Wissenschaft vermitteln: Welche Möglichkeiten bietet Erwachsenenbildung?

27.09.2024, Text: Lucia Paar, Redaktion/CONEDU
38% der Österreicher*innen vertrauen dem gesunden Menschenverstand mehr als der Wissenschaft. Wie kann Erwachsenenbildung dieser Skepsis begegnen?
Hände und 3 Phiolen
Wissenschaftsvermittlung folgte lange Zeit dem einseitigen Modell, dass Expert*innen Fakten an eine „unwissende“ Öffentlichkeit vermitteln.
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Laut dem Wissenschaftsbarometer 2023, einer repräsentativen Umfrage der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), bezeichnen 73% der befragten Österreicher*innen ihr Vertrauen in Wissenschaft und Forschung als „stark“ oder „sehr stark“. Ein Viertel der Bevölkerung bleibt skeptisch. Zudem stimmen 38% der Befragten der Aussage zu, dass man sich mehr auf den „gesunden Menschenverstand“ als auf wissenschaftliche Studien verlassen sollte.

Das Vertrauen in wissenschaftliche Erkenntnisse ist also bei einem Großteil der Bevölkerung vorhanden, aber eine signifikante Minderheit bleibt skeptisch. Wie kann dieser Wissenschaftsskepsis begegnet werden? Als ein Hebel wird die Wissenschaftsvermittlung diskutiert. Was kann die Erwachsenenbildung dazu beitragen - inwieweit gehört Wissenschaftsvermittlung zu ihren Aufgaben und welche Formen der Wissenschaftsvermittlung gibt es?

Erwachsenenbildung beschäftigt sich schon lange mit Wissenschaftsvermittlung

Die Erwachsenenbildung wird als Akteurin in der Wissenschaftskommunikation und -vermittlung oft nur selten wahrgenommen (siehe „Österreichs fehlende Orte der Wissenschaftsvermittlung“). Dabei spielt sie eine entscheidende Rolle bei der didaktischen Aufbereitung von komplexem Wissen und ist damit Vermittlerin zwischen Wissenschaft und Gesellschaft. 

Auch ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Wissenschaftsvermittlung schon lange zu den Aufgabenfeldern der Erwachsenenbildung gehört. So fanden bereits 1895 in Wien die ersten „volkstümlichen Universitätskurse“ statt, die eine universitäre Volksbildung zum Ziel hatten. Und auch heute noch ist die Vermittlung von Wissenschaft ein zentrales Tätigkeitsfeld der österreichischen Erwachsenenbildung. Erst im vergangenen Jahr feierten beispielsweise die Wiener Volkshochschulen 25 Jahre Wissenschaftsprogramm. Über 125.000 Besucher*innen, mehr als 7.000 Vorträge und hunderte beteiligte Wissenschaftler*innen, so die Bilanz des Programms.

Wissenschaftsvermittlung zum Lachen: Science Busters

Ein Beispiel für gelungene Wissenschaftsvermittlung sind die Science Busters, ein österreichisches Wissenschaftskabarett. Ihr Ziel ist es, Wissenschaft durch humorvolle Aufbereitung für ein breites Publikum interessant und verständlich zu machen. Begleitet von Experimenten und Musikeinlagen werden Wissenschaftler*innen auf der Bühne von einem Kabarettisten zu bestimmten Sachverhalten befragt. 

Partizipation gewinnt an Bedeutung

Auch wenn Edutainment-Formate wie die Science Busters Wissenschaft zugänglicher machen und komplexe Inhalte spielerisch vermitteln können, fehlt es oft an Möglichkeiten für die Öffentlichkeit, sich an Wissenschaft zu beteiligen. Ohnehin folgte die Wissenschaftskommunikation in der Vergangenheit häufig einem einseitigen Modell: Expert*innen vermittelten Fakten an eine „unwissende“ Öffentlichkeit. Dieses Modell wird jedoch zunehmend in Frage gestellt. Heute setzt sich die Erkenntnis durch, dass Wissenschaftskommunikation keine Einbahnstraße sein darf, sondern einen Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft erfordert (siehe auch „Österreichs fehlende Orte der Wissenschaftsvermittlung“).

Science Slams und Citizen Science bieten partizipative Wissenschaftsvermittlung

Beispiele für partizipative Formen der Wissenschaftsvermittlung sind Science Slams. Dabei haben Wissenschaftler*innen etwa zehn Minuten Zeit, ihr Forschungsgebiet einem Publikum näher zu bringen. Die zuschauenden Gäste haben so die Möglichkeit, verschiedene Themen der Wissenschaft kennenzulernen und mehr darüber zu erfahren. Gleichzeitig bildet das Publikum aber auch die Jury, die den*die Sieger*in des Wettbewerbs kürt.

Bei sogenannten Citizen-Science-Projekten geht der Aspekt der Partizipation noch deutlich weiter. Hier können sich Bürger*innen direkt an der Produktion wissenschaftlichen Wissens beteiligen. Sie erheben Daten und werten diese zum Teil auch aus. Ein Beispiel hierfür ist das Projekt KATI-digital. Es bietet einen öffentlichen digitalen Zugang zu Grundbuch, Karten und Begleitdokumenten des Franziszeischen Katasters für das Bundesland Tirol. Dabei erfassen, korrigieren und verknüpfen Bürger*innen als Ortschronist*innen die dafür relevanten Daten.

Science Center: Eigene Einrichtungen für Mitmachforschung

Science Center bieten für Besucher*innen neben interaktiven Ausstellungen auch Laboratorien zum angeleiteten Experimentieren und andere Formen der Mitmachforschung - und das möglichst niedrigschwellig. Als besonderes Leuchtturmprojekt gelten die Science Center in Portugal im Rahmen der Initiative Ciência Viva. Auch in Österreich gibt es ähnliche Einrichtungen, wenn auch deutlich weniger ausgeprägt. Ein Beispiel ist das Welios Science Center in Wels. Dieses bietet eine permanente Erlebnisausstellung rund um das Thema Naturwissenschaft und Technik, insbesondere zu erneuerbaren Energien.

Etwas anders konzipiert ist z.B. das ScienceCenter-Netzwerk, das verstärkt auf Projekte in der Öffentlichkeit setzt. So brachte etwa das Projekt „Und mittendrin, die Wissenschaft“ Wissenschaftler*innen und Bürger*innen an Orten des Alltags, wie etwa in einem Einkaufszentrum, zusammen. Ziel war es dabei, Wissenschaftler*innen und Bürger*innen in Dialog zu bringen. Das Netzwerk ScienceCenter erhielt dafür den diesjährigen Staatspreis für Erwachsenenbildung.

Weitere Informationen:
Quelle: EPALE E-Plattform für Erwachsenenbildung in Europa

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