenden die praktische Anwendung der Ergebnisse sicher, also die Umsetzung am Ende, etwa die tatsächlich stattfindende Renaturierung einer bestimmten Fläche. Teil eines Reallabors sind Frick zufolge auch Erwachsenenbildner*innen, die darauf achten, was den Menschen in den Kommunen fehlt und was wiederum Wissenschafter*innen fehlt, um gemeinsam Wissenschaft zu betreiben. Sie entwickeln daraus Weiterbildungsformate für Erwachsene, um solche Transformationsprozesse zu ermöglichen.

Weitere Informationen:
Creative Commons License Dieser Text ist unter CC BY 4.0 International lizenziert.

Verwandte Artikel