Bibliotheken als Räume der Demokratiebildung

23.04.2025, Text: Antonia Unterholzer, Redaktion/CONEDU
Bibliotheksangebote können politische Teilhabe und Partizipation ermöglichen. Sie eröffnen Diskussionsräume und fördern so die Meinungsbildung.
Frau vor Bücherregalen. Sie liest ein Buch.
Auch Bibliotheken können Orte der Demokratiebildung sein.
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Bücher liest man zur Unterhaltung, um sich Wissen anzueignen oder auch um sich Ratschläge einzuholen. Bibliotheken schaffen öffentliche konsumfreie Räume und einen niederschwelligen Zugang zu Büchern. Sie eröffnen Diskursräume, machen Literatur für alle zugänglich und sind soziale Treffpunkte. Sie können so auch als wichtige Räume der Demokratie- und Erwachsenenbildung verstanden werden. Einblicke aus den Bibliothekswissenschaften und österreichischen Projekten an Büchereien wie etwa den Erzählcafés in Wien zeigen, wie Demokratiebildung in Bibliotheken stattfinden kann.

Bibliotheken als Orte der Demokratiebildung

Bestimmte Angebote von Bibliotheken können dem Bereich der politischen Bildung Erwachsener zugerechnet werden, schreibt Bibliotheks- und Informationswissenschaftlerin Anne Rethmann in einem Artikel zu Bibliotheken als Räume politischer Bildung. Der freie Zugang zu Wissen und Informationen, kann fundierte Meinungsbildung fördern, macht Gesellschaften aber nicht automatisch demokratischer. Denn es wirken auch weitere Einflussfaktoren wie soziale Ungleichheit. Diese können nicht ausgeblendet werden, so Rethmann. Büchereien – insbesondere Public Libraries in den USA – betreiben der Autorin zufolge insofern politische Bildung, da sie Wissen durch Bereitstellung von Medien vermitteln, Wissenschaftskommunikation betreiben und die Dialogfähigkeit durch z.B. Diskussionsveranstaltungen oder Lesekreise fördern.

Bibliotheken haben sich zu Orten der Demokratiebildung entwickelt. Denn Demokratiebildung beinhaltet nicht nur Wissen über Demokratie zu vermitteln, sondern auch demokratische Haltungen und Verhaltensweise einzuüben, so beschreibt es die Bundeszentrale für Politische Bildung in Deutschland.

Im Jahr 2023 hebt der Deutsche Bibliotheksverband in einer Stellungnahme hervor, dass Bibliotheken wesentliche demokratische Funktionen innerhalb von Gesellschaften erfüllen. Sie seien zentrale Orte des Austauschs und des demokratischen Diskurses, die versuchen, die Partizipation aller gesellschaftlichen Gruppen zu fördern. Auch der Österreichische Bibliothekskongress 2025 widmete sich dem Thema „Bibliotheken: demokratisch – divers – nachhaltig“, mit Vortragsblöcken zu Demokratie, Diversität und Community Building.

Erzählcafés in den Wiener Büchereien

Die Wiener Büchereien veranstalten regelmäßig Erzählcafés. Eine monatliche Diskussionsrunde zu einem bestimmten Thema, wie etwa Geschichten über Männer und Männlichkeitsbilder. Die interessierten Besucher*innen bekommen so die Möglichkeit, ihre eigenen Erfahrungen und Erlebnisse zum jeweiligen Thema einzubringen und zu diskutieren. Es ist ein Format, das Menschen zusammenführt und die Möglichkeit eröffnet, mit meist fremden Menschen über politische Themen zu diskutieren.

Montagsrunden der Robert Jungk Bibliothek als niederschwellige Wissenschaftskommunikation

Die Robert Jungk Bibliothek für Zukunftsfragen (JBZ) in Salzburg ist keine „klassische“ Bücherei, sondern widmet sich der Sammlung zukunftsbezogener Literatur in Österreich. Sie organisiert verschiedene Veranstaltungen, die sich mit Bildung, Begegnung und Austausch zur Förderung vielfältiger Zukünfte auseinandersetzen. Beispielhaft dafür stehen die JBZ-Montagsrunden: Ähnlich wie bei den Erzählcafés geht es hier um zwischenmenschlichen Austausch. Die Montagsrunden widmen sich aber immer einem explizit wissenschaftlichem Thema. Ein*e Teilnehmer*in kommt zumeist aus dem wissenschaftlichen oder praktischen Feld, welches jeweils diskutiert wird. Zukünftige Montagsrunden widmen sich beispielsweise dem Thema „Mythen des Umsturzes“, wo über revolutionäre Bewegungen im Zusammenhang mit der politischen Ideengeschichte diskutiert wird.

Feministische Fachbibliothek und demokratiepolitischer Denkraum des Frauen*service Graz

Der Verein Frauen*service Graz verfügt über eine eigene feministische Fachbibliothek, zu der auch der demokratiepolitische Denkraum gehört. Neben Büchern aus den verschiedensten Bereichen - darunter feministische Theorien, Belletristik und Erwachsenenbildung - veranstaltet der Frauen*service im Rahmen des Denkraums kostenlose Workshops, Lesungen und Experimentierräume. In ihnen können sich die Teilnehmer*innen mit verschiedenen gesellschaftspolitischen und feministischen Themen literaturgestützt auseinandersetzen. Zuletzt fand in der Peopleothek Pöllau ein Experimentierraum statt, in welchem sich die Teilnehmer*innen anhand von Kinderbüchern über Geschlechterrollen austauschen konnten.

Nachrichtenserie „Demokratiebildung in der Erwachsenenbildung“

Der Sturm auf das US-Kapitol im Jahr 2021, Angriffe auf deutsche Politiker*innen während des EU-Wahlkampfes und das Erstarken demokratiefeindlicher Bewegungen zeigen, wie tief die Demokratie in der Krise steckt. Wie können wir sie schützen und gestalten? Unsere Nachrichtenserie beleuchtet, welche Rolle Demokratiebildung dabei spielt und informiert über Neuigkeiten, Projekte und Publikationen.

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