Wie Lehrende mit Widerstand und Emotion in der Klimabildung umgehen können

Wer Klimaschutz in Lehr-/Lernsettings zum Thema macht, muss mit Emotionen und Widerständen rechnen: Den einen geht der Klimaschutz zu langsam und sie kritisieren alle, die noch mit dem Auto zur Arbeit fahren. Die anderen haben das Thema satt und sehen nicht ein, warum sie etwas dazu beitragen sollen. Als Trainer*in findet man sich also in einer herausfordernden Situation wieder. Um dennoch Lernen zu ermöglichen, kann es hilfreich sein, sich darauf einzulassen und drei Aspekte zu berücksichtigen: Widerstand als Lernpotenzial erkennen, nach gemeinsamen Lösungen suchen und gruppendynamische Prozesse gestalten.
Widerstand als Lernpotential erkennen
Widerstand in Lehr-/Lernsettings entsteht oft dort, wo Lehrende nicht an Erfahrungen, Interessen und Lebenswelten der Teilnehmenden anknüpfen. Dann ist die Sinnhaftigkeit für die Einzelnen häufig nicht erkennbar. Und als Erwachsenenbildner*innen wissen wir, dass wir genau dort ansetzen müssen, um Lernen zu ermöglichen. Widerstand kann also zeigen, dass es Erfahrungen, Motive oder Interessen gibt, die sich in Frustration und Widerstand ausdrücken. Widerstand birgt somit immer auch ein Potenzial für Lernen und kritisches Denken.
Wenn also in Bildungsveranstaltungen ein Thema auf Widerstand oder starke Emotionen stößt, braucht es Zeit und Aufmerksamkeit. Ziel kann es dann sein, ein gegenseitiges Zuhören zu ermöglichen. Vorhandenes Wissen zu systematisieren und einzuordnen ist dann oft hilfreicher als nur Fakten zu präsentieren. Vielmehr geht es darum, einen Raum für Interaktion zu öffnen, ruhig zuzuhören und gelassen zu kommunizieren. Das können Trainer*innen beispielsweise erreichen, indem sie bewertende Sprache vermeiden und Aussagen in sachlicher und ruhiger Form wiederholen. Lehrende wirken damit deeskalierend und agieren als Vermittlungsperson (siehe auch „Bildung zu gesellschaftlich kontroversen Themen – am Beispiel Klimaschutz“).
Lösungen suchen und Frustration aushalten
Mit negativen Gefühlen umzugehen bedeutet auch, nach Lösungen zu suchen. Hier kann ein erster Schritt sein, zu schauen, was den Lernenden bereits im Bereich Klimaschutz gelingt und wo es in ihrer Lebenswelt weitere Möglichkeiten gibt, Klimaschutz umzusetzen. Da im Zusammenhang mit Klimaschutz häufig vor allem von Einschränkung und Verzicht die Rede ist, können Trainer*innen auch die andere Seite beleuchten und eine Diskussion darüber anregen, welchen Nutzen Klimaschutz für jede*n Einzelne*n haben kann. Auch hier ist es wichtig, an den Erfahrungen und dem Wissen der Lernenden anzuknüpfen - auch wenn es z.B. heißt: „Warum soll ich mit der Bahn fahren, die oft teurer ist als das Flugzeug, wenn die Reichen mit dem Privatjet fliegen und andere Länder sich überhaupt nicht für den Klimaschutz engagieren?“ Eine berechtigte Frage, die gleichzeitig einen Diskussionsraum für gesellschaftliche Problematiken eröffnet. In der Gruppe können Trainer*innen und Lehrende also zum Beispiel politische Rahmenbedingungen für den Klimaschutz sowie deren aktive Mitgestaltung diskutieren und bearbeiten.
Nichtsdestotrotz kann es manchmal auch darum gehen, Frustration und Widerspruch aushalten zu müssen - sowohl als Trainer*in als auch als Lernende*r. Hier kann das Bewusstsein, dass „Aushalten“ je nach Lebenssituation besser oder schlechter gelingen kann, helfen, damit umzugehen. Menschen, die z.B. gerade fest im Leben stehen, können Frustrationen oft besser aushalten als Menschen, die gerade selbst von mehreren Krisen betroffen sind. Wenn Letzteres der Fall ist, bleibt oft nur der Schritt, das hervorzuheben und anzuerkennen, was im Klimaschutz bereits gelingt. So kann man die Lernenden stärken und die Chance erhöhen, dass sie sich im Laufe der Zeit mit dem Thema auseinandersetzen werden.
Widerstand als Ausdruck von Macht unterbrechen
Widerstand kann auch ein Ausdruck von Macht sein. Wenn also Lernende Widerstand einsetzen, um Macht und Privilegien zu erhalten, muss ich als Trainer*in andere Schritte setzen und machtpolitische und gruppendynamische Prozesse unterbrechen und die dahinterliegenden Motive erkunden.
Dies kann z.B. gelingen, indem Trainer*innen Personen mit dominantem Verhalten, d.h. mit besonders hohem Redeanteil und wertender Sprache, in ihren Redebeiträgen einschränken und Personen mit zurückhaltendem Verhalten ermutigen, sich einzubringen. Daneben könne die Veränderung des didaktischen Settings förderlich sein, um angespannte Dynamiken aufzulösen: Beispielweise durch Diskussionen in Kleingruppen oder dem Einsatz gestalterischer wie auch spielerischer Methoden. So können Lehrende z.B. überlegen, das Thema über kreative Ausdrucksformen wie Schreiben, Malen, Basteln oder Theater zu bearbeiten (siehe auch „Bildung zu gesellschaftlich kontroversen Themen – am Beispiel Klimaschutz“).
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