Bildungskarenz wird zur Weiterbildungszeit: Die wichtigsten Änderungen

05.06.2025, Text: Antonia Unterholzer, Redaktion/CONEDU
Im April 2025 stellte der Ministerrat die Reformvorhaben vor. Geplant sind ein geringeres Budget, eine höhere finanzielle Beteiligung von Arbeitgeber*innen und eine verpflichtende Bildungsberatung vor Antritt der Weiterbildungszeit.
Anfang 2025 kündigte die Bundesregierung eine Reform der Bildungskarenz an.
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Im April beschloss der Ministerrat das Aus für die Bildungskarenz und stellte das neue Modell der „Weiterbildungszeit“ vor. Zuständig für die Reform ist das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und  Konsumentenschutz. Die 1998 eingeführte Bildungskarenz rückte bereits 2024 verstärkt in den Fokus der öffentlichen und medialen Aufmerksamkeit. Die Meinungen dazu reichen von der Kritik an einer „sozialen Hängematte“ bis hin zur Anerkennung als sinnvolles staatliches Instrument zur Höherqualifizierung. Anfang 2025 kündigte die Bundesregierung eine Reform an. Erste Entwürfe stehen bereits fest, doch wie die neue Weiterbildungszeit im Detail aussehen wird, ist mit Stand Juni 2025 noch unklar. Klar ist jedoch: Es kommt zu spürbaren Veränderungen.

Änderungen der zeitlichen und finanziellen Rahmenbedingungen

Die Weiterbildungszeit soll mit 1. Januar 2026 als Nachfolgemodell in Kraft treten. Für das Jahr 2025 können Interessierte also keine Bildungskarenz mehr ansuchen. Das jährliche Budget für die Bildungskarenz betrug bisher 512 Millionen Euro. Es wird auf 150 Millionen Euro herabgesetzt. Der Tagsatz wird auf 32 Euro angehoben, um Menschen mit weniger Einkommen die Weiterbildungszeit zu ermöglichen.

Neue Zielgruppen werden angesprochen

Die geplante Weiterbildungszeit wendet sich insbesondere an Personen mit niedriger formaler Bildung. Der Zugang zu Bildungsangeboten soll ihnen damit erleichtert werden. Außerdem richtet sie sich an Arbeitnehmer*innen, die sich beruflich weiterentwickeln, neu orientieren oder ihre Arbeitsmarktchancen verbessern möchten. Ziel ist es, den Zugang zu Qualifizierung gezielt zu erleichtern.

Zugangsvoraussetzungen & Anspruchsberechtigung

Im Erstentwurf wurden insbesondere die Voraussetzungen und Anspruchsberechtigungen bekannt gegeben. Ein fließender Übergang von Weiterbildungszeit in Elternkarenz wird mit dem neuen Modell nicht mehr möglich sein. Zwischen dem Ende einer Elternkarenz und dem Beginn einer Weiterbildungszeit müssen künftig mindestens 26 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung liegen.

Außerdem müssen Interessierte mindestens ein Jahr bei eine*r Arbeitgeber*in beschäftigt sein. Bisher waren es sechs Monate. Um die arbeitsmarktpolitische Relevanz sicherzustellen, müssen Interessierte verpflichtend an einer Bildungsberatung teilnehmen. Wer darüber entscheidet, ob eine Weiterbildung relevant ist oder nicht, bleibt noch offen.

Anforderungen an Weiterbildungsmaßnahmen

Künftig sind für die Weiterbildungszeit seminaristische Bildungsveranstaltungen im Präsenz- bzw. Live-Online-Format möglich. Ein Studium kann im Rahmen der Weiterbildungszeit weiterhin verfolgt werden. Die Anwesenheistverpflichtungen sollen sich im Vergleich zur früheren Bildungskarenz erhöhen. Werden die erforderlichen Nachweise nicht erbracht, erlischt der Anspruch auf das Weiterbildungsgeld. Bereits gezahltes Weiterbildungsgeld muss in diesem Fall zurückgezahlt werden, wie auch schon bisher.

Das Mindest-Stundenausmaß der Weiterbildungsmaßnahmen wurde für die Weiterbildungszeit auf 20 Wochenstunden festgelegt (16 Wochenstunden bei Betreuungspflichten für Kinder bis zum vollendeten siebten Lebensjahr). Wenn als Weiterbildungsmaßnahme ein Studium gewählt wird, sind in Zukunft 20 ECTS statt wie bisher 16 zu erbringen. 

Höhere Einbindung der Arbeitgeber*innen

Die Reform soll eine stärkere Einbindung der Arbeitgeber*innen mit sich bringen. Arbeitgeber*innen sind künftig dazu angehalten, sich an den Weiterbildungskosten der Arbeitnehmer*innen im Rahmen der Weiterbildungszeit zu beteiligen. Ebenso muss zwischen Arbeitnehmer*in und Arbeitgeber*in eine Vereinbarung getroffen werden, in der der aktuelle Bildungsstand, die geplante Bildungsmaßnahme sowie das angestrebte Bildungsziel festgehalten werden. Zusätzlich ist eine Behaltefrist nach Abschluss der Bildungsmaßnahme zu vereinbaren.

Viele Fragen sind noch offen

Da es sich von Seiten des Ministerrates lediglich um einen Entwurf handelt, ist weiterhin unklar, wie die Weiterbildungszeit im Detail gestaltet sein wird. Es sind also noch viele Fragen offen, die die Umsetzung betreffen: Wer entscheidet beispielsweise über die arbeitsmarktpolitische Relevanz? Wie genau wird die verpflichtende Bildungsberatung gestaltet? Unklar ist auch, an welchen Kriterien (nicht-)mögliche Weiterbildungsformate gemessen werden oder wie hoch die finanzielle Beteiligung der Arbeitgeber*innen ausfallen wird. Konkretere Informationen von Seiten des Ministerrates sollen im Sommer 2025 kommen.

Stimmen aus Erwachsenenbildungswissenschaft und -praxis zur Reform

Die Redaktion von erwachsenenbildung.at hat dazu Stimmen aus der Erwachsenenbildung gesammelt, um sich ein Bild über die Meinungsvielfalt zu machen.

Weitere Informationen:
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