Wissenschaft im Dialog mit dem Alltag

07.05.2024, Text: Sabine Schnepfleitner, Redaktion/CONEDU
Das Projekt „Und mittendrin die Wissenschaft“ bringt Wissenschaft in die Nachbarschaft, ins Pensionist*innenheim und ins Einkaufszentrum. Das ScienceCenter-Netzwerk erhielt dafür den Staatspreis für Erwachsenenbildung.
BM Martin Polaschek, Barbara Streicher (GF ScienceCenter-Netzwerk) und Doris Wyskitensky (Abt. Erwachsenenbildung) bei der Preisverleihung
Foto: Alle Rechte vorbehalten, BMBWF/Sabine Klimpt, auf erwachsenenbildung.at

Wo treffen sich Wissenschaft und Alltag? Eigentlich immer. In den unmittelbaren Austausch kommen Menschen im Alltag mit Wissenschaft aber nur selten. Seit zehn Jahren bemüht sich der Verein ScienceCenter-Netzwerk mit Geschäftsführerin Barbara Streicher darum, diesen Austausch möglich zu machen. Für „Und mittendrin, die Wissenschaft“ ist das in drei Schritten gelungen: Communities besuchen und Vertrauen aufbauen, einen Open-Space organisieren und dringliche Fragen filtern sowie schlussendlich einen Mini-Wissensraum dazu im Einkaufszentrum für alle zugänglich machen.

Dafür erhielt das Projekt „Und mittendrin, die Wissenschaft“ im April den Österreichischen Staatspreis für Erwachsenenbildung in der Kategorie Stärkung des Vertrauens in Wissenschaft und Demokratie.

Wissenschaftskommunikation in Jugendtreffs, Nachbarschaftsinitiativen und Pensionist*innenheimen

Das Projekt (Laufzeit: November 2022 – März 2024) wurde in den zwei Wiener Bezirken Floridsdorf und Donaustadt durchgeführt. Angebote für Wissenschaftskommunikation gab es dort bislang kaum. Den Dialog mit den Bewohner*innen eröffnete das ScienceCenter-Netzwerk mit einer Einladung zu Workshops in verschiedenen Community-Einrichtungen, wie Pensionist*innenheimen, Nachbarschaftsinitiativen und Jugendzentren der beiden Bezirke. Damit hat das ScienceCenter-Netzwerk das Interesse geweckt, Nähe und Dialogbereitschaft geschaffen und daraus das Angebot für einen gemeinsamen Open Space formuliert. Um gemeinsam weiterzudenken. Um herauszufiltern, was die Menschen vor Ort nun tatsächlich von der Wissenschaft wissen wollen. 

„Bei diesem Projekt ist es auf besondere Weise gelungen, viele unterschiedliche Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen, um gemeinsam Wissenschaft im Alltag zu entdecken, in Relation zur eigenen Person zu setzen und damit Denkimpulse auszulösen“, beschreibt Barbara Streicher.

Fragen aus dem Alltag an die Wissenschaft

„Wissenschaft sagt euch nicht, worüber ihr nachdenken sollt, sondern ihr sagt uns, was Wissenschaft euch erklären soll“, so der Ansatz des Projekts. Damit beschäftigten sich die Projektbeteiligten insbesondere im nächsten Schritt. Sie organisierten einen Open Space mit allen, die noch gemeinsam weiterdenken wollten. Dafür hat das Netzwerk Wissenschafter*innen miteinbezogen, die ihren Lebens- und, oder Arbeitsmittelpunkt in den Bezirken haben. Sozusagen als Nachbar*innen. Für einen Austausch auf Augenhöhe. Drei Fragen haben die Mitwirkenden des Open Space am Ende dieses gemeinsamen Nachmittags als jene ausgewählt, die viele Themen vereinen:

  • Warum müssen wir arbeiten?
  • Wie schaut Mobilität der Zukunft aus?
  • Woran denken wir, wenn es um Wissenschaft geht?

Ein Einkaufszentrum und mittendrin die Wissenschaft

Womit man beim Einkaufen vermutlich nicht rechnet, ist ein Gespräch mit Wissenschafter*innen zu drängenden Forschungsfragen aus dem Alltag. Aber genau das ist den Besucher*innen im Westfield Donau Zentrum passiert. Dort konnten Passant*innen und Besucher*innen im November 2023 über zwei Wochen lang einen eigens aufgebauten Mini-Wissensraum besuchen. Damit gelang es, Wissenschaft öffentlich und zugänglicher zu machen. In der Eröffnungsrede zum Mini-Wissensraum hob Barbara Streicher noch einmal hervor, warum das so wichtig sei: „Weil Wissenschaft uns alle betrifft, weil sie im Alltag allgegenwärtig ist.“

Passant*innen wurden in den Pop-Up-Wissensraum beim Vorübergehen eingeladen und fanden dort Wissenschaft zum Angreifen: Einen CO2-Distanzmesser, um den CO2-Ausstoß verschiedener Verkehrsmittel zu vergleichen, oder auch interaktive Statistiken zu Arbeit und Freizeit. Wissenschafter*innen und Vermittler*innen waren vor Ort, um zu erklären, aber viel mehr noch, um mit den Besucher*innen ins Gespräch zu kommen.

„Es war faszinierend zu erleben, wie Menschen, die Wissenschaft zuvor als ‚das ist nichts für mich‘ bezeichneten, mitten im Einkaufszentrum intensive Gespräche mit Wissenschafterinnen, Wissenschaftern, Vermittlerinnen, Vermittlern und untereinander führten. Statt anfänglicher Skepsis entstand Verständnis für Wissenschaft, als etwas, was im Alltag präsent und relevant ist“, zeigt sich Barbara Streicher erfreut.

Persönliche Geschichten werden mit Wissenschaft verschränkt

Für das Projekt erhielt das ScienceCenter-Netzwerk im April den Staatspreis für Erwachsenenbildung. Die Jury hob dabei die Offenheit und Niederschwelligkeit des Projekts hervor. Bürger*innen könnten im Alltag in Kontakt treten, Ergebnisse diskutieren und Experimente durchführen. Geschichten und Perspektiven stünden im Mittelpunkt und würden mit Wissenschaft verschränkt. Damit sei es gelungen, Vorurteile abzubauen und die Distanz zu wissenschaftlichen Ergebnissen zu reduzieren.

Waren es bislang vor allem Kinder und Jugendliche, die der Verein angesprochen hat, freut sich Barbara Streicher insbesondere über die Auszeichnung für ein Projekt für Erwachsene. „Dass sich auch Erwachsene neugierig auf Themen und Fragen der Wissenschaft einlassen, Gespräche suchen, gemeinsam diskutierten und hands-on erleben wollen, wie Wissenschaft funktioniert, das ist ein besonderes Highlight des Projektes“, so Streicher.

Der Österreichische Staatspreis für Erwachsenenbildung 2024

Der Staatspreis für Erwachsenenbildung wurde in diesem Jahr in drei Kategorien vergeben. Das Projekt „Und mittendrin, die Wissenschaft“ vom ScienceCenter-Netzwerk erhielt den Staatspreis in der Kategorie Stärkung des Vertrauens in Wissenschaft und Demokratie.

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