Mit Öko-Booster dem Fachkräftemangel begegnen und Bildungschancen schaffen

20.05.2024, Text: Sabine Schnepfleitner, Redaktion/CONEDU
Das Projekt Öko-Booster bildet Asylberechtigte zu Fachkräften mit Green-Skills aus und bietet Auszubildenden Deutschtraining und sozialpädagogische Begleitung. Das Projekt erhielt den Staatspreis für Erwachsenenbildung.
Georg Konetzky (Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft), Christian Nowak (BFI Wien), Brigitte Gottschall (Jugend am Werk) und Bundesminister Martin Kocher bei der Preisverleihung.
Foto: Alle Rechte vorbehalten, BMBWF/Sabine Klimpt, auf erwachsenenbildung.at

Dem Fachkräftemangel entgegenwirken, den Klimaschutz zum Thema machen, Integration fördern und vor allem jungen Menschen Perspektiven geben. Das unterstützt Erwachsenenbildung. Und mit dem Projekt Öko-Booster gibt es ein Projekt, das sich diesen Herausforderungen annimmt.

Das Kooperationsprojekt von BFI Wien und Jugend am Werk im Auftrag von AK Wien, AMS Wien und waff erhielt dafür den Staatspreis für Erwachsenenbildung in der Kategorie Sonderpreis des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft im Rahmen des Europäischen Jahres der Kompetenzen.

Öko-Booster bildet Fachkräfte mit Green Skills aus

Die Stadt Wien will bis 2040 „Raus aus Gas“. Gasheizungen sollen durch Solarthermieanlagen und Elektrospeicher ersetzt werden. Dafür braucht es Fachkräfte mit Green Skills, konkret Fachkräfte in den Berufen Gebäude- und Installationstechnik und Elektrotechnik.

Der Öko-Booster will diesem Fachkräftemangel entgegenwirken. Bis 2027 sollen mindestens 100 Wiener*innen zu Fachkräften ausgebildet werden. Die Facharbeiter*innen-Intensivausbildung (FIA) richtet sich an junge Menschen ohne Bildungsabschluss, insbesondere an Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte. Das Konzept kommt gut an. Was die jungen Menschen vom Öko-Booster überzeugt, erklärt Christian Nowak, Geschäftsführer vom BFI Wien: „Die Aussicht, als 'Klimaretter*in' selbst aktiv etwas im Kampf gegen den Klimawandel bewirken zu können“. Auch die Aussicht, in kurzer Zeit einen vollwertigen Abschluss in einem Zukunftsberuf zu erlangen – und damit gute Aussichten am Arbeitsmarkt zu haben – sei für viele sehr attraktiv, so Nowak.

Ausbilden ist Abholen und Begleiten: Basisbildung und Berufsinformation für Auszubildende

Bildung schafft Perspektiven. Der Zugang dazu ist aber nicht für alle gleich. Vor allem für Menschen mit Migrations- und Fluchterfahrungen gilt es viele Hürden zu nehmen. Die Sprache ist meist eine der größten. Aber auch fehlende Grundkompetenzen und private soziale Herausforderungen sind Hürden. Das bilinguale Vormodul ist eines der Angebote, mit denen das Projekt Öko-Booster versucht, hier einen Ausgleich zu schaffen.

Im Rahmen eines Vormoduls zur eigentlichen Berufsausbildung haben die Auszubildenden im Öko-Booster-Projekt die Möglichkeit, ihr Deutsch zu verbessern, Basisqualifikationen – z.B. in Mathematik – zu erlangen, an Betriebsexkursionen teilzunehmen, berufspezifische Grundlagen zu erlernen und sich über ihre beruflichen Möglichkeiten zu informieren.

Laut Nowak erweist sich das Vormodul als erfolgreich. Dies zeige sich gerade bei den Kompetenzen in Mathematik und Deutsch sowie bei den erforderlichen fachspezifischen Kenntnissen, erklärt Nowak. Brigitte Gottschall, Geschäftsführerin von Jugend am Werk, kann das bestätigen: „Die Verbesserung der Deutschkenntnisse erfolgt schneller und nachhaltiger als gedacht, auch das Absolvieren von Praktika in Unternehmen ist problemlos möglich.“ Besonders positiv falle auch die hohe Motivation der Teilnehmer*innen auf. Aber auch bei den arbeitskulturellen Kompetenzen und der Arbeitshaltung zeige sich das Vormodul als wirksam. 

Bildung ermöglichen: Sozialpädagog*innen unterstützen Auszubildende bei persönlichen Herausforderungen

Neben dem Vormodul bietet das Öko-Booster-Projekt auch ein sozialpädagogisches Begleitangebot an, das sich an die Teilnehmer*innen mit ihren persönlichen Erfahrungen und Lebenssituationen richtet. In diesem Rahmen unterstützt sozialpädagogisches Fachpersonal die Teilnehmer*innen bei persönlichen Herausforderungen. Durch den Blick über den Tellerrand einer klassischen Ausbildungsstruktur werde für viele Bildung so erst möglich gemacht: „Das sozialpädagogische Begleitangebot wird sehr stark in Anspruch genommen und ist oftmals zur Stabilisierung der persönlichen Situation notwendig“, so Nowak. Über das Angebot erhalten die Teilnehmer*innen beispielsweise Unterstützung bei der Wohnungssuche, bei der Beantragung von Förderleistungen oder bei der Bewältigung gesundheitlicher Probleme.

Bewegung und Kultur fördern das Gemeinsame

Neben der individuellen Unterstützung gibt es Workshops, zum Beispiel zu Arbeitsrecht, Finanzbildung oder Gesellschaft und Demokratie. Und es gibt ein kulturelles und sportliches Begleitangebot mit Fußballspielen, Fahrradausflügen oder Museumsbesuchen. Dies werde sehr gerne angenommen und beeinflusse die Gruppendynamik in positiver Weise, erzählt Gottschall: „Einige Teilnehmer*innen haben aufgrund des kulturell/sportlichen Begleitangebots auch schon begonnen, in ihrer Freizeit Veranstaltungen zu besuchen bzw. bei Sportvereinen mitzuwirken. Wir sehen hier einen sehr positiven Einfluss auf die nachhaltige Integration der Teilnehmer*innen“, beschreibt Gottschall die Erfahrungen.

Sprache, unterbrochene Bildungsbiografien und gesellschaftliche Erwartungen als Stolpersteine

Trotz der angebotenen Unterstützung sei die deutsche Sprache immer wieder eine Herausforderung, beschreibt Gottschall: „… vor allem dann, wenn – so wie oft im Handwerksbereich – viel Dialekt gesprochen wird.“ Aber nicht nur das. Christian Nowak sieht unter anderem auch die teils lange Absenz aus Bildungssystemen, unterbrochene Bildungsbiografien und kulturelle Unterschiede als Herausforderungen: „Das Heranführen an die Grenzen, Regelungen, Verbindlichkeiten und Erwartungen einer neuen Kultur und Gesellschaft sowie die Anpassung an neue Arbeitsmodelle, Hierarchien und Tagesstruktur sind für einige Teilnehmer*innen eine große Herausforderung“, so Nowak. Es gilt also, am Ball zu bleiben.

Ein Fazit für das Bildungsmanagement

Das Projekt läuft seit letztem Jahr und das Interesse ist anhaltend. „Mittlerweile sind die persönlichen guten Erfahrungen der Teilnehmer*innen ein zentraler Eckpfeiler dafür, dass sich für die Informationsveranstaltungen so viele Personen interessieren“, so Gottschall. Und schon jetzt gibt es wichtige Erfahrungen, die als Ideen für zukünftige Ausbildungen dienen können. Zum Beispiel könnten bilinguale Vormodule auch für andere Facharbeiter*innen-Intensivausbildungen funktionieren, so Gottschall: „Das ist ein sehr erfolgsversprechender Ansatz.“ Auch Christian Nowak bestätigt das. Der Öko-Booster verwebe erstmals Spracherwerb und Fachausbildung. „Genau diese Verknüpfung von Spracherwerb und Fachausbildung könnte eine Blaupause für künftige Aus- und Weiterbildungen sein.“

In der Laudatio zur Verleihung des Sonderpreises hebt Jurymitglied Georg Konetzky, Sektionschef im Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft, noch einmal mehr die Bedeutung von Green Skills im Kampf gegen den Klimawandel hervor: „Das Projekt Öko-Booster leistet einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung einer umweltfreundlichen Energieversorgung. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden zu Schlüsselfiguren im Kampf gegen den Klimawandel.“

Der Österreichische Staatspreis für Erwachsenenbildung 2024

Der Staatspreis für Erwachsenenbildung wurde in diesem Jahr in drei Kategorien vergeben. Das Projekt „Öko-Booster“ erhielt den Staatspreis in der Kategorie „Sonderpreis des Bundesministers für Arbeit und Wirtschaft im Rahmen des Europäischen Jahres der Kompetenzen“.

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