Lesen braucht Elternbildung
Der Zusammenhang zwischen Lesen und Bildungserfolg gilt als höchst evident. Kinder, denen die Schule leichtfällt, sind oft auch jene, die gern und gut lesen. Gerade das Lesen wird auch als wirksamer Motor zur Überwindung von Bildungsgrenzen genannt. Als wichtigster Einflussfaktor auf Leseverhalten und Lesekompetenz wird vielfach das familiäre Umfeld erkannt. Die lesefördernden Verhaltensweisen und Faktoren in der Familie werden dazu unter dem Begriff der „family literacy“ zusammengefasst. Eltern als nächste Bezugspersonen sind wichtige Vorbilder und können aktiv auf die Leseentwicklung ihrer Kinder Einfluss nehmen.
Die Initiative „Zeit Punkt Lesen“ will insbesondere Eltern für die Leseentwicklung ihrer Kinder sensibilisieren und Gemeinden zur aktiven Gestaltung von Bildungsorten motivieren. Das gelingt unter anderem mit Angeboten wie dem Lesepicknick, das an Gemeinden „verliehen“ wird.
Was Eltern über das Lesen denken
Zwar hat sich bei fast allen Eltern herumgesprochen, wie wichtig Lesen für die Bildungslaufbahn und das weitere Leben ihrer Kinder ist. Dennoch liest in Deutschland rund ein Drittel der Eltern ihren Kindern selten oder nie vor. Mit dem Schuleintritt fällt die Quote der vorlesenden Eltern sogar steil ab, das zeigt die deutsche Studie Vorlesemonitor 2024. Rund die Hälfte der Eltern glaubt, auf die Lesefreude der Kinder keinen Einfluss nehmen zu können. Als Gründe warum die Eltern nicht vorlesen, wird neben Stress und fehlender Zeit angegeben, dass ihre Kinder kein Vorlesen wollten – sie seien zu unruhig oder würden sich lieber mit anderen Dingen beschäftigen.
Zeit Punkt Lesen macht Lesen zur Gemeindesache
Seit 2007 fördert die Initiative „Zeit Punkt Lesen“ Lesekultur in Niederösterreich. Umgesetzt wird es vom BhW Niederösterreich. Dabei wird auf generationenübergreifende Maßnahmen und Elternbildung gesetzt. Zudem fungiert das BhW Niederösterreich als Servicestelle für Bildungsgemeinderät*innen und Bildungsehrenamtliche, die auch im Bereich der Leseförderung als wichtige Multiplikator*innen wirken. Ein beispielgebendes Format ist das „Lesepicknick“. Es ist als Verleih-Angebot konzipiert, das sich insbesondere an Akteure auf Gemeindeebene wie beispielsweise Gemeinderät*innen oder Ehrenamtliche richtet.
Lesepicknicks als Lernort
Lesepicknicks werden häufig im Rahmen von Informationsveranstaltungen, Sommerfesten oder anderen Angeboten im öffentlichen Raum veranstaltet und sind so Treffpunkt für Familien und Generationen. Sie können auf vielfältige Weise zur Elternbildung und zur Stärkung der Gemeinden als Lernort beitragen. Der niederschwellige Zugang ermöglicht den Austausch zwischen unterschiedlichen Lebenswelten und Generationen und kann die Hemmschwelle zur Teilnahme für weitere Bildungsangebote senken. Das Format unterstützt aber auch die Vernetzung von Akteur*innen im Bereich der Lesesozialisation, zum Beispiel Bibliotheken, Vorlesepat*innen, Vereine oder Museen. Die Wichtigkeit solcher Netzwerke tritt im Bereich der Lesesozialisation zunehmend ins Zentrum der Aufmerksamkeit.
Mit dem Verleih-Angebot des Lesepicknicks, werden den Gemeinden kostenlos Materialpakete und Beratung zur Umsetzung für die selbstständige Durchführung einer erlebnisorientierten Leseveranstaltung in der Gemeinde zur Verfügung gestellt. Dazu gehören neben Picknickequipment und Arbeitsmaterialien eine von Zeit Punkt Lesen kuratierte Buchauswahl, wobei das Setzen von Themenschwerpunkten (z. B. Sommer, mehrsprachige Bücher etc.) auf Wunsch möglich ist.
Wie Lesepicknicks noch zugänglicher werden
Lesepicknicks tragen in vielfältiger Weise zur Stärkung der family literacy und der Rolle der Gemeinden als Lernorte bei. Dennoch ist es der Initiative Zeit Punkt Lesen ein Anliegen, die Angebote stetig weiterzuentwickeln und an die Bedürfnisse der Gemeinden anzupassen. Potenzial erkennt die Initiative vor allem in der niederschwelligen Anleitung der Akteur*innen in den Gemeinden, damit diese auch mit geringer Vorkenntnis und wenig Personalaufwand ein nachhaltiges gemeinschaftliches Leseerlebnis und Lernangebot für Erwachsene und Kinder schaffen können. In Vorbereitung befindet sich die Entwicklung eines Formats für „Themen-Lesepicknicks“, mit Büchern und passenden Aktivitäten zu einem bestimmten Themenschwerpunkt sowie einfache Handreichungen zur Umsetzung. Auch unterstützendes Informationsmaterial für Eltern zum Thema Leseförderung soll Teil des Pakets werden.
Nationale und internationale Projekte für mehr Lesekultur in Familien
Der Österreichische Buchklub der Jugend hat in seiner Bestandsaufnahme von nationalen und internationalen Projekten zu Family Literacy zusammengefasst, dass Maßnahmen, die auf Verbesserungen in den Familien abzielen, teils größere Wirksamkeit zeigen, als pädagogische Interventionen. Als Projektbeispiele werden das Buchstart-Programm genannt, sowie Eltern-Kind-Veranstaltungen, die Kinderprogramm und Elternbildung gemeinsam anbieten, wie das Projekt „Schenk mir eine Geschichte“, oder das HIPPY-Programm, bei dem durch aufsuchende Elternarbeit Familien in ihrem Zuhause bei der Etablierung einer lern- und leseförderlichen Umgebung begleitet werden.
Eltern informieren sich aber zunächst bedarfsorientiert und in ihrem unmittelbaren Umfeld, v. a. auch durch Austausch mit anderen Eltern, das zeigt ein vom Österreichischen Institut für Familienforschung herausgegebener Forschungsbericht. Diese Tatsache kann man sich zunutze machen, indem Begegnungsorte für einen solchen Austausch geschaffen werden. Lesepicknicks haben das Potential, ein solcher Lern- und Begegnungsort zu sein.
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